Das Todeskreuz
nicht«, antwortete Brandt, als er oben angekommen
war.
»Verschwinden Sie, aber dalli, ich bin auf Besuch nicht vorbereitet
«, sagte Gebhardt unfreundlich.
Brandt hielt seinen Ausweis hoch. »Kriminalpolizei. Ich muss
mit Ihnen sprechen.«
»Aber ich nicht mit Ihnen. Das war's und tschüs.« Gebhardt
drehte sich um und wollte in seine Wohnung gehen, doch Brandt
war schneller und packte ihn an der Schulter.
»Nicht so hastig. Sie haben doch nichts zu verbergen, oder?«
»Nehmen Sie Ihre Pfoten weg! Ich hab keinen Bock auf 'ne
Unterhaltung mit 'nem Bullen.«
»Das bisschen Zeit werden Sie schon erübrigen müssen. Gehen
wir rein, Sie voran. Ich hab noch jemanden mitgebracht, eine
Kollegin. Sie können hochkommen«, rief er Durant zu.
Gebhardt hauste in einer Zweizimmerwohnung, die vollgestopft
war mit Möbeln, einem PC, einem Fernseher und einer
Stereoanlage. Die Fensterbank und die Wände waren
kahl, das ehemalige Weiß war vergilbt, der Fußboden seit Monaten
oder gar Jahren nicht mehr geputzt oder gesaugt worden,
auf dem Tisch ein Aschenbecher voller Kippen, Asche auf
dem Tisch, dem Boden, der überdimensionalen Couch, selbst
auf der Tastatur des PCs. Rechts von der Balkontür ein Kasten
Bier, daneben mehrere Flaschen billiger Fusel. Staub, wohin
man schaute, auf dem Bildschirm des Fernsehers und des
Monitors, auf dem Schrank. Brandt wollte gar nicht wissen,
wie es im andern Zimmer und der Küche und dem Bad aussah,
ihm genügte dieser Anblick schon. Der süßliche Geruch von
Gras hing in der Luft, vermischt mit dem Rauch unzähliger
Zigaretten.
»Also, was wollen Sie?«, fragte Gebhardt und ließ sich auf
das Sofa fallen, die Beine gespreizt, die Arme auf der Rückenlehne.
Er sah die Beamten provozierend an.
»Sehr gemütlich haben Sie's hier«, sagte Brandt und zog sich
den Stuhl vom Computertisch heran, während Durant sich an den
Türrahmen lehnte.
»Verarschen kann ich mich allein, ich weiß selber, dass es beschissen
aussieht. Aber das geht nur mich was an, mich ganz allein.
Kapiert?! Wenn's Ihnen nicht gefällt, da ist die Tür.«
»Wie Sie Ihre Wohnung gestalten, ist uns egal, jeder hat seinen
eigenen Geschmack. Seit wann wohnen Sie hier?«
»Bin ich im falschen Film, oder was? Was geht Sie das an?«
»Okay, dann werde ich eben konkreter, umso schneller sind
wir fertig. Staatsanwältin Sittler und Richter Buchmann, mit den
Namen können Sie doch bestimmt was anfangen, oder?«
Gebhardt antwortete zunächst nicht darauf. Er nahm die Arme
von der Lehne und sah erst Brandt und dann Durant an.
»Ich hab Sie was gefragt.«
»Ja und?«
»Wo waren Sie am Freitagabend zwischen zweiundzwanzig
Uhr und Mitternacht?«
»Hier, soweit ich mich erinnern kann. Wieso?«
»Und am Sonntagabend zwischen neunzehn und zweiundzwanzig
Uhr?«
»Was gibt das? Wer wird Millionär? Keine Ahnung, ich hab
mich am Sonntag zulaufen lassen.«
»Allein?«
»Glaub schon.«
»Glaub schon reicht mir nicht. Also?«
»Ich war allein und bin irgendwann besoffen eingepennt. Zufrieden?
«
»Kommt drauf an, wie Ihre weiteren Antworten ausfallen. Wie
ist denn der Kontakt zu Ihren Kumpels Magnus Möller und Andreas
Reiter?«
Gebhardt schoss nach vorn und sagte: »Um was geht's hier
eigentlich?«
»Mord. Eiskalter, brutaler und geplanter Mord. Wir sprechen
von Vorsatz, was nichts anderes bedeutet, als dass man vorhat,
jemanden umzubringen. Wie zum Beispiel eine junge Frau und
einen Familienvater.«
Brandt und Durant beobachteten sehr genau die folgende Reaktion
von Gebhardt, der sichtlich nervöser wurde, sich ein paarmal
durch das fettige Haar strich und leicht zitterte.
»Und was hab ich damit zu tun?«, fragte er mit verdächtigem
Vibrato in der Stimme.
»Keine Ahnung, verraten Sie's mir«, sagte Brandt ruhig und
gelassen.
»Ich war am Freitag und Sonntag hier.«
»Es geht nicht um Freitag und Sonntag. Was ist nun mit Ihren
Freunden Möller und Reiter?«
»Was soll mit denen sein? Hab die seit 'ner Ewigkeit nicht
gesehen. Ich weiß nicht mal, was die jetzt machen. Ehrenwort.«
»Aber Sie waren doch mal unzertrennlich, wenn ich mich
recht erinnere. Wieso haben Sie keinen Kontakt mehr zu ihnen?
Ist die Freundschaft in die Brüche gegangen, nachdem Sie zwei
Menschen kaltblütig umgebracht haben?«
»Was soll'n der Scheiß? Wieso zwei Menschen umgebracht?«,
stieß Gebhardt hervor. Er schwitzte seit ein paar Sekunden und
wich den Blicken der Kommissare immer wieder
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