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Das Teufelsweib

Das Teufelsweib

Titel: Das Teufelsweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu Tengier gebracht hatte, war der Glanz ihrer Erscheinung in Marcels Atelier erloschen, und nur die Erinnerung blieb zurück, schwer, drängend, quälend, keiner Hoffnung mehr Nahrung gebend.
    An diesem Abend saß Perpignac bei Putois mit im Atelier, und sie tranken Kognak. Putois lag auf der Couch, die Hände unter dem Kopf, und starrte an die Balkendecke. Ein kleines Radio übertrug zärtliche Musik.
    Dichter Zigarettenqualm hing im Raum. Männer, die grübeln, rauchen oft wie die Schlote. Das brauchen sie, sagen sie, um schärfer nachdenken zu können.
    »Noch nichts gefunden?« fragte Putois und schaute Perpignac an. Der schüttelte den Kopf.
    »Leider nicht, Marcel, Tengier schweigt. Aber ich bin überzeugt, daß er weiß, wer die Dame mit dem roten Schleier ist, ebenso, wer der Mann ist, der das Bild in Auftrag gegeben hat. Das kann der alte Gauner mir nicht weismachen, daß er von einem Unbekannten 15.000 Franc erhielt.«
    Es bereitete Perpignac keine Skrupel, in diesem Augenblick seinen Freund zu belügen. Was hätte dieser davon gehabt, zu wissen, daß der Geliebte dieser herrlichen Frau der Comte de Santerres war? Was hätte es ihm genützt, zu wissen, daß Manon Dubois diese Frau war, Manon Dubois, mit der Marcel vor drei Tagen im ›Riz‹ getanzt hatte, ohne zu wissen, welches Luder er im Arm hielt … Der Junge soll das Abenteuer vergessen, dachte Perpignac für sich. Er zersplittert sich, wenn er dieser Frau nachjagt, er geht als Künstler dabei zugrunde, das muß verhindert werden. Sie macht sich ja doch nichts mehr aus ihm. Sie hat ihn gestrichen aus ihrem Leben.
    Putois nahm einen Schluck Kognak und richtete sich dabei etwas auf.
    »Was soll ich tun, um sie zu finden?« fragte er. Perpignac zuckte mit den Schultern.
    »Vergiß sie«, meinte er.
    »Nie!«
    »Ich glaube, du jagst einem Phantom nach. Sei doch vernünftig, Marcel.«
    »Diese Frau hat mir den Verstand geraubt, ich weiß.« Putois zündete sich eine neue Zigarette an. »Du kennst sie nicht, Perpignac. Du würdest Gedichte schreiben. Ich habe sie gemalt und werde dieses Bild nie mehr vergessen …«
    »Ein Bild, das ein Geliebter von ihr bestellte«, sagte Perpignac hart. »Vergiß das nicht!«
    »Das ist mir egal!« antwortete Putois eigensinnig wie ein Kind. »Ich muß, muß, muß sie wiedersehen!«
    Perpignac erhob sich, drehte das Radio ab und korkte die Kognakflasche zu.
    »Komm«, sagte er und klopfte Marcel auf die Schulter. »Geh mit mir in den Klub. Du brauchst andere Eindrücke, eine andere Umgebung. Das Leben ist so vielfältig, gerade für dich als Künstler. Es gibt so viele Frauen. Du mußt mal raus aus diesem Loch da, in dem du dich noch verrückt machst. Ich bringe dich heute auf andere Gedanken, das garantiere ich dir.«
    Er schob Putois vor sich her zur Tür, stieß den sich schwach Wehrenden hinaus auf den Flur und ließ hinter ihnen die Tür ins Schloß fallen.
    Auf der Straße nahm Perpignac seinen Freund am Arm, und sie liefen vom Montmartre, die breite Treppe hinunter, die zum eleganteren Paris führt. In der Rue de Bayenne nahmen sie ein Taxi.
    »Wohin fahren wir?« fragte Perpignac aufgekratzt. »Café de la Paix? Oder Moulin rouge? Quartier Latin? Zu den Tuilerien? Place de l'Opera oder de la Concorde? Paris liegt dir zu Füßen, Marcel …«
    Mürrisch blickte Putois aus dem Wagenfenster. Perpignac ging ihm auf die Nerven mit seiner plötzlichen hektischen Unrast. Aber das lag wohl an seinem Beruf. Wer – als Journalist – immer auf der Jagd nach Neuigkeiten und Sensationen ist, darf keine Ruhe kennen.
    »Mir egal, wohin«, brummte Putois. »Meinetwegen rund um Paris und kreuz und quer auch noch mal!«
    »Das soll ein Wort sein!« Perpignac beugte sich zu dem Chauffeur vor und nickte. »Haben Sie gehört, mon cher, rund um Paris und dann kreuz und quer.«
    »Très bien!« Der Fahrer drückte auf den Anlasser. Auch in Paris selbst gibt es Verrückte. Da meint man immer, nur die Weiber der amerikanischen Reisegesellschaften bringen ihren Vogel mit, dachte er. Dann fuhr er los – und tauchte ein in den Verkehrsstrom der von Leuchtreklamen eingesäumten Boulevards und Avenues.
    In einem großen Bogen umfuhren sie den Obelisk Napoleon auf dem Place de la Concorde, vorbei an den Jardins des Tuileries, überquerten die Seine auf der Pont Royal und bogen dann in den breiten Boulevard St. Germain ein. In der Nähe der Ecole des Beaux-Arts zuckte Putois plötzlich zusammen.
    »Halten!« schrie er wie von Sinnen.

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