Das Tor nach Andoran (German Edition)
und schob gemeinsam mit seinem Vater den Wagen in die Remise. Anschließend brachte er noch die Pferde in den Stall, danach ging er mit seinen Geschwistern ins Haus. Julians Mutter hatte für sie schon das Abendessen auf den Tisch gestellt. Die Familie machte sich nach einem langen Tag hungrig und mit großem Appetit darüber her. Nach dem Abendessen schickten seine Eltern die jüngeren Geschwister ins Bett, um über Julians Aufgabe in diesem Sommer zu reden.
Julians Mutter, die seine aufgekratzte Stimmung bemerkte, schien, noch bevor sein Vater zu sprechen anfing zu wissen, worum es ging.
»Ich hab mich entschieden,« fing Vater bedächtig zu sprechen an, »Julian wird anstatt Will auf die Hochweide gehen, ich hab´s ihm versprochen.«
»Das kann nicht dein Ernst sein, der Junge ist gerade sechzehn geworden und du behandelst ihn wie einen Erwachsenen. Er ist den Strapazen, die ein Sommer auf der Weide mit sich bringt, noch nicht gewachsen. Weshalb hast du ihm es versprochen? ...,« brauste seine Mutter, wie von Julian befürchtet auf.«
Er hörte die raue Stimme seines Vaters, die seiner Frau antwortete. »Ich war vierzehn, als mich mein Vater das erste Mal auf die Sommerweide schickte und ich bin gut zurechtgekommen. Julian wird es auch schaffen, verlass dich drauf, oder willst du, dass er auf den Viehtrieb nach Stelen dabei ist. Das ist auch nicht ganz ungefährlich. Denk nur an den Strom, den wir überqueren müssen. Auf der Weide ist es sicherer für Julian, als bei einem Viehtrieb der über Wochen hinweggeht. Die Strapazen, die auf Julian zukämen, sind wesentlich größer als in den Hügeln bei der Herde. Er kann hervorragend mit dem Bogen umgehen und er hat seine Hunde dabei, die keinen Bären oder Wolf in die Nähe der Herde lassen. Warum willst du ihn nicht gehen lassen? Er ist erwachsen genug, um zurechtzukommen.«
Der sorgenvolle Gesichtsausdruck seiner Mutter, dämpfte Julians Stimmung, aber als sie schließlich doch zustimmte, überschlug er sich fast vor Freude. Doch vorher nahm sie seinem Vater das Versprechen ab, sobald er von seiner Reise heimkehrte sofort in die Hügel zu gehen, um nach Julian zu sehen.
»Und du mein Junge versprichst mir besonders auf dich aufzupassen, und keine unnötigen Risiken einzugehen. Versprich es mir,« forderte sie ernst von Julian.
»Bitte Mutter, wenn es dich beruhigt. Ich verspreche, mich genau an die Anweisungen von Vater zu halten. Ich werde kein unnötiges Risiko einzugehen …… versprochen,« beteuerte er, dabei legte Julian seine rechte Hand auf die Herzseite seiner Brust, was einem Schwur gleichkam.
Die kommenden Tage waren angefüllt mit den Vorbereitungen, die für den Auftrieb zur Sommerweide getroffen werden mussten. Die jungen Schafe und Ziegen, die den Sommer auf der höher gelegenen Weide verbringen sollten, mussten aussortiert und gezählt werden. Julian kroch des Abends erschöpft und hundemüde von der kräfteraubenden Tätigkeit in sein Bett, wo er augenblicklich tief und traumlos schlief.
Der Tag auf den Julian fieberhaft gewartet hatte brach endlich an. Der Pferch mit den Tieren lag noch im Dunst des Morgennebels, der sich aber sicher im Laufe des Morgens auflösen würde. Julian fand nach kurzem Suchen den Leithammel, den er an einem Strick um den Hals aus dem Gatter führte. Erwartungsvoll folgte ihm seine Herde. Die meisten der älteren Tiere kannten die Sommerweide, nur die jüngeren zögerten noch, sich ihm anzuschließen. Endlich war es so weit und noch vor Sonnenaufgang brachen sein Vater, Arthur und der Knecht Will mit der Herde zu den Hochweiden auf.
Begleitet wurde Julian von Trina der jungen Hirtenhündin. Die anderen Hunde, die Julian in den kommenden Monaten halfen, würden Bären und Wölfe von der Herde fernzuhalten. Sie liefen in freudiger Erwartung um die Herde und trieben sie gemächlich auf die Hügel zu. Auch sie waren froh endlich wieder die Bewegung zu genießen, die sie in den langen Wintermonaten vermissten.
Diese Hunde wurden eigens zu diesem Zweck gezüchtet und waren genauso wertvoll wie jedes andere Tier der Herde. Schon als Welpen wuchsen sie bei den Schafen auf und betrachteten sie naturgemäß als ihr Rudel, das sie gegen jeden Feind verteidigten. Egal ob Wolf oder Bär, die Hunde kämpften, gegen jeden der versuchte, ein Tier zu reißen. Sie waren wachsam und so hielten sich die Verluste das ganze Jahr über in Grenzen. Selbst wenn die Wölfe in besonders strengen Wintern bis ins Tal und vor ihren Hof
Weitere Kostenlose Bücher