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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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Linksdrehend jedoch steht für Tod und Zerstörung.«
    |131| Decker überlegte, was das in diesem Fall bedeuten konnte. Ein ominöses Entsetzen stieg in ihm auf. »Dann wussten die Nazis
     genau, was sie taten?«
    »Ich fürchte, sogar sehr genau«, sagte Lapin. »Die Nazis haben der ganzen Welt gezeigt, welche Geister sie beschwören, und
     keiner hat es erkannt oder ernst genommen.«
    Nach einer Pause sagte Decker: »Wenn ich Sie als Kenner fragen würde, wofür das rechtsdrehende Hakenkreuz symbolisch heute
     noch steht, was würden Sie sagen?«
    Die Antwort kam prompt: »Für den Buddhismus, natürlich.«
    Decker traf der Blitz.
    Die Aussage war klar.
    Während er noch überlegte, sagte sein Gesprächspartner am anderen Ende: »Eines möchte ich aber noch ergänzen.«
    »Ja?«
    »Wenn jemand ein Symbol für den Buddhismus sucht, dann würde er normalerweise ein Rad mit sechs Speichen verwenden. Das ist
     so eindeutig wie das Kreuz für die Christen.«
    Sie wechselten noch ein paar höfliche Worte, dann bedankte sich Decker und beendete das Gespräch. Seine Gedanken und Augen
     wanderten durch die Flugzeugkabine und dann zurück zum Foto, das vor ihm lag. Er versuchte das eben Gehörte mit seiner Entdeckung
     in Einklang zu bringen.
    Die Uhr. Die rechte Hand. Das rechtsdrehende Hakenkreuz.
    Kein Zweifel. Der ermordete Professor hatte gar kein Nazi-Symbol auf seiner Hand. Der Hinweis auf den Mörder ging in eine
     ganz andere Richtung.
    |132| Decker atmete auf. Dann hatte Deutschland mit der ganzen Sache ja gar nichts zu tun. Er konnte genauso gut wieder nach Frankfurt
     zurückkehren. Andererseits war der Tote ein Deutscher, und – Decker gestand es sich ungern ein – er wollte jetzt auf keinen
     Fall umkehren. Seine Libido und seine Neugier waren geweckt, und er wollte unbedingt wissen, was Li Mai für ein Spiel spielte.
     Und abzuspringen, wäre jetzt wohl auch nicht zu empfehlen gewesen, 30.000   Fuß über Russland.
     
    Deckers Blick fiel auf seine Notizen über Tibet und auf das Bild des fröhlich lächelnden Dalai Lama. Hatte der Professor wirklich
     sagen wollen, dass sein Mörder etwas mit dem Buddhismus zu tun hatte?
    Und dann gab es ja noch eine andere Frage. Das Foto, das man ihm gegeben hatte, war spiegelverkehrt. War das Zufall gewesen
     oder hatte es jemand mit Absicht gefälscht?
    Wenn man eine Absicht unterstellte, dann bedeutete das, der Urheber der Fälschung kannte beide Drehrichtungen des Hakenkreuzes
     und wusste, wofür sie stehen. Er hatte eine falsche Fährte gelegt und gezielt die Deutschen auf den Plan gerufen. Gleichzeitig
     wollte er die Fährte in Richtung Buddhismus vertuschen. Warum trieb der Betreffende solchen Aufwand?
    Einerseits waren der deutsche Botschafter und dann auch er, Decker, in die Sache verwickelt worden, andererseits sah es nun
     so aus, als würden die Tibeter etwas verheimlichen. Sollte er in Wahrheit ein Geheimnis der Tibeter enthüllen? Oder gab es
     womöglich zwei Geheimnisse bei diesem Mord?
    Jedenfalls will jemand, dass ich das herausfinde und das möglichst über einen indirekten, versteckten Weg.
    |133| Wenn man dieses Durcheinander einmal konsequent zu Ende denkt, dann funktioniert dieser Plan logischerweise nur unter einer
     Bedingung: wenn man annimmt, dass beide Hakenkreuze, sprich beide Fährten zum gleichen Ziel führen. Wie konnte das sein? Decker
     schaute verwirrt auf seine Papiere. Ein Geheimnis. Zwei Zusammenhänge. Das ist ja absurd.
    Irgendjemand will, dass ich die Kastanien für ihn aus dem Feuer hole,
dachte Decker.
Da muss ich aufpassen, dass ich mir nicht die Finger verbrenne.
    Eine perfide Situation. Und noch eine Unbekannte in der Gleichung:
Was um alles in der Welt hatte der Professor entdeckt?
    Decker sortierte seine Unterlagen hin und her. Er konnte sich auf das alles noch keinen Reim machen. Und es blieb ein ungutes
     Gefühl. Immer wieder drehten sich seine Gedanken um die offenen Fragen. Dann kam er auf die übergeordnete eben gewonnene Einsicht
     zurück:
Das Ganze war von vorn bis hinten inszeniert.
    Aber wer steckte dahinter? Der deutsche Botschafter hatte mit dem veränderten Foto sicher nichts zu tun. Dem wäre es ohne
     Zweifel lieber gewesen, das Hakenkreuz wäre gar nicht vorhanden. Die ganze Sache war ihm ja offensichtlich mehr als peinlich
     und unangenehm. Und die Hintergründe mit der Expedition und Harrer waren ihm vielleicht gar nicht bekannt.
Mann, in was für eine Sache bin ich da hineingeraten? Und alles nur

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