Das Tibetprojekt
»Immerhin rennt da draußen noch ein weiterer Killer
frei herum. Wer weiß, was der noch alles vorhat? Zwei von der Sorte braucht kein Mensch.«
Jetzt mischte der Kommandant sich ein. Er sah Decker fest in die Augen und sagte: »Was immer auch Unvorhergesehenes |140| passiert, Sie stehen unter dem Schutz des chinesischen Volkes. Sie sind sicher.«
»Wirklich? Leider haben Sie aber bereits das Doppelleben eines Botschaftsmitgliedes in Peking übersehen. Was kommt als nächstes?«
Tang Wu sah kurz auf den Boden und sagte: »Das Problem des Maulwurfs werden wir lösen. Zu gegebener Zeit. Er wird Ihnen nicht
mehr gefährlich.«
»Aha«, sagte Decker. »Das beruhigt mich sehr. Und der Killer? Oder die beiden Killer, besser gesagt?«
»Wir schirmen Sie vollständig ab. Sie werden diese Maschine nicht verlassen. Und niemand außer uns wird sie betreten. Dann
können wir für Ihre Sicherheit garantieren wie für unseren Staatschef.«
»Ich soll tagelang in dieser Röhre hier leben? Ich dachte, es bliebe wenigstens mal Gelegenheit für’n Drink in Peking.«
»Es wird Ihnen an nichts fehlen«, sagte Tang Wu ruhig.
»Ach ja? Kennen Sie denn meine Wünsche schon alle?«
Tang verlor für keinen Augenblick die Kontrolle. »Dr. Decker, Sie werden es nicht bereuen, mit uns zusammenzuarbeiten«, sagte er.
»Wenn ich es überlebe«, ergänzte Decker. »Was ist denn, wenn wir an bestimmte externe Orte gehen müssen?«
»Wir werden für alles sorgen. Wenn Sie wirklich die Maschine verlassen müssen, bekommen Sie die besten Spezialkräfte unseres
Landes an Ihre Seite. Damit können Sie an jeden Ort der Welt gehen, und niemand wird Ihnen auch nur ein Haar krümmen.«
Decker sann nach. Dann sagte er: »Was ist mit unserem |141| Deal, Li Mai. So, wie es aussieht, kommt jetzt ganz anderes Material in Betracht.«
Li Mai dachte nach. Dann sagte sie vorsichtig: »Es müsste auch so genug für deine Zwecke dabei sein. Schließlich geht es um
Religion und Kultur. Jedenfalls in der Hauptsache. Es werden auch unter diesen geänderten Umständen wissenschaftliche Erkenntnisse
anfallen, die sensationell sind und ...«
»... die ich niemandem erzählen kann, weil mich den Rest meines Lebens irgendwelche durchgeknallten Killer jagen«, fügte Decker
mit einem Achselzucken hinzu.
Tang Wu warf Li Mai einen Blick zu.
Touché
.
Sie schwieg.
Decker dachte nach.
In der Hauptsache
ging es um Religion und Kultur. Und die Nebensache? Sie wollen dieses Projekt um jeden Preis. Aber sie haben schlechte Karten
durch ihren Ausrutscher. Vielleicht war das der richtige Moment, um zu pokern.
»Ich steige aus.«
Tang Wu erstarrte.
Li Mai blickte Decker in die Augen und verstand sofort. »Wie viel?«
Decker grinste.
Es klappt.
Er überlegte und sagte dann: »Einen Anteil von dem, worum es hier wirklich geht. Ihr braucht es mir auch nicht zu verraten.
Sagen wir einfach, ich besorge China einen verloren gegangenen wertvollen Kunstgegenstand wieder. Was ihr damit macht, geht
mich nichts an. Ich vertraue dabei aber auf das Ehrgefühl der chinesischen Regierung bei der Bestimmung der Provision. Denn
irgendwann werde ich erfahren, was Peking vorhat.«
Tang Wu schritt ein: »Das können wir nicht verhandeln |142| . Das übersteigt unsere Vollmachten. Außerdem ist das hier kein Bazar und kein Versicherungsfall.«
»Ich denke, wir können das so akzeptieren«, sagte Li Mai mit eiskalter Miene dazwischen.
Decker ahnt etwas. Wirklich nicht schlecht, der Mann.
»Genossin Li!«, fuhr Tang die junge Frau an. »Das wird ein Nachspiel haben.«
»Das geht in Ordnung, Genosse. Ich habe die Befugnis. Peking wird die Bestätigung dazu nachreichen«, sagte Li Mai, ohne Decker
dabei aus den Augen zu lassen. »Und du hast mein Wort.«
Tang Wu stand der Mund offen.
Wer verdammt noch mal war diese Frau?
Decker dachte das Gleiche. Außerdem wusste er immer noch nicht, was das für ein Spiel war. Aber das konnte ihm letztlich egal
sein. Er hatte gerade mit einer Supermacht gezockt und gewonnen!
»Fein. Dann sind wir wieder im Geschäft«, sagte er fröhlich. »Und ich schlage vor, dass wir ab jetzt etwas besser zusammenarbeiten.«
Die beiden Chinesen nickten behutsam.
»Gut, fangen wir mit einem Abgleich an. So wie es aussieht, jagen wir also ab sofort irgendwelche Buddhisten, stimmt’s?«
Die beiden Geheimdienstleute bejahten das vorsichtig.
»Und da uns wiederum ein Nazi jagt, wenn auch möglicherweise aus Versehen,
Weitere Kostenlose Bücher