Das Todeswrack
gemeinnützige Stiftung, von der ihre Expedition finanziert wurde, und um weitere Mittel bitten, damit sie den Abtransport des Artefakts bezahlen konnten. Er erklärte, dass mit dieser Art von materieller Unterstützung lediglich eine einzige Bedingung verknüpft sei, nämlich dass Time-Quest von jedem bedeutenden Fund unterrichtet wurde.
Nach einem ausführlichen Gespräch legte Mehta den Hörer auf und lächelte. »Sie sagen, wir können ein paar Dörfler anheuern, aber wir sollen warten, bis jemand mit dem Geld bei uns eingetroffen ist. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Monsunzeit unmittelbar bevorsteht. Sie haben gesagt, es würde achtundvierzig Stunden dauern.«
Sie kehrten zur Höhle zurück und machten sich an die fotografische Erfassung und Katalogisierung der Stätte. Zwei Tage darauf brachen Mehta und der Führer zum Dorf auf, um sich mit dem Beauftragten von Time-Quest zu treffen. Dann fing es an zu regnen. Irwin arbeitete an seinen Aufzeichnungen, Als die anderen bei Einbruch der Dämmerung noch immer nicht eingetroffen waren, kochte er sich Curryreis und Bohnen. Es wurde dunkel, und es sah so aus, als würde er die Nacht allein verbringen müssen. Daher war er angenehm überrascht, als er plötzlich leise Schritte hörte, während er das Geschirr im Quellwasser einer Zisterne abwusch.
»Na endlich, meine Freunde«, sagte er über die Schulter hinweg. »Ich befürchte, das Abendessen habt ihr verpasst, aber vielleicht lasse ich mich ja überreden, noch mehr Reis zu kochen.«
Niemand antwortete. Er drehte sich um und sah unmittelbar außerhalb des Lichtscheins der Lampe eine Gestalt im Halbdunkel stehen. Womöglich einer der Dorfbewohner, den Mehta geschickt hat, dachte Irwin. »Sie haben mich ganz schön erschreckt. Hat Mehta eine Nachricht für mich?«, fragte er.
Schweigend trat die Gestalt einen Schritt nach vorn. In der Hand des Fremden schimmerte etwas Metallenes, und während der letzten schrecklichen Momente seines Lebens begriff Irwin, was mit Mehta und dem Führer geschehen war, wenngleich er den Grund dafür niemals erfuhr.
12.
China
»Wie weit ist es noch bis zu der Stelle, Chiang?«
Der drahtige Mann, der an der langen Ruderpinne des Flusskahns stand, hob zwei Finger.
»Zwei Meilen oder zwei
Stunden?«,
fragte Jack Quinn. Auf dem faltigen Gesicht des Steuermanns machte sich ein zahnlückiges Grinsen breit. Er zuckte mit den Achseln und wies auf sein Ohr. Entweder überstieg die Frage seine mageren Englischkenntnisse, oder er konnte durch den Krach des uralten Envinrude-Außenbordmotors einfach nicht genug hören.
Ausgeschlagene Ventile, die schadhafte Schalldämpfung und ein klappriges Gehäuse, das wie das Fell einer Trommel vibrierte, vereinten sich zu einem Dröhnen, das von den Ufern des Flusses widerhallte und alle Versuche einer verbalen Kommunikation übertönte.
Quinn fuhr sich mit den Fingern durch das lichter werdende schwarze Haar und verlagerte das Gewicht seines stämmigen Körpers, um dem geplagten Hinterteil ein wenig Erleichterung zu verschaffen. Es war vergebens. Das flache, schmale Gefährt war ähnlich geformt wie ein Surfbrett und zum Teil von groben Planken überdacht, deren in der Sonne rissig gewordene Oberfläche nicht gerade zum Sitzen einlud.
Schließlich gab Quinn es auf. Er zog die Schultern hoch und starrte mit glasigem Blick auf die vorüberziehende Landschaft.
Sie hatten die Reisfelder und Teeplantagen hinter sich gelassen.
Hin und wieder kamen sie an einem Fischerdorf oder einem weidenden Wasserbüffel vorbei, aber bald erstreckten sich vor ihnen nur noch goldgelbe Grasflächen bis zu den nebelverhangenen Bergen am Horizont. Die Schönheit Chinas ließ Quinn völlig kalt. Er dachte einzig und allein an Ferguson, seinen Projektleiter.
Die erste Nachricht von Ferguson hatte viel versprechend geklungen. »Haben zahlreiche Tonsoldaten gefunden. Das hier könnte größer als Xian sein.«
Quinn wusste sofort, dass Ferguson die siebentausend Mann starke Armee von Terrakotta-Soldaten meinte, die man in einer kaiserlichen Grabstätte nahe der chinesischen Stadt Xian entdeckt hatte. Das war genau die Sorte Neuigkeiten, die Quinn gern an den Vorstand der East Asia Foundation weiterleitete, dem er als geschäftsführender Direktor angehörte.
Die Stiftung wurde von einer Gruppe wohlhabender Schirmherren betrieben. Sie sollte der Förderung der ostwestlichen Verständigung dienen und eine gewisse Wiedergutmachung für den Opiumhandel darstellen. Darüber
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