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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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aber kein einziges Mal sieht man ihn über eine Seekarte gebeugt. Dabei ist das sein Haupthandwerkszeug.
    Doch auch sonst sieht man niemanden mit der Seekarte hantieren. Aber warum nicht? Antwort: Weil dann die absichtsvolle Planung des Geschehens für jeden offensichtlich werden würde. Würde man Kapitän und Offiziere nur einmal bei ihrer täglichen Arbeit zeigen, würde die Geschichte »Kapitän fährt die
Titanic
ahnungslos auf Eisberg, woraufhin sie sinkt« nicht mehr funktionieren.
     
    Aber was könnte an der Navigation so wichtig sein? Nun, auf dem Wasser zu navigieren ist etwas ziemlich anderes, als auf dem Land herumzufahren. Das offene Wasser ist für sich genommen eine Umgebung ohne wirklichen Ort, wie wir ihn von Land her kennen. Wo man ist, weiß man selten durch unmittelbare Anschauung, sondern im Wesentlichen durch Messungen, Berechnungen und Gehirnarbeit. Der »Ort« entsteht auf hoher See nur durch Navigation. Und wenn man sich verrechnet, kann das tödlich sein.
    Die Orientierungszentrale
    Für die Navigation gab es an Bord von großen Schiffen, auch der
Titanic
, quasi ein eigenes Büro, nämlich den sogenannten Kartenraum. Das war die Orientierungszentrale des Schiffes. Dort gab es Seekarten, Kartentische, Navigationsbesteck und andere Werkzeuge und Hilfsmittel, die man bei der Bestimmung von Kurs und Position eben so braucht. Diesen Kartenraum sieht man in dem Hollywood-Epos
Titanic
kein einziges Mal. Auf einem großen Tisch im Kartenraum lag die Seekarte, und auf dieser Seekarte war groß und breit die jeweilige Route eingezeichnet. [85]
    Eine Seekarte ist die Karte eines bestimmten Seegebiets. Darin sind neben Küstenlinie und Küstenorten alle relevanten Daten eingezeichnet: Hindernisse wie Sandbänke, Riffe, Inseln, Felsen und Untiefen. Außerdem sind die Strömungen und Meerestiefen vermerkt und im Küstenbereich alle für die Navigation wichtigen Landmarken. Dazu noch Seezeichen wie Feuerschiffe, Leuchttürme, Bojen und Baken. Außerdem Angaben über die Missweisung des Kompasses (Differenz zwischen magnetisch und geographisch Nord) in dem bestimmten Seegebiet. Und natürlich die jeweiligen Längen- und Breitengrade.
    Auf dieser Seekarte (oder den Seekarten) wurde nun die vorgeschriebene Route eingezeichnet. Da die Schiffe wochen- und monatelang dieselbe Strecke fuhren (New York und zurück), lagen bei vielen Schiffen immer dieselben Karten auf dem Kartentisch. Doch im Fall der
Titanic
waren die Karten vielleicht neu, da es sich ja um die Jungfernfahrt handelte. Und dieser Umstand machte die Reise eigentlich noch sicherer, weil sich auf den neuen Karten keine alten Markierungen und Positionen befanden, durch die man hätte durcheinanderkommen können.
    Die Hauptaufgabe des Kapitäns und der Offiziere bestand darin, den jeweils gewünschten Kurs (welcher im Wesentlichen der beschriebenen Route entsprach) auf der Karte einzuzeichnen und anschließend diesem Kurs zu folgen. In regelmäßigen Abständen wurde die Position des Schiffes mit Hilfe von Kompassen, Peilscheiben und (auf offener See) Sextanten bestimmt. Hatte man eine Position ermittelt, wurde diese – meistens mit einem kleinen Kreuz – auf der Karte eingetragen. Nun hatte man deutlich vor Augen, ob man sich auf der vorgesehenen Route befand, und wenn nicht, wie weit man davon abgekommen war. Dementsprechend gab es eine Kurskorrektur, um sich der idealen Route wieder anzunähern. Dabei entsprachen die vorgesehene Route dem Sollwert und die ermittelte Position dem Istwert. Und wie das mit Soll- und Istwerten immer so ist, besteht die Aufgabe darin, den Istwert dem Sollwert möglichst weitgehend anzunähern.
    Oft sah man Kapitän und Offiziere daher über Seekarten gebeugt und sorgfältig Route, Kurs und Positionen einzeichnen. Dabei gab es bei dem guten Wetter, in dem die
Titanic
fuhr, nur wenig Raum für Irrtümer und größere Ungenauigkeiten. Man wusste praktisch jederzeit, wo man sich befand – auch zwischen den einzelnen Positionsbestimmungen. Da man wusste, mit welchem Kurs und mit welcher Geschwindigkeit man seit der letzten Positionsbestimmung gefahren war, verfügte man zu jedem gegebenen Zeitpunkt über die aktuelle Position. Freilich nicht auf den Meter, wie im modernen GPS -Zeitalter. Aber doch auf die eine oder andere Meile genau, und das ist in einem 3000 Seemeilen weiten Ozean sehr präzise.

Die Eiswarnungen
    Ein Blick auf die Karte, und man war im Bilde. Und das gilt auch für die berühmten »Eiswarnungen«,

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