Das Tor nach Andoran (German Edition)
ansah. »Ich hole mein Pferd, das ich vor dem Gatter zurückgelassen habe, dann sehen wir weiter.« Im Vorbeigehen meinte er mit einem Lächeln zu Julian.
»Bereitest du Frühstück zu? Mit vollem Magen sieht die Welt viel freundlicher aus.«
Julian nickte verdutzt und ging zu der kleinen Feuergrube, über der noch der Kessel mit dem ausgefallenen Abendessen von gestern hing, und entfachte ein Feuer. Bald dampfte der Kessel und ein verführerischer Duft von Gemüse erfüllte die Luft.
Zwei Tage waren seit diesen Ereignissen vergangen und Gandulf versuchte bisher vergebens, Riana von der Notwendigkeit ihrer Rückkehr zu überzeugen. Jedes Mal erhielt er die gleiche Antwort.
»Ich bin nicht bereit dafür.« Selbst als er ihr im Scherz damit drohte, sie zu fesseln und dafür zu sorgen, dass sie in ihre Welt ging, funkelte sie ihn zornig an. Einmal schnappte sie sich Julians Jagdmesser und setzte es sich an die Brust.
»Töte mich gleich, dann bist du mich und dein Problem los,« stieß Riana aufgebracht hervor und sah ihm in die Augen. Mit dem Messer vor der Brust stellte sie sich vor Gandulf hin und ihre indigoblauen Augen blitzten ihn zornig an.
»Meine Mutter hat mir prophezeit, dass ich eines Tages zurückkehren werde, sollte ich dazu bereit sein, dem Baron gegenüberzutreten. Bestehst du jetzt auf deiner Forderung Wächter, kannst du mir das Messer gleich in die Brust stoßen. Ich bin noch nicht bereit dazu. Verstehst du das?« Gandulf sah Riana über ihren Gefühlsausbruch verwundert an und nickte nur. Er hätte nicht erwartet, mit seiner nicht ernst gemeinten Drohung, eine derartige Reaktion auszulösen. Überhaupt so fiel Gandulf auf, hatte sich Riana in den letzten beiden Tagen Zusehens verändert.
Ihre Bewegungen wurden geschmeidiger und fließender in dem für sie ungewohnten Körper, mit dem sie immer besser umgehen konnte. Auch mental veränderte sie sich. Aus dem verschüchterten Mädchen entwickelte sich eine Kämpferin, die nicht gewillt war, alles klaglos hinzunehmen. »Wärst du bereit, wenn du deine wahre Gestalt wieder hättest,« mischte sich Julian ein, den Rianas Ausbruch ebenso überraschte, weil er befürchtete Riana könnte, sich etwas antun, wenn Gandulf sie weiter bedrängte.
Julian, der am Eingang zu der Hütte stand, hielt einen hölzernen Behälter mit Milch gefüllt in der Hand. Er kam soeben vom Melken zurück und bekam die letzten Worte Rianas, die sie mit Gandulf wechselte noch mit. Ihr Kopf ruckte zu Julian herum und ihr weißes Haar folgte dieser Bewegung. Es sah aus als brande eine Welle aus weißer Gischt gegen ihr Gesicht. »Weist du jemand, der dies fertigbrächte,« fragte sie Julian bestürzt.
Julian schüttelte verneinend den Kopf. »Ich bin der Sohn eines Schafzüchters schon vergessen? Ich kenne keine Magier und Zauberer, aber Gandulf vielleicht,« antwortete er und sah den Wächter dabei an. Gandulf stieß einen schnaubenden Laut aus und verließ die Hütte.
Der Wächter wirkte seit Tagen gereizt und bärbeißig. Die Anspannung die Gandulf ausstrahlte konnte Julian fast körperlich fühlen und er fragte sich, wie der Wächter sich entschied. Als Julian den Behälter mit der Milch auf den kleinen Tisch stellte, trafen sich ihre Blicke.
Rianas indigoblaue Augen sahen ihn dankbar an und das Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitete. Es erinnerte ihn an Ameisen, die seine Magenwände als Klettergarten benutzten.
Julian spürte, wie eine heiße Röte sein Gesicht überzog, und wandte sich zum Gehen, da hielten ihn Rianas Worte zurück. »Glaubst du, er schickt mich wieder nach Andoran? Ich werde sterben, wenn er das tut.« Julian konnte diese Frage beim besten Willen nicht beantworten. Mit einem hilflosen Achselzucken ging Julian aus der Hütte und lief zur Feuerstelle.
Die Schatten der nahenden Dämmerung zog die Flanken der Berge herab und senkten sich auf den Talgrund. Julian saß neben Riana am Feuer und beobachtete Gandulf, der die Schüssel mit dem Fleischtopf von Julian entgegen nahm und in sich hineinschaufelte. Ihm brannte eine Frage auf der Zunge, und als Gandulf die Schüssel geleert hatte, platzte Julian sie mit ihr heraus.
»Wirst du Riana helfen oder sie in den sicheren Tod schicken?« Gandulf sah den Jungen verwundert an. Julian hatte die Auseinandersetzung mit Riana mitbekommen und es schien ihm angebracht Riana und ihm seinen Standpunkt zu erklären.
»Glaube nicht, dass ich es mir leicht mache, aber es gibt den Kodex der Weltenwächter, an
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