Das Todeswrack
ersten Expedition, ein Kapitän, der von Spanien nach den Indischen Inseln gesegelt ist, um neues Land und Gold für Kastilien zu entdecken, damit Euer Gnaden das Heilige Land erobern können, was immerfort mein Ziel gewesen ist.
Doch meine Erzählung muss vier Jahre vor dem heutigen Tag beginnen. Euer Gnaden sind mit den Strapazen meiner letzten Reise wohl vertraut, denn Euer und Eurer Königin Milde und Nachsicht befreite mich im Jahre 1502 von meinen Ketten und ließ mir nicht nur die Vergebung meiner Fehler, sondern auch erneut große Gunst zuteil werden, indem Ihr mich aus dem Staub erhobt und mit vier Schiffen aussandtet.
Wie auf dieser Hohen Fahrt unsere Flotte einen schrecklichen Sturm überstand und neues Land entdeckte, das ich mit Gottes Hilfe im Namen Eurer Majestät in Besitz nahm, obgleich ich krank geworden war und oftmals an der Schwelle des Todes schien, derweil ich das Schiff von einer kleinen Kabine aus befehligte, die ich auf Deck errichten ließ.
Dies war die unglücklichste und enttäuschendste aller meiner Reisen. Die Straße nach Westen, die wir suchten, fanden wir nicht, und die Eingeborenen begrüßten uns nicht wie zuvor mit Freundlichkeit, sondern mit Pfeilen und Speeren. Alles stand gegen uns, der Zwieback faulte, Wetter und Wind erhoben sich, bis am Ende unsere sinkenden Schiffe uns mit letzter Kraft an Land trugen, wo wir für ein Jahr und fünf Tage auf uns allein gestellt blieben, an einem Ort, den zu verlassen ich niemals erwartet hätte, bis zu jenem freudigen Tag, an dem wir gerettet wurden. Dann aber folgte die schlimmste Ozeanpassage meines Lebens.
Doch stärker noch als alle Stürme oder Krankheiten oder Angriffe der Eingeborenen wog mein Wissen, dass ich trotz meines innigsten Bemühens, Euren Majestäten mit so viel Inbrunst und Eifer zu dienen, als ginge es wenigstens um die Pforten des Paradieses, in mancherlei Hinsicht versagt habe, weil meine Kenntnisse und meine Kraft nicht stark genug waren.
Ich habe vier Schiffe verloren und nur wenig Gold und andere Schätze gefunden. Schlimmer noch, meine Königin, sterblich auch sie, verließ ihr Reich frei von Sündhaftigkeit und Arglist, um sich in die Obhut unseres Ewigen Schöpfers zu begeben.
Ich weiß nur einen Weg, meine Traurigkeit zu lindern und meinem höchst Durchlauchtigen Fürsten zu gefallen, und der liegt darin, das Ziel zu erreichen, das ich im Verlauf meiner früheren Reisen nicht erreicht habe. Denn während meines langen Aufenthalts auf jener unglückseligsten aller Inseln erfuhr ich, dass mein Begehr kein Wunschtraum war. Ich erhielt den Schlüssel, der die Tür
zu einem solch fabelhaften Goldschatz öffnen wird, dass alles, was bislang gefunden wurde, mag es auch beträchtlich scheinen, sich dagegen ausnimmt wie das Almosen eines Bettlers, so dass Kastilien, Euer Gnaden und die Fürsten, die Euch folgen, für alle Zeit in Herrlichkeit leben werden, wie es sich geziemt.
Das Gold von meinen Reisen und mein Anteil an den Einkünften aus Espanola haben mein Auskommen gesichert, und ich habe für vieles zu danken, wurde mein ältester Sohn Diego doch in den Dienst der Königlichen Leibwache und der junge Fernando als Page aufgenommen. Aber dennoch betrübte mein Scheitern mich zutiefst. Ein sicherer häuslicher Herd ist nicht das Rechte für einen Seemann, und ich beschloss, ein weiteres Mal, vielleicht ein letztes Mal, zur See zu fahren, um das Versprechen einzulösen, das ich Euren Majestäten gab, und um meinen Pflichten als Großadmiral zu genügen.
So habe ich in diesem Monat meinen letzten Willen verfasst und Diego als meinen Erben bestätigt. Mit eigenem Geld und insgeheim habe ich das Schiff
Nina
ausgerüstet, eine kleine Mannschaft von fünfzehn loyalen Männern angeheuert und dann bei Nacht mein Haus verlassen. Ganz wie im Jahre 1492 bei meiner ersten und größten Reise, stachen wir von Polos aus in See und setzten nach Einbruch der Dunkelheit Kurs auf die Kanarischen Inseln, erst nach Südwesten, dann nach Südsüdwest.
Perlmutter trank einen Schluck Kaffee. Interessant. Der Erzähler wusste, dass Kolumbus von all seinen Schiffen die
Nina
bevorzugte. Es galt als gesichert, dass Kolumbus nachhaltig enttäuscht darüber war, nie einen Seeweg nach China entdeckt zu haben. Einmal wurde er sogar in Ketten zurückgebracht, weil man ihm Misswirtschaft in seinem Amt als Vizekönig von Espanola vorwarf. Der König und vor allem seine Gönnerin, die Königin, vergaben ihm jedoch und statteten seine vierte,
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