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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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spürte, dass sie wusste, dass das, was sie eben von ihm gehört
hatte, nicht erfunden war.
    »Ich denke, Sie werden die richtigen Worte finden«, sagte
Brandt aufmunternd. »Glauben Sie mir, ich wünschte, ich hätte
Ihnen das ersparen können. Nur bitte ich Sie noch einmal eindringlich,
sprechen Sie mit niemand anderem aus der Staatsanwaltschaft
darüber, aber auch wirklich mit niemandem, unsere
Ermittlungen würden sofort gestoppt werden. Ich weiß, dass Sie
Ihren Beruf sehr ernst nehmen und sich nie bestechen lassen,
würden.«
    »Woher wollen Sie das denn wissen?«, fragte sie zynisch, versuchte
damit aber nur ihre Enttäuschung und Hilflosigkeit zu
überspielen.
    »Weil ich Sie kenne. Und wenn Sie Hilfe brauchen, ich stehe
Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
    »Wie heißen die beiden andern?«, fragte sie, und es klang, als
würde sie die Antwort längst kennen und wollte nur noch die
Bestätigung von Brandt.
    »Thomas Gebhardt und Andreas Reiter.«
    »Oh, verdammt.«
    »Sie kennen auch die?«
    »Als ich jung war, hab ich die mal kennengelernt. Und wer
von meinen Frankfurter Kollegen ist zuständig?«
    »Dr. Vollmer. Er lässt uns freie Hand, das heißt, kein LKA.«
    Elvira Klein sah ihn wieder lange an. Ihr Blick sprach, nachdem
sie die Namen gehört hatte, eine eindeutige Sprache. »Herr
Brandt, ich wäre jetzt gerne allein. Sie werden verstehen, dass
ich diese Nachricht erst mal verdauen muss.«
    »Natürlich. Haben Sie heute noch Termine?«
    »Nur einen«, antwortete sie leise, holte ein Taschentuch aus
ihrer Schublade und putzte sich die Nase, »aber den sag ich ab.
Danke für die Pizza und alles andere. Tschüs und viel Erfolg.«
    »Ihnen auch«, sagte Brandt, stand auf und fügte noch hinzu:
»Ich weiß, es wird Ihnen schwerfallen, aber ich fände es ratsam,
noch heute mit ihm zu sprechen. Sollte er von anderer Seite erfahren
...«
    »Gehen Sie bitte, ich mach das schon«, erwiderte sie sichtlich
konsterniert.
    Brandt verabschiedete sich und verließ das Büro. Frau Schulz
würdigte ihn keines Blickes, sondern starrte stur auf ihren Bildschirm,
während ihre Finger auf die Tastatur hämmerten. Er
fühlte sich miserabel, als hätte er eben einen großen Verrat begangen.
Sie tat ihm leid, konnte er sich doch zumindest ansatzweise
vorstellen, was jetzt in ihr vorging, und er wollte nicht in
ihrer Haut stecken. Elvira Klein, die ihrem überaus erfolgreichen
Vater nacheifern und ihm immer alles rechtmachen wollte, hatte
eben erfahren, dass ihr Held und großes Vorbild alles andere
als ein sauberer und ehrenwerter Anwalt war. Ein Stück heile
Welt war für sie zusammengebrochen. Ein großes Stück heile
Welt.
    Draußen saß er noch eine Weile in seinem Wagen, den Kopf
an die Nackenstütze gelehnt, die Augen geschlossen. Es gab
Tage, da hätte er am liebsten alles hingeschmissen, und heute war
so ein Tag. Nach ein paar Minuten fuhr er zurück ins Präsidium,
um noch einmal mit Bernhard Spitzer zu reden, vor allem aber
um einige Telefonate zu erledigen, unter anderem mit Julia Durant.
Er hatte es ihr zugesagt.
    Währenddessen saß Elvira Klein in ihrem Bürosessel. Erst allmählich
realisierte sie das ganze Ausmaß dessen, was Brandt ihr
soeben mitgeteilt hatte. Nach endlosen Minuten griff sie zum Telefon
und wählte die Nummer ihres Vaters in der Kanzlei. Sie
würde gerne am Abend vorbeikommen, um etwas mit ihm zu
besprechen. Er habe nichts vor, sagte er, sie solle so um Viertel
nach acht kommen, nach der Tagesschau. Sie legte auf und dachte
kopfschüttelnd, nach der Tagesschau. Ein Ritual, das er pflegte, sofern es seine Zeit erlaubte. Du wirst mir Rede und Antwort
stehen, und wenn nur ein Bruchteil von dem stimmt, was Brandt
mir über dich erzählt hat, dann gnade dir Gott. Aber noch wollte
sie es nicht glauben, noch hoffte sie inständig, dass sich alles
positiv aufklären würde. Doch diese Hoffnung war nur ein Funken
in ihrem Kopf, ihr Bauch sprach eine andere Sprache.
     

Dienstag, 11.30 Uhr
     
    Julia Durant hatte das Polizeisiegel durchtrennt und sah
sich im Haus von Corinna Sittler um, ging in jeden einzelnen
Raum und fragte sich, wie sich jemand zehn Jahre lang ausschließlich
auf einer Fläche von etwa dreihundert Quadratmetern
bewegen konnte. Ich wäre durchgedreht, dachte sie. Aber letztlich
hatte sie sich das selbst zuzuschreiben. Als sie im Schlafzimmer
stand und auf das nun leere Bett schaute, noch immer das
Bild vom Sonntagabend vor

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