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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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wegen dieser Frau
!
    Ah ja, diese Frau. Wenn er so überlegte, konnte die Regisseurin bei diesem Spiel – auch wenn ihm das ganz und gar nicht gefiel
     – nur eine Person sein: Li Mai. Sie hatte ihm anscheinend noch immer nicht die ganze Wahrheit gesagt.
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Es ist uns lieber, wenn keiner weiß, wo du bist.
    Für einen Augenblick bereute er, nicht rechtzeitig ausgestiegen zu sein. Die ganze Angelegenheit nahm zunehmend rätselhaftere
     und bedrohliche Züge an. Er sah sich im Flugzeug um. Die private Maschine eines chinesischen Kapitalisten und unbeschränkte
     Ressourcen – es hätte ihm eine Warnung sein sollen. Jemand hatte ihn in ein Labyrinth geführt und nun gab es kein Zurück mehr.
     
    Decker war klar, es ging jetzt darum, aus dieser Klemme heil wieder rauszukommen. Aber wenn er genau überlegte, würde sich
     vielleicht sogar der Spieß umdrehen lassen. Immerhin kannte er jetzt eine Schwachstelle. Decker sondierte die Lage. Anscheinend
     will hier jemand gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Jedenfalls brauchen sie mich, und das kann meine Chance
     sein. Unklar ist nur der Grund für diese kuriosen Manöver.
    Es gab eigentlich nur eine Erklärung: Die Aufklärung des Mordes, so mysteriös er auch sein mochte, war nur ein Mittel für
     einen höheren Zweck. Decker bekam eine Gänsehaut bei der entfernten Ahnung, welche politischen Kräfte hier am Wirken sein
     könnten.
Der Vorfall und mein Auftrag,
dachte er,
sind nur kleine Steine auf einem Brett. Jemand spielt in Wahrheit ein Spiel mit vermutlich sehr hohem Einsatz. Und dieser
     freundliche Kapitalist weiß ganz genau, warum er seine Maschine verliehen hat.

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    Als Decker erwachte, war die Maschine gelandet. Er hatte sich in die bequeme Privatkabine zurückgezogen, um etwas Schlaf nachzuholen,
     und war sofort weggesackt, als er sich ausgestreckt hatte. Die letzte Nacht war wohl doch ein bisschen zu kurz gewesen.
    Er fragte sich, wo sie wohl sein mochten. Peking? Lhasa? Ein Blick durch das Kabinenfenster verschaffte ihm keinerlei Aufklärung.
     Draußen war es einfach nur dunkel, und die Lichter, die er in der Entfernung erkannte, konnten genauso gut zu einem Terminal
     wie zu einem buddhistischen Tempel gehören. Hatte Lhasa überhaupt einen Flughafen?
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war jetzt zehn Uhr. In Frankfurt. Und hier?
    Decker ging ins Bad, um zu duschen. Das konnte nie schaden. Nach dem heißen Wasser ließ er das kalte auf sich herabprasseln
     und spürte voller Zufriedenheit, wie sein Kreislauf in Gang kam. Dann zog er sich an und trat in den Salon hinaus. Niemand
     zu sehen.
    Was bildeten sich die Kerle eigentlich ein? Was hatten sie mit ihm vor? Er ging zur Stereo-Anlage und ließ AC/DC losdröhnen.
     Sollten sie ruhig denken, dass er ein Flegel war! Decker konnte eben besser nachdenken bei dieser Musik. Vor allem, wenn er
     wütend war. Er ging |136| hin und her, nahm Bücher in die Hand und warf sie wieder auf die Sessel. Er überlegte, was er mit dieser Situation anfangen
     sollte. Er ließ sich nicht gern an der Nase herumführen. Aber was sollte er machen?
    Plötzlich hörte er Stimmen aus dem hinteren Teil des Flugzeugs. War das Li Mai? Und die andere Stimme? Sie sprachen Chinesisch,
     aber dass es ein Mann war, konnte Decker auch so hören. Wieder kratzte ihn eine dumme Eifersucht in der Magengrube.
    Dann hatte er eine Idee.
Mal sehen, was sie dazu sagen.
Er holte das Foto und marschierte nach hinten. Li Mai und ihr Gesprächspartner saßen offenbar im Konferenzraum des Flugzeugs.
     
    Decker riss ohne anzuklopfen die Tür auf. Er entdeckte Li Mai in einem hellen Kostüm am hinteren Ende des Tisches. Der Mann,
     der ihr gegenübersaß und auf sie einredete, war ein Chinese von ungefähr fünfzig Jahren. Er trug einen schwarzen Anzug   – Armani, vermutete Decker – und hob erstaunt den Blick, als der Deutsche hereinstürmte.
    Aber Decker ließ sich nicht stören. Er marschierte auf die beiden zu und knallte Li Mai das gefälschte Foto auf den Tisch.
     »Wir müssen reden«, sagte er drohend.
    Der Mann zog erstaunt die Augenbrauen zusammen. Diese Unterbrechung war ein Affront. Decker ignorierte ihn völlig und blickte
     nur die chinesische Agentin an.
    Li Mai schwieg.
    Dann erhob sich der Chinese, legte zu Deckers Erstaunen ein Blatt mit einigen chinesischen Schriftzeichen neben das Foto und
     sagte seinerseits zu Li Mai: »Das finde ich auch.«
    |137| Die junge Frau blickte vom einen zum anderen.

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