Das Teufelsweib
Untergang eines Genies, mein Lieber.«
»Du hast auch dein Vermögen verspielt?«
»Gut informiert bist du.« Putois lachte heiser. »Ja, fast alles ist weg. Aber ich weine dem Geld nicht nach, Geld von Dubois, das mir in den Fingern brannte. Verstehst du das? Schlimm, mein Lieber, wenn's einem so ergeht.«
»Weißt du, was diese Manon ist?« fragte er plötzlich.
»Eine Dirne!«
»Nein, eine Teufelin!« schrie Putois. »Sie hat mich vernichtet! Sie hat meinen Körper, meine Seele vergiftet, meine Kunst ruiniert. Ich bin erledigt, ich gehe zugrunde! Ich kann nicht mehr normal denken, kann nicht mehr malen. Ich bin ein Krüppel wie ihr Mann – ein seelischer Krüppel. Ich weiß nicht, was schlimmer ist …«
Er taumelte auf Perpignac zu.
»René … René, am liebsten wäre ich tot!«
Perpignac nahm ihn am Arm und führte ihn zu seinem Stuhl zurück.
»Hast du Kognak?« fragte er ihn.
Sie tranken jeder ein Glas, dann sagte Perpignac: »Du mußt hier weg, Marcel. Komme mit zurück nach Paris!«
»Nie! Nie! Nie!«
»Dann ziehe nach Brest, oder nach Lyon, oder nach Bordeaux. Aber bleib nicht hier! Such einen neuen Anfang!«
»Ich kann nicht mehr, René, ich bin am Ende.« Putois ließ die Schultern hängen und zeigte geringschätzig mit dem Daumen auf das Bild, an dem er gearbeitet hatte. »Sieh dir den Mist an! So weit ist's mit mir gekommen, ich werde mit jedem Tag nur noch schlechter, ich bin einfach fertig, René, glaub mir …«
Perpignac nahm das Bild von der Staffelei, ging zum Fenster und warf es wortlos hinaus auf den kleinen Hof, wo sich rasch spielende Kinder mit Geschrei darum balgten.
»Weg damit!« sagte Perpignac energisch. »Vergiß es!«
Er schloß das Fenster zum Schutz vor dem Lärm der Kinder. Er trat zu Putois.
»Und jetzt kommst du mit!«
»Nein!« Putois schüttelte störrisch den Kopf. »Was soll ich in Paris? Ich suche Manon und spüre, daß ich hier näher bin …«
»Herrgott noch mal, was willst du denn von ihr?«
»Sie sehen.«
»Und ihr im gleichen Augenblick wieder verfallen! Bist du verrückt?«
»Ich will ihr auch einiges sagen.«
»Was willst du ihr sagen?«
»Daß sie ein Satan ist!« schrie Putois. »Daß ich sie hasse! Hasse mit der gleichen Glut, mit der ich sie einst liebte!«
»Sie wird dich auslachen, Marcel.«
»Dann werde ich ihr ins Gesicht schlagen, in das schöne, schmale, madonnenhafte Gesicht, daß es nur so knallt. Sie soll einen ganz neuen Putois kennenlernen. Ich sehe ihre überraschten Augen vor mir, ihre ungläubigen, bei meinem ersten Schlag …«
Putois schien die Szene wirklich schon plastisch vor sich zu sehen …
»– – – ihr Entsetzen beim zweiten, beim dritten. Dann beginnt sie zu schreien, ich höre sie, Hilfe, Hilfe – aber ich werde nicht einhalten, bis sie zusammenbricht, zu meinen Füßen um Gnade wimmert. Und was wird meine Antwort sein? Ich werde ihr mit dem Absatz ins Gesicht treten, ihr darauf herumstampfen, damit nie mehr einer Gefahr läuft, der Schönheit dieses Gesichts zu erliegen … nie mehr … nie mehr …«
Schwer atmend hielt Putois inne.
»Du bist wahnsinnig, Marcel«, sagte Perpignac, »hellauf wahnsinnig! Du rennst in dein Unglück! Komm doch mit, wenn du dich retten willst. Ich helfe dir.«
»Nein, ich kann nicht! Wie oft soll ich dir das noch sagen?« Putois wischte sich über die Augen. »Es hat keinen Zweck, René. Ich muß sie finden!«
»Wo willst du sie denn suchen?«
»Hier in der Nähe, sagte ich schon. In Monte Carlo war sie, das weiß ich. Von dort verschwand sie, nachdem sie natürlich wieder einige Affären hinter sich gebracht hatte. Aber sie kann nicht weit sein. Ich werde sie finden.«
»Und dann? Folgst du dann meinem Ratschlag?«
»Meinetwegen – wenn alles erledigt ist …«
Putois sah Perpignac plötzlich mißtrauisch an.
»Sag mal«, stieß er hervor, »weißt du etwa mehr, als du mir verraten willst …«
Er faßte den Freund bei den Rockaufschlägen.
»Weißt du mehr, frage ich dich.«
»Laß mich!«
»Weißt du mehr? Sprich! Wo ist sie? Wenn du es weißt, sage es mir!«
»Nein.«
Dieses ›Nein‹ ließ Putois erstarren. Es wurde ganz still im Zimmer. Putois stand regungslos da. Dann lächelte er kurz und zuckte die Achseln, als gebe er sich geschlagen. Doch mit einem überraschenden Sprung war er an der Tür, drehte den Schlüssel herum, steckte ihn in die Tasche und hielt plötzlich einen Brieföffner in der Hand. Das ging so schnell, daß Perpignac keine
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