Das Teufelsspiel
Lagerräume. Amelia blieb abermals stehen. »Was ist das für ein Geruch?«
»Geruch?«, fragte Rhyme sarkastisch.
»Ich habe Lon gefragt.«
»Ich weiß es auch nicht«, sagte der massige Detective. »Irgendwas Süßes.«
Sachs deutete auf einen Großhandel für Kräuterprodukte, Seife und Weihrauch, nur zwei Eingänge südlich der Canal Street. Aus der offenen Tür drang ein starker Blumenduft. Es war Jasmin – der gleiche Geruch, der den Utensilien des Täters angehaftet und den auch Geneva im Museum wahrgenommen hatte.
»Wir haben vielleicht eine Spur, Rhyme. Ich rufe dich zurück.«
»Ja, ja«, sagte der schmale Chinese in dem Kräuterladen, als sie ihm das EFIT-Bild von Täter 109 zeigten. »Ich kenne ihn. Er wohnt oben. Aber er ist nicht oft zu Hause. Was hat er gemacht?«
»Ist er jetzt da?«
»Ich weiß nicht, keine Ahnung. Ich glaube, ich hab ihn vorhin gesehen. Was hat er gemacht?«
»In welcher Wohnung?«
Der Mann zuckte die Achseln.
Die Kräuterimportfirma nahm das gesamte Erdgeschoss ein, aber am Ende des dunklen Flurs führte hinter einer Sicherheitstür eine steile Treppe hinauf in die Dunkelheit. Sellitto holte sein Funkgerät hervor und setzte einen Rundruf ab. »Wir haben ihn.«
»Wer spricht da?«, herrschte Haumann ihn an.
»Oh, tut mir Leid. Hier Sellitto. Wir sind auf der Elizabeth, zwei Häuser südlich der Canal Street. Der Verdächtige wurde als einer der Mieter identifiziert und könnte sich derzeit im Gebäude aufhalten.«
»ESU-Einsatzleiter an alle Einheiten. Habt ihr mitgehört? Kommen.«
Die Teams bestätigten den Empfang.
Sachs nannte ihren Namen. »Nähert euch leise, und bleibt von der Elizabeth Street weg. Er kann die Straße vom vorderen Fenster aus überblicken.«
»Roger, Fünf Acht Acht Fünf. Wie lautet die Adresse? Ich besorge uns eine Zugriffsbefugnis, damit wir ohne Vorwarnung eindringen können. Kommen.«
Sachs teilte ihm die Hausnummer mit. »Ende.«
Weniger als fünfzehn Minuten später waren die Teams vor Ort. Überwachungsspezialisten suchten die Vorder- und Rückseite des Hauses mit Ferngläsern, Infrarotsensoren und Richtmikrofonen ab. »Das Gebäude hat vier Etagen«, teilte der leitende Beamte mit. »Im Erdgeschoss befindet sich die Importfirma. Den ersten und dritten Stock können wir einsehen. Dort wohnen asiatische Familien. Ein älteres Ehepaar im ersten Stock und ganz oben eine Frau mit vier oder fünf Kindern.«
»Und im zweiten Stock?«, fragte Haumann.
»Die Vorhänge sind zugezogen, doch die Infrarotoptik zeigt eine Wärmequelle an. Vielleicht ein Fernseher oder ein Heizkörper, vielleicht aber auch ein Mensch. Und wir empfangen ein paar Geräusche. Musik und offenbar das Knarren von Bodendielen.«
Sachs schaute auf das Klingelbrett des Hauses. Die Wohnung im zweiten Stock hatte kein Namensschild.
Ein Officer traf ein und reichte Haumann ein Stück Papier. Es handelte sich um den beantragten Durchsuchungsbefehl. Er trug die Unterschrift eines Richters und war soeben an die mobile Leitstelle der ESU gefaxt worden. Haumann überflog den Text und vergewisserte sich, dass die Adresse stimmte – ein Eindringen ohne korrekte Genehmigung konnte bedeuten, dass man sie für die Aktion haftbar machen und der gesamte Fall in Gefahr geraten würde. Doch das Dokument war in Ordnung. »Zwei Zugriffteams, je vier Leute, vorn durchs Treppenhaus und hinten über die Feuertreppe«, befahl Haumann. »Das vordere Team nimmt eine Ramme mit.« Er wählte acht Beamte aus und teilte sie in zwei Gruppen ein. Team A würde die Vordertreppe nehmen, Team B die Feuertreppe. »Ich zähle über Funk den Count-down vor. Bei drei schlagt ihr das Fenster ein und werft eine Blendgranate mit zwei Sekunden Verzögerung«, wies er das zweite Team an.
»Roger.«
»Bei null knackt ihr die Vordertür«, sagte er zu dem Leiter von Team A. Dann stellte er einige Leute ab, die vor den Türen der anderen Wohnungen Position beziehen und sich in Bereitschaft halten sollten. »An die Arbeit. Los, los, los!«
Die Beamten – zwei Frauen, der Rest Männer – folgten Haumanns Anweisungen. Team B begab sich auf die Rückseite des Gebäudes, während Sachs, Haumann sowie ein Officer mit Ramme sich Team A anschlossen.
Unter normalen Umständen wäre einem Beamten der Spurensicherung die Teilnahme an einem solchen Zugriff gar nicht erst gestattet worden. Doch Haumann hatte Sachs unter Beschuss erlebt und wusste, dass sie auf sich aufpassen konnte. Und was noch wichtiger war,
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