Das Todeswrack
Lager der
chicleros.
Diesmal nahm er eine Fotoausrüstung mit.
Die Armee hatte ein kleines Kontingent vor Ort stationiert, um die Artefakte zu bewachen und die geflohenen Plünderer einzufangen. Chi war ebenfalls dort geblieben, um eine Bestandsaufnahme des Diebesguts vorzunehmen. Als Trout sein Vorhaben erläuterte, erklärte der Professor sich sogleich begeistert einverstanden.
Trout schoss Hunderte digitaler Fotos der Steine und der darauf abgebildeten Szenen.
Dann packte er seine Sachen zusammen, kehrte zum Schiff zurück und machte sich mit Gamay auf den Heimweg. In Washington überspielte Paul die Daten in seine Computer.
Als Tiefseegeologe hatte Trout großes Geschick darin entwickelt, sich für seine Unterwasserprojekte Computergrafiken zunutze zu machen. Seine Arbeit ging weit darüber hinaus, einfach nur mit elektronischen Augen und Ohren den Meeresboden zu erforschen. Die geheimnisvollen Erkenntnisse über Gesteinsformationen oder Thermalschlote mussten so aufbereitet werden, dass man sie auch ohne Doktortitel verstehen konnte. Inzwischen benutzte die Archäologie Computersimulationen zur Rekonstruktion aller möglichen Gegebenheiten, von antiken Städten bis zu Skelettresten. Er telefonierte häufig mit Dr. Chi, der nach Mexiko City zurückgekehrt war. Im Anschluss an seine Analyse rief er Austin an. »Ich weiß, dass das verrückt klingt, aber diese Sache, die ich hier für Dr. Chi in der Mache habe, könnte vielleicht zu dem Auftrag passen, an dem wir gearbeitet haben«, sagte er.
Austin brauchte gar nicht erst überzeugt zu werden. Er setzte Nina Kirov von Trouts Ergebnissen in Kenntnis und fragte, ob sie Paul mit einem Maya-Experten zusammenbringen könne.
Nina dachte sofort an Dr. Orville. Trout nahm seine Computerdaten mit nach Cambridge und schlug seine Zelte im Peabody Museum auf.
Der kleine Eingangsbereich des Museums wurde von eine m Totempfahl der Eskimos dominiert, dessen groteske Gesichter auf eine junge College-Angehörige am Informationsschalter schauten. Austin nannte der Frau ihre Namen, woraufhin sie einen Knopf an ihrer Gegensprechanlage drückte. Eine genauso hübsche Führerin erschien und brachte sie vorbei an der finster blickenden Skulptur eines sitzenden Maya-Kriegers über eine Metalltreppe bis hinauf in den vierten Stock.
Auf dem Weg spulte sie ihren eingeübten Text ab. »Das Peabody ist eines der ältesten anthropologischen Museen der Welt«, sagte sie. »Es wurde im Jahre 1866 durch eine 110.000-Dollar-Spende von George Peabody gegründet. Der Bau des fünfgeschossigen Hauptgebäudes begann 1877. Das Museum beherbergt fünfzehn Millionen Exponate, aber wir geben auch viele Gegenstände zurück, vor allem Artefakte, die von E. H.
Thompsons Arbeit am heiligen
cenote
von Chichen Itza stammen, wo einst Jungfrauen geopfert wurden.«
»Ich kann mir für eine Jungfrau auch etwas Besseres vorstellen«, murmelte Zavala.
Zum Glück hörte die Frau seinen Kommentar nicht. Sie führte sie durch eine Tür in einen Hörsaal. Nina stand neben dem Pult und sprach mit einem schlanken Mann, an dem als Erstes der zerzauste rote Schopf auffiel. Als sie die anderen, vor allem Austin, erblickte, lächelte sie strahlend, was Kurt erfreut zur Kenntnis nahm. Dann eilte sie ihm entgegen und reichte ihm die Hand. Austin fühlte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte, sobald er einen Blick auf Ninas üppigen Mund oder die gewagten Kurven ihres Körpers warf, der jedem Fotomodell zur Ehre gereicht hätte. Er schwor sich, dass er sie irgendwohin mitnehmen würde, wo sie nicht ständig von Freunden und Kollegen umgeben waren.
Nina machte die Neuankömmlinge mit Dr. Orville bekannt.
Austin hatte schon vor langer Zeit gelernt, keine falschen Schlüsse aus der äußeren Erscheinung zu ziehen, aber in diesem Fall war er sich nicht sicher. Obwohl es ziemlich warm war, trug der Maya-Forscher einen zerknitterten Tweedanzug, den er bis zum obersten Knopf geschlossen hatte. Seine völlig altmodische Billigkrawatte war von Speiseflecken übersät. Das manische Funkeln der nussbraunen Augen wurde durch die dicke Brille noch unglaublich verstärkt, aber ein hellwacher Geist hielt den lauernden Schatten des Wahnsinns in Schach. Mit Mühe und Not. Austin rechnete jeden Moment damit, dass die Augäpfel anfangen würden, sich wie bei einer verrückten Trickfilmfigur zu drehen. Er beschloss, ein anderes Mal über den schmalen Grat zwischen Genie und Geistesgestörtheit nachzudenken.
»Paul ergänzt noch die
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