Das Todeswrack
würden, deren Hauptstadt Santo Domingo sich am Ort der gleichnamigen Siedlung befindet, die einst von Kolumbus gegründet worden war. Abermals konnte Perlmutter verstehen, welche Probleme Ortega mit diesem Dokument hatte.
Mehr als einen Monat nach seinem Tod kreuzte Kolumbus durch die Karibik. Perlmutter grinste vergnügt. Er würde sich von so einer kleinen Spitzfindigkeit doch nicht den Spaß an dieser wunderbaren Abenteuergeschichte verderben lassen, wo es doch gerade interessant wurde.
Er entfaltete eine Karte der Karibik und legte sie neben den Brief, um den Kurs des Schiffs verfolgen zu können. Die
Nina
schlängelte sich zwischen Hispaniola und Kuba hindurch und hielt auf die Insel Jamaika zu, auf der Kolumbus und seine Mannschaft während der vorherigen Reise gestrandet waren.
Das Logbuch sprang zurück zu einer Beschreibung jener unglückseligen Zeit.
Mein Schiff hielt Südwestkurs und passierte Santo Domingo mit einer guten Nordostbrise in den Segeln, die drei Tage anhielt. Auf dieser Insel hatte man mir vor vier Jahren von einem Ort namens Cigure und dessen unermesslichem Goldschatz erzählt, wo die Frauen Perlen und Korallen tragen und die Häuser mit edlem Metall überzogen sind. Die Eingeborenen sagten mir damals, die Schiffe dieser Leute seien groß und die Bewohner jenes Landes trügen verzierte Kleidung und seien ein Leben im Überfluss gewohnt. Es soll dort Goldnuggets geben, die so groß und reichlich wie Bohnen sind.
Hier war der Beweis, dass unser Herr auch die winzigsten seiner Geschöpfe zur Durchsetzung Seines Willens benutzt, denn es war vor der Küste jenes seltsamen Landes, dass die Schiffe meiner Hohen Fahrt, meiner vorigen Überfahrt, die weiter ging als alle anderen, kraft der Verwüstungen des
toredo,
der Schiffsbohrermuschel, in Stücke gingen. Mehr als ein Jahr waren wir auf uns allein gestellt. Doch während meiner Gefangenschaft auf dieser Insel wurde der Schleier von meinem Verstand genommen, und klar und deutlich sah ich vor mir den Weg zu all den Reichtümern, die ich während jener langen Jahre für Kastilien in Besitz nehmen wollte.
Diego Mendez, der Bruder eines meiner Kapitäne, machte sich in einem Kanu auf den fünfhundert Meilen langen Weg nach Espanola, um Hilfe zu holen. Während seiner Abwesenheit änderten die Indianer, derer er sich angenommen hatte, ihre Meinung und weigerten sich, mit uns Vorräte zu tauschen. Ich befürchtete, dies sei Gottes Vergeltung, seine Strafe für meinen Anteil an dem Tod der fünf, denn obgleich ich meine Hand nicht erhob, überließ ich sie doch tatenlos den Brüdern.
Ich sank auf die Knie und betete um Vergebung und gelobte, viele Pilgerreisen ins Heilige Land zu unternehmen und alles, was ich besaß, Seiner gerechten Sache zu opfern. Er erhörte mein Gebet und ließ mich daran denken, dass nach meinem Almanach des Regiomontanus eine Mondfinsternis bevorstand.
Ich sagte den Indianern und ihrem Häuptling, dass mein Gott ungehalten über sie wäre und deshalb den Mond sterben lassen würde. Als der Mond tatsächlich im Schatten verschwand, bekamen die Indianer große Angst und brachten uns neue Vorräte, damit ich den Mond wieder zum Leben erweckte. Der Häuptling sagte, er sei dankbar und würde meinen Gott gnädig stimmen wollen, indem er mir den Weg zum Gold verriet. Er nahm mich mit ans östliche Ende der Insel. In einem Tempel, so edel wie die herrlichsten Paläste Europas, zeigte er mir einen »sprechenden Stein«, in den Figuren gemeißelt waren. Dieser Stein, so sagte der Häuptling, würde mir den Weg zu einem großen Schatz weisen.
Perlmutter hatte in Ortegas Buch von dem Zwischenfall mit der Mondfinsternis gelesen. Es zeigte, wie einfallsreich Kolumbus sein konnte. Aber was hatte diese ebenfalls merkwürdige Geschichte von dem sprechenden Stein zu bedeuten? Der Erzähler war sich auch nicht sicher.
Viele Wochen lang grübelte ich über die Bedeutung dieses seltsamen Steins nach. Ich erkannte darauf eine Karte der Küste, die ich entdeckt hatte, aber die anderen Inschriften und Markierungen wollten ihre Geheimnisse nicht preisgeben.
Sobald ich wieder zurück in Spanien war, trug ich den Stein zu gelehrten Männern, die mir sagten, es handele sich um ein Gerät zur Navigation, wenngleich auch sie die fremde Schrift nicht kannten. Dann kam ich einfacher Seemann auf die Antwort. Dies war eine
torleta,
wie die Alten sie benutzt hatten, um den richtigen Weg zu finden. Da der Stein unhandlich war, ließ ich nach seinen
Weitere Kostenlose Bücher