Das Tor nach Andoran (German Edition)
kamen.
Trina die junge Hündin nahm eine besondere Stelle in Julians Herzen ein. Den ganzen Winter über galt es als nicht sicher, dass sie überleben würde. So hatte sich das Band zwischen Trina und Julian, der sie mit der Flasche aufzog, besonders eng gezogen. Julian nahm sich vor, Trina zu einer ebenso guten Hüterin auszubilden wie es die acht anderen Hunde waren, die ihn begleiteten.
Julian schätzte sich glücklich, den Sommer alleine mit der Herde verbringen zu dürfen, aber es mischte sich auch ein wenig Besorgnis in seine Gedanken.
*War er alleine auf sich gestellt den Widrigkeiten der Natur, und der Verantwortung die auf ihm lastete gewachsen? Sein Vater schien ihm zu vertrauen und er nahm sich vor, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen. *
Langsam näherte sich die Herde dem engen Eingang zu den Hügeln. Der Weg führte vorbei an steilen Hängen und wurde zunehmend schmaler, sodass sich die Herde auseinanderzog. Dies war der gefährlichste Abschnitt auf ihrem Weg.
Die Hunde konnten die Schafe und Ziegen nicht richtig zusammenzuhalten. Sie versuchten ständig auf die steilen Hänge auszuweichen, was für die Hunde anstrengende Arbeit bedeutete, sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Auf diesem Teilabschnitt kam es öfter vor, dass im dichten Unterholz Wölfe und andere Raubtiere im Hinterhalt lagen, die einem unvorsichtigen Schaf oder einer Ziege auflauerten. Julian suchte besonders sorgfältig das Gelände nach solchen Räubern ab.
Er atmete erleichtert auf, als sich der enge Weg zu einem Tal erweiterte und ihnen ein Gatter den Weg versperrte. Sie waren am Ziel. Hier erstreckte sich eine weitläufige Einsenkung, zu der nur dieser Weg führte. Es gab keinen anderen Ausgang. Zu beiden Seiten erhoben sich steile dicht bewaldete Hänge, die sogar von den Schafen gemieden wurden und auf denen sich nur die Ziegen wohlfühlten. Es gab jedoch im Talboden genügend saftiges Gras, sodass sie es nicht für nötig fanden, Klettertouren zu unternehmen. Der kleine Bach, der quer durch das Tal floss, lieferte ausreichend Wasser. Selbst an den heißesten Tagen gab er genügen Wasser ab, das von den Hügeln herabkam. Ein idealer Flecken Erde um den Sommer über die Tiere hier zu halten. Julian, der mit dem Leithammel vorne ging, öffnete das Gatter und ließ ihn frei. Sofort folgte blökend die restliche Herde und verteilte sich auf dem von einzelnen Ahornbäumen bestandenen Talgrund. Julian wartete auf seinen Vater und seinen Bruder, der mit Will dem Knecht die Ziegen durch das Gatter trieb, und verschloss dasselbe sorgfältig. So wie er es die Jahre zuvor von seinem Vater gelernt hatte.
Unter einer Ansammlung von Ahornbäumen, die etwas seitlich standen, duckte sich eine Hütte aus roh bearbeiteten Bohlen. In ihr fand Julian den Sommer über Schutz vor den Unbilden der Natur und war mit allem ausgestattet, was man hier draußen benötigte. Ein Bett, ein kleiner Ofen und einen in die Erde eingelassenen Lagerraum, in dem er die Vorräte unterbringen konnte.
Den Rest des Tages verbrachten sein Vater, Arthur und Will damit Julian zu helfen sich einzurichten. Arthur lief ein wenig bedrückt und traurig herum und als ihn Julian fragte was er denn habe, gestand ihm sein Bruder. »Ich möchte bei dir bleiben. Kannst du nicht mit Vater reden, ob wir zwei nicht auf die Herde aufpassen können. Ich kann dir helfen, ich habe viel gelernt.«
»Daraus wird nichts Arthur,« vernahmen sie die Stimme ihres Vaters, der die Frage gehört hatte, »ich brauche dich auf dem Hof. Vielleicht ist es im nächsten Jahr so weit, dass du Julian begleiten kannst.«
Nach einem bescheidenen Abendessen legten sich alle zur Ruhe und schliefen, und früh am nächsten Morgen brach sein Vater mit Artur und Will wieder auf. Julian winkte ihnen noch lange nach, bis sie hinter dem Gatter aus seinem Sichtfeld verschwanden. Nun war er ganz auf sich alleine gestellt. Sogleich machte er sich an die Arbeit und versuchte das komische Gefühl der Einsamkeit, das sich auf einmal breitmachte, zu ignorieren.
Die ersten Tage verbrachte Julian damit, die Herde aufzuteilen. Er sonderte die Jungtiere aus und trieb sie in einen eigens dafür aufgestellten Wanderpferch. So hatten die Jungtiere ihre Ruhe vor den Reibereien unter den Alttieren, die zur Schafbrunft üblich waren. Nebenbei kümmerte er sich um die Erziehung von Trina, die ihm nicht von der Seite wich. Selbst Viktor der Leithund brachte sie nicht dazu, sich dem Rudel anzuschließen, obwohl er
Weitere Kostenlose Bücher