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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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er hinwollte, gab es keinen Verkehr mehr
     und sie würden ihn hier auch nicht suchen. Dass er von zwei Killern gejagt wurde, daran wollte er jetzt nicht denken. Was
     für ein Kontrast zu seinem goldenen Käfig. Er betrat vergnügt die engen Gassen der Altstadt.
     
    »Unglaublich.« Göritz hatte eben die ganze Geschichte von Stahlmann noch einmal im Detail erfahren und auch dessen Erklärung,
     warum es nur einen Tatort geben konnte:
Ihren Ort.
Egal, wo das Foto gemacht worden war.
    |180| »Wer zum Henker war eigentlich dieser tote Professor?«
    »Keine Ahnung. Irgend so ein übereifriger Archäologe, Tibetologe oder Kulturwissenschaftler.«
    »Den hätte ich gern selbst umgelegt!«
    »Nur die Ruhe. Sie kriegen ihren Spaß noch mit Decker. Was uns im Moment Kopfzerbrechen macht, ist die Frage, ob der Tote
     alleine oder im Auftrag für irgendjemanden gearbeitet hat. Denn dann werden sie es wieder versuchen.«
    Göritz wurde nachdenklich und blickte finster drein. »Wer denn?«
    »Das rauszubekommen ist das Hauptproblem. Ich wette, auch die Chinesen stehen hier vor einem Rätsel.«
    »Vielleicht waren es fanatische Kunstsammler?«
    »Und wenn nicht?« Für einen ganz kurzen Augenblick wich die Farbe aus Stahlmanns Gesicht bei der entfernten Ahnung, gegen
     welche Liga sie hier eventuell antreten könnten. Der Gedanke war so schlimm, dass er ihn sofort als paranoid verwarf. Er blickte
     stattdessen zur Tür und prompt hellte sich seine Miene auf. »Themenwechsel. Das Essen kommt.«
    Während der Wirt mit äußerster Höflichkeit servierte und dabei stolz seine geschlossene Goldzahnreihe hervorblitzen ließ,
     redeten die Deutschen über Belanglosigkeiten. Der alte Chinese wünschte mit einer tiefen Verbeugung den edlen Herren guten
     Appetit, obwohl das in seiner Heimat gar nicht üblich war, und verschwand wieder im Inneren.
    »Serviles Völkchen – und so schön unterwürfig«, grinste Göritz. »Hoffentlich können die wenigstens kochen.«
    »Unterschätzen Sie die Chinesen niemals.«
    |181| »Pah, mit denen werden wir schon fertig.« Göritz schaufelte sich begierig einen großen Berg auf den Teller. »Hab ich einen
     Hunger!«
    Dann sah er entsetzt auf die Stäbchen.
    Der Wirt kicherte leise hinter dem Guckloch in seinem Versteck, während eine Mikrokamera mit Richtmikrofon das Gespräch der
     beiden Deutschen aufzeichnete.
     
    Decker schlenderte durch die Gassen, genoss das bunte exotische Treiben und ließ sich von der guten Laune der Händler in den
     offenen Läden anstecken. Ein chinesisches Sprichwort sagt, wenn du nicht lächeln kannst, sollst du kein Geschäft aufmachen.
     Andererseits wusste Decker auch, dass die Chinesen für jeden, der sich reinlegen ließ, nur Verachtung übrig haben. Ob sein
     Megadeal mit ihnen Bestand haben würde? Vielleicht sollte er sich besser einen Glücksbringer besorgen. So in Gedanken versunken,
     bemerkte er den jungen chinesischen Mann in Jeans und Lederjacke nicht, der hinter ihm her schlenderte.
     
    Göritz stocherte genervt mit den Stäbchen in seinem Essen rum und fluchte jedesmal, wenn ihm die mühsam ausbalancierten Stücke
     wieder herunterfielen. Schließlich rammte er sie erbost in den Reis.
    »Machen Sie das nicht«, sagte Stahlmann und nahm die Stäbchen wieder heraus.
    »Wieso?«
    »Nur bei Beerdigungen steckt man die Stäbchen so in den Reis. Ansonsten ist es ein schlechtes Omen. Und das wollen wir doch
     nicht.«
    Göritz sah Stahlmann verstört an. »So ein Blödsinn.«
    »Wir sind hier in China.«
    |182| »Na und? Ich brauch nur ’ne Gabel.« Der Killer machte eine Pause und fuhr fort: »Wir haben aber noch ein kleines Problem.
     Da geht es auch um Beerdigungen.«
    »So, und welches?«
    »Wer hat den Professor eigentlich in den Sarg geschickt – wenn wir es nicht waren und die Chinesen auch nicht?«
    Stahlmann verschluckte sich und Göritz vergaß für einen Moment seinen Neid auf den weltgewandten Diplomaten, der schneller
     als er satt wurde.
    »Verdammt!«, keuchte Stahlmann zwischen seinen Hustenanfällen. »Das Problem hatte ich schon wieder ganz vergessen.«
    »Dafür haben Sie ja mich.« Göritz war zufrieden mit sich.
    »Diese Frage ist eigentlich die wichtigste und dringendste. Denn dieser Killer kennt ebenfalls unseren Ort. Wie konnte ich
     das bis jetzt so vernachlässigen?« Stahlmann legte die Stirn in tiefe Falten. Dann blickte er Göritz an. »Und Sie haben damit
     gleich noch einen Auftrag.«
    »Nichts lieber als das. Haben Sie schon

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