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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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wenn nicht genügend Frauen und Kinder in der Nähe waren, um die Boote zu füllen, trug zweifellos zu den hohen Opferzahlen bei«, urteilt Gardiner ganz richtig. [159]
    Einem anderen Mann schoss ein Offizier, wahrscheinlich Lightoller, den Kiefer weg. Als die Schüsse verhallten, »fiel ein großer Mann über die Reling ins Wasser«, heißt es in Logan Marshalls
Sinking of the Titanic and Great Sea Disasters
. »Ein anderer fiel stöhnend auf das Deck. Sein Kiefer war weggeschossen worden.« [160] Ob mit Schusswaffe oder nicht: Insgesamt dürfte Lightoller Hunderte von Männern auf dem Gewissen haben, darunter einige der reichsten und wichtigsten Männer der USA , wenn nicht sogar der Welt.
    Freilich gaben sich die überlebenden Offiziere alle Mühe, so zu tun, als hätten sie nur Warnschüsse abgegeben. Doch erstens fällt es schwer, den überlebenden Offizieren überhaupt etwas zu glauben. Zweitens scheint das, wie die zitierten Schilderungen nahelegen, nicht zu stimmen. Drittens bestätigten offenbar auch Bestattungsunternehmer das Vorhandensein von Schusswunden an den geborgenen Leichen.
    So berichtete Steven Santini in seinem Buch
Titanic – Touchstones of a Tragedy
von einem Bestatter namens Thad Stevens, der aus Hampton, New Brunswick, nach Halifax gerufen worden sei, um an den
Titanic
-Opfern zu arbeiten. Dabei sei er auch dem dort ansässigen Bestatter John Snow begegnet, der ihm von Anzeichen für Schusswunden an einigen der geborgenen Opfer erzählt habe. [161] Tatsächlich war John Snow der maßgeblich für die
Titanic
-Opfer zuständige Bestatter (siehe Kapitel
Milliardäre sterben früh
).
    Nur Frauen und Kinder: Wenn aus Rettung Mord wird
    In Wirklichkeit erfuhr der Grundsatz »Frauen und Kinder zuerst« an Bord der sinkenden
Titanic
eine kleine, aber bedeutende Abwandlung. Denn auf der Backbordseite des Schiffes wurde unter dem Kommando des Kapitäns und des Zweiten Offiziers Charles Lightoller daraus plötzlich »Nur Frauen und Kinder«.
    Kapitän Smith »ging völlig darin auf«, »auf der Backbordseite die Einbootung zu überwachen«. [162] Wobei man sich fragt, was das sollte: Hatte der Kapitän nichts Besseres zu tun? Zum Beispiel die Bekämpfung des oder der Lecks zu leiten? Oder durch Fahrmanöver das Fluten des Schiffes zu verzögern? Durch langsame Rückwärtsfahrt hätte man das Volllaufen des Rumpfes vielleicht verlangsamen können. Man hätte sich auch in die Nähe der offenbar zahlreichen Eisberge oder des Packeises manövrieren können, um Besatzung und Passagiere dort abzusetzen. Schließlich hätte man Anker, Ankerketten und anderen Ballast abwerfen können. Oder wie wär’s mit der Sicherstellung und Einschiffung der Logbücher? Aber nein: Der Kapitän leitete persönlich das Fieren der Rettungsboote.
    Das muss man sich mal vorstellen: Der Commodore der White Star Line, Kapitän Edward J. Smith, übernahm auf seinem sinkenden Schiff persönlich Matrosenarbeit, indem er die vorderen Leinen eines Rettungsbootes fierte. Wenn das stimmt, dann waren das Einsteigen und das Fieren der Boote auf der Backbordseite offenbar Chefsache und für Kapitän Smith in diesem Moment das Wichtigste, was es für ihn zu tun gab.
     
    Der Befehl »Nur Frauen und Kinder« wurde auf der Backbordseite also mit allen Konsequenzen befolgt. Aber warum gingen die Männer dann nicht einfach auf die Steuerbordseite? Antwort: Vereinzelt mag das vielleicht vorgekommen sein, aber zunächst einmal war das Deck der
Titanic
etwa 30 Meter breit. Die beiden Seiten waren durch Aufbauten und Relings voneinander getrennt, so dass man erstens nicht mitbekam, was auf der anderen Seite lief und zweitens nicht einfach hinübergehen konnte. Und schließlich gibt es ja noch so etwas wie einen »Bankschaltereffekt«: Bewirbt man sich um einen Platz in einem Boot, gibt man diese Position nicht so einfach auf, wenn man nicht genau weiß, was man dafür bekommt.
     
    Um 0.50 Uhr (also eine Stunde und zehn Minuten nach der Kollision) sei das zweite Rettungsboot zu Wasser gelassen worden – »ohne männliche Passagiere«, wie Wolf Schneider schreibt: »Denn dieses Boot wird backbord abgefiert, dort, wohin der Kapitän die Frauen und Kinder beordert hat und wo er selbst mit dem Megaphon die Aufsicht führt.« Von den 65 Plätzen seien wiederum nur 28 belegt gewesen. Mindestens 37 Menschen sterben also ohne jeden Grund. »Frauen, die zum Einsteigen bereit wären, sind nicht in Sicht«. Erste Fragen, warum denn nicht die Männer

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