Das Todeswrack
Markierungen Karten anfertigen und brach dann, wie oben geschildert, zu meiner fünften Reise auf. Ich schwor, jemanden zu finden, der die rätselhafte Schrift verstehen konnte.
Das erklärte die Verweise auf die
torleta
der Alten. Offenbar besaß sie die Form einer steinernen Tafel, ziemlich groß und schwer, wenn man der Beschreibung glauben konnte. Die Inschriften und eingemeißelten Markierungen legten irgendwie nahe, dass man sie zur Navigation benutzt hatte. Da Kolumbus nicht in der Lage gewesen war, den Stein ohne eine vorherige Erklärung anzuwenden, konnte es sich nicht um eine Karte im herkömmlichen Sinne handeln. Der Brief kehrte wieder zur Beschreibung der fünften Reise zurück.
10. August Wir fuhren weiter nach Westen, nach wie vor vom Wind begünstigt. Und jetzt haben wir schließlich vor einer Küste geankert, die weiter entfernt liegt, als je ein Mensch gelangt ist.
Wir haben mit Eingeborenen gesprochen. Sie sagen, es gäbe hier in der Nähe mehr Gold, als wir uns jemals vorstellen könnten. Ich glaube, ich bin nicht mehr weit vom Schatz des König Salomo entfernt. Es geht mir nicht gut, denn die Hitze und die Krankheiten haben mich neuerlich geschwächt, aber ich spüre, dass das Gold zum Greifen nah ist, und ich bitte Eure Majestät, mir eine Pilgerreise nach Rom und Jerusalem zu gestatten, sobald ich mit diesen Bergen von Gold und kostbaren Juwelen zurückgekehrt bin. Ich werde erst weiterschreiben, wenn das Gold sich in meinem Besitz befindet…
Der nächste Eintrag war zwei Tage später datiert. Die Handschrift wirkte weniger zittrig.
Der Admiral ist weg! Als die Mannschaft im Morgengrauen aufstand, stellten wir fest, dass ein
kleines Boot verschwunden war und dass die Kabine des Admirals leer ist.
Seine Karten sind ebenfalls verschwunden. Ich habe einen Trupp an Land geschickt, um nach ihm zu suchen, und man hat das Boot gefunden, aber dann wurden die Männer zurück auf das Schiff getrieben, denn eine Horde Eingeborener überschüttete sie mit einem Pfeilhagel. O weh, ich fürchte, der Admiral ist tot, erschlagen von diesen gottlosen Wilden! Wir werden eine Zeitlang vor der Küste abwarten, aber falls wir kein Lebenszeichen von ihm erhalten, müssen wir bald den Anker lichten und nach Espanola segeln, um Hilfe zu holen. Gott segne den Admiral der Weltmeere. Unterzeichnet am heutigen Tag von Alonso Mendez, Gehilfe des Steuermanns.
Perlmutter strich sich nachdenklich über das feiste Kinn.
Kolumbus hatte in seinen letzten Stunden eindeutig fantasiert.
Salomos Gold, allen Ernstes! Er fragte sich, vor welcher Küste die
Nina
wohl vor Anker gelegen haben mochte, und warf erneut einen Blick auf die Karte. Ein westlicher Kurs von Jamaika aus hätte Kolumbus nach Mittelamerika gebracht. Es kamen die mexikanische Halbinsel Yukatan, aber bei ein paar Grad Abweichung auch Belize oder Honduras in Betracht.
Sobald er mehr Zeit hatte, würde er die täglichen Eintragungen genau durchsehen und versuchen, den exakten Kurs bis zum Endpunkt nachzuvollziehen.
Seine Karten und Berechnungen hatte Kolumbus mitgenommen, aber was war aus dem Stein geworden?
Perlmutter schüttelte amüsiert den Kopf. Diese Geschichte hatte ihn ziemlich gefesselt. Er benahm sich, als wäre das Dokument, dessen Lektüre er soeben beendet hatte, ein authentisches Schriftstück, obwohl es vielleicht ebenso viel historische Bedeutung besaß wie ein anspruchsvolles Kreuzworträtsel.
Aber was wäre, wenn es sich
tatsächlich
um ein echtes Dokument handelte?
Welchen Bezug mochte es zu dem derzeitigen Melodram haben, von dem Austin ihm erzählt hatte, den schwarz gekleideten Mörderbanden, die herumliefen und unschuldige Archäologen umbrachten? Was hatte dieser merkwürdige Hinweis auf den »Tod der fünf« zu bedeuten? Kolumbus hatte wegen seiner Verwicklung in diesen Zwischenfall offenbar so große Schuldgefühle, dass er seinen Schiffbruch für eine göttliche Bestrafung hielt. Perlmutter beschloss, den Brief ein weiteres Mal zu lesen, um sicherzugehen, dass er nichts übersehen hatte. Dann würde er mit der Recherche in seiner eigenen Bibliothek beginnen.
Aber zunächst würde er sich einen Imbiss genehmigen.
24.
Cancún, Mexiko
Das Flugzeug nach Cancún startete kurz nach dem Treffen bei Zavala vom Washingtoner Flughafen. Von Anfang an herrschte an Bord allseits freudige Erwartung. Als der Pilot zur La ndung ansetzte, reckten die zahlreichen Urlauber ihre Hälse, um einen Blick auf die luxuriösen Strandhotels zu
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