Das Todeswrack
Frau, nicht atemberaubend schön oder allzu sexy, aber auf eine mädchenhafte Art lebhaft und munter, was die meisten Männer sehr reizvoll fanden.
»Gut«, sagte sie. »Kann ich Sie und Ihre Vögel irgendwohin mitnehmen?«
»Das wäre sehr nett von Ihnen. Im Gegenzug kann ich Ihnen eine kühle Erfrischung versprechen. Das lange Warten in der Hitze ist bestimmt nicht sonderlich angenehm gewesen.«
»Es war gar nicht so schlimm«, sagte Gamay, obwohl ihr Haar sichtlich derangiert wirkte, ihr T-Shirt am Sitz klebte und Schweiß von ihrem Kinn tropfte.
Chi nickte. Er wusste die höfliche Lüge zu schätzen. »Setzen Sie ein Stück zurück, und folgen Sie dann eine Weile diesem Pfad.«
Sie ließ den Motor an, legte den Rückwärtsgang ein, fuhr ein Stück zurück und bog dann langsam von der Straße ab. Die Reifen folgten den getrockneten Schlammfurchen durch den dichten Wald. Nach ungefähr vierhundert Metern lichteten sich die Bäume, und der Pfad stieß auf eine sonnenbeschienene Lichtung, auf der eine Eingeborenenhütte stand. Die Wände des Gebäudes waren aus Ästen gefertigt, und das Dach war mit Palmblättern gedeckt.
Sie stiegen aus dem Wagen und gingen nach drinnen. Die gesamte Einrichtung bestand aus einem Klapptisch aus Metall, einem Segeltuchstuhl und einer geflochtenen Hängematte. An den Dachsparren hingen zwei Propangaslampen.
»Mag es auch noch so bescheiden sein, es gibt kein
casa,
das so ist wie meines«, sagte Chi und klang dabei so, als würde er das wirklich ernst meinen. Er fuhr mit dem Zeh über den festgestampften Erdboden. »Dieses Stück Land hat schon immer meiner Familie gehört. Im Lauf der Jahrhunderte haben Dutzende von Häusern auf diesem Fleck gestanden, und seit Anbeginn der Zeit haben sie alle gleich ausgesehen. Meine Leute haben gelernt, dass es einfacher war, ein Haus wie dieses immer wieder aufzubauen, als sich an der Konstruktion eines Gebäudes zu versuchen, das Wirbelstürme und Holzfäule überdauern würde. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Ja«, sagte Gamay und hielt nach einem Kühlschrank Ausschau. »Vielen Dank. Das könnte ich jetzt wirklich gut gebrauchen.«
»Bitte folgen Sie mir.« Er verließ die Hütte und bog zwischen den Bäumen auf einen ausgetretenen Pfad ein. Nach etwa einer Minute kamen sie an ein gemauertes Haus mit Wellblechdach.
Der Professor öffnete die unverriegelte Tür, und sie gingen hinein. Chi griff in eine dunkle Nische, kramte dort herum und murmelte etwas auf Spanisch. Nach einigen Sekunden sprang ein Motor an.
»Wenn ich weggehe, schalte ich den Generator ab, um Sprit zu sparen«, erklärte er. »Die Klimaanlage müsste jeden Augenblick anlaufen.«
Über ihren Köpfen schaltete sich eine nackte Glühlampe ein.
Sie standen in einem schmalen Durchgang. Leuchtstoffröhren erwachten flackernd zum Leben und erhellten einen großen fensterlosen Raum mit zwei Arbeitstischen.
Darauf befanden sich ein Laptop-Computer samt Scanner und Laserdrucker, mehrere Stapel Papier, ein Mikroskop mit Objektträgern sowie allerlei Plastiktüten voller Steinbrocken.
Vereinzelt lagen größere Stücke herum, die bereits sorgfältig mit Schildchen versehen worden waren. Überall stapelten sich Aktenordner. Die Bücherregale ächzten unter dem Gewicht dicker Bände. An der Wand hingen topographische Karten der Halbinsel Yukatan, Fotos einiger Ausgrabungsstätten und Zeichnungen von Steinmetzarbeiten der Maya.
»Mein Labor«, sagte Chi mit merklichem Stolz.
»Beeindruckend.« Gamay hätte nie damit gerechnet, hier mitten im Nirgendwo ein voll ausgestattetes archäologisches Labor zu Gesicht zu bekommen. Dr. Chi steckte voller Überraschungen.
Chi spürte ihre Verwunderung. »Die Leute sind manchmal erstaunt, wenn sie den Unterschied zwischen meiner Unterkunft und meinem Arbeitsplatz sehen. Außerhalb von Mexiko City benötige ich lediglich ein paar grundlegende Dinge zum Überleben. Einen Platz zum Schlafen und Essen, eine Hängematte mit Moskitonetz und ein Dach, um den Regen abzuhalten. Aber wenn man arbeiten muss, sieht die Sache schon anders aus. Man braucht das nötige Handwerkszeug. Und hier befindet sich das wichtigste Gerät zur Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen.«
Er ging zu einem verbeulten, aber funktionierenden Kühlschrank und stopfte die Jagdtasche in eines der Fächer.
Dann nahm er zwei Dosen Limonade heraus, gab ein paar Eiswürfel in zwei Plastikbecher und goss die Getränke ein. Er schob einige Unterlagen
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