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Das Todeswrack

Das Todeswrack

Titel: Das Todeswrack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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gut.
    Flüsterleise glitt das Skullboot flussaufwärts an den prächtigen alten Anwesen vorbei, die das Ufer säumten. Die dunstige, nach Blumen duftende Morgenluft, die in Austins Lunge strömte, kam ihm wie das Parfüm einer alten Liebe vor. In gewisser Weise stimmte das sogar. Für Austin bedeutete Rudern mehr als nur körperliche Ertüchtigung. Da es bei diesem Sport eher auf Technik als auf Kraft ankam, glich die Verschmelzung von Geist und Körper der einer Zen-Meditation. Völlig konzentriert erhöhte er nun seine Schlagzahl und setzte schrittweise immer mehr von der Kraft seiner breiten Schultern ein, bis ihm die Skala des Messgeräts direkt über seinen Zehen anzeigte, dass er die üblichen achtundzwanzig Schläge pro Minute erreicht hatte.
    Unter dem Schirm seiner türkisfarbenen NUMA-Baseballmütze perlte der Schweiß hervor, der Rücken seines Rugbytrikots war völlig durchnässt, und sein Hintern war taub, obwohl er gepolsterte Radlerhosen trug. Aber all seine Sinne verrieten ihm, dass er
am Leben
war. Das schnittige Boot flog über das Wasser, als würde es von Schwingen, nicht von Rudern angetrieben. Er hatte vor, beim ersten Durchgang fünfundvierzig Minuten durchzuhalten, dann umzudrehen und sich mit Unterstützung durch die träge Strömung auf den einfacheren Rückweg zumachen. Es hatte keinen Sinn, sein Glück zu sehr zu strapazieren.
    Am Ufer blitzte irgendetwas auf. Die Sonne spiegelte sich in der Linse eines Fernrohrs, das auf einem Dreibein montiert war.
    Daneben saß ein Mann auf einem Klappstuhl und schaute durch das Okular. Er hatte sich einen weißen Baumwollhut tief in die Stirn gezogen, und der restliche Teil seines Gesichts wurde von dem Fernrohr verdeckt. Austin hatte diesen Mann vor einigen Tagen zum ersten Mal gesehen und ihn für einen Vogelbeobachter gehalten. Nur eines war merkwürdig: Das Fernrohr blieb die ganze Zeit auf Austin gerichtet.
    Wenige Minuten später drehte Austin wie geplant um und machte sich flussabwärts auf den Rückweg. Als er sich erneut dem Vogelbeobachter näherte, legte er die Ruder ein und ließ sich von der Strömung treiben. Er winkte und hoffte, der Mann würde den Kopf heben, doch das Auge blieb wie angewachsen am Fernrohr kleben. Während das Boot geräuschlos vorbeiglitt, musterte Austin den Mann eindringlich. Dann grinste er, schüttelte den Kopf, nahm die Riemen wieder auf und ruderte nach Hause. Das Bootshaus im viktorianischen Stil war ursprünglich Teil eines am Fluss gelegenen Gutshofs gewesen.
    Mit seiner hellblaue n Fassadenverschalung und dem Mansardendach, das von eine m Türmchen überragt wurde, war es eine Miniaturausgabe des Haupthauses, wenngleich der Innenraum anders aufgeteilt war. Austin lenkte ans Ufer, stieg auf die Rampe und zog das Boot hinauf und unter das Haus. Er setzte es auf einem Gestell ab, neben dem sich ein weiteres seiner Spielzeuge befand, ein kleine s Tragflügelboot mit Außenbordmotor. In einem Jachthafen in der Chesapeake Bay lagen zwei weitere von Austins Booten vor Anker, ein sechs Meter siebzig langes Segelboot und ein Tragflächenrennboot.
    Er mochte die klassischen Linien und die geschichtsträchtige Vergangenheit des Segelboots. Außerdem gefiel ihm, dass dieses Boot trotz seines tonnenförmigen Rumpfes und des einzelnen Segels schnell war, vor allem nachdem er ein paar bauliche Modifikationen vorgenommen hatte. Inzwischen konnte er damit so manches größere und schnittigere Fahrzeug problemlos hinter sich lassen. Zudem konnte der Einmaster ohne große Abdrift hart am Wind segeln, und Kurt genoss es, aus reinem Spaß am Nervenkitzel unter waghalsigen Wetterbedingungen große Entfernungen damit zurückzulegen.
    Obwohl Austin die mentalen Herausforderungen des Ruderns liebte und bereits in frühester Jugend Segeln gelernt hatte, war in ihm schon bald eine besondere Vorliebe für hohe Geschwindigkeiten erwacht, so dass er seit seinem zehnten Lebensjahr Bootsrennen fuhr. Auch heute noch widmete er sich in seiner Freizeit am liebsten den Rennbooten.
    Nachdem er das Skullboot sicher verstaut hatte, ging er die Innentreppe zur Wohnetage hinauf und dann ein paar weitere Stufen ins Turmschlafzimmer. Er warf seine Ruderkluft in einen Wäschekorb und spülte sich mit einer heißen Dusche die morgendlichen Strapazen vom Leib. Als er sich vor dem Spiegel abtrocknete, nahm er die Schusswunde in Augenschein. Sie war nicht mehr entzündet und rot, sondern hatte sich rosa verfärbt.
    Schon bald würde sie genauso blass sein

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