Das Tor nach Andoran (German Edition)
verschwunden war.
Julians Hand kraulte gedankenverloren das Nackenfell der Hündin, während er sich die Welt vorzustellen versuchte, aus der Riana kam. Lange saß er so da und ihm wurde mehr und mehr die Tatsache bewusst, dass er Gandulf und Riana auf ihrer Reise nicht begleiten konnte.
Julian stocherte in der Glut des Feuers und ohne den Blick zu heben, fragte er Gandulf. »Wann wirst du mit Riana fortgehen?«
Gandulf legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Ich weiß, weshalb du mir diese Frage stellst, Julian. Du verstehst aber sicher auch, warum du uns nicht begleiten kannst. Dein Platz ist bei der Herde und dein Vater wäre bestimmt enttäuscht von dir, wenn du sie im Stich lässt. Du bekommst gewiss noch eine Gelegenheit dir die Welt anzusehen und Abenteuer zu erleben, doch dies ist nichts für dich mein Junge.«
Gandulf bemerkte das enttäuschte Gesicht von Julian und hoffte der Junge würde keinen Blödsinn anstellen. Wenn Riana recht behielt und die Sucher des Barons nach ihr suchten, wollte er den Jungen nicht in Gefahr bringen. Riana jedenfalls war der festen Überzeugung, dass der Baron nicht aufgeben würde. Wenn diese der Fall war, konnte es durchaus zu einem Kampf kommen, in den er verwickelt wurde. Dies alles erklärte er Julian.
»Du siehst ein, dass es aus diesen Gründen unmöglich ist, dich auch noch in Gefahr zu bringen,« beendete Gandulf seine Erklärung. Ein leises Rascheln und das Knacken eines trockenen Astes ließen Julian und Gandulf nach hinten sehen. Zwischen den Bäumen stand Riana und sie schien ihr Gespräch mit angehört zu haben. »Du kannst Julian ruhig seine Frage beantworten, denn mich interessiert auch, wann du vor hast aufzubrechen,« sagte sie mit klangloser Stimme.
Während Riana sich auf die Kochstelle zubewegte, sah Julian fasziniert den Schimmer in ihren Haaren. Das Licht des flackernden Feuers tanzte darauf und tauchte ihr Haar in einen bronzenen Schimmer. Julian überließ ihr bereitwillig den kleinen Hocker, den er benutzte, um die Ziegen zu melken. Riana setzte sich neben Julian und sah Gandulf auffordernd an.
»Wann ist es so weit?« Gandulf erwiderte ihren Blick, dann sagte er knapp. »Morgen. Wir reiten zuerst zu meiner Farm und besorgen ein Pferd für dich und was man sonst noch für eine lange Reise benötigt. Danach machen wir uns auf den Weg.«
Julians Kiefer klappte nach unten und er starrte Gandulf an. »Wann … wann brecht ihr auf,« stotterte er und tastete unbewusst nach Rianas Hand. Gandulf sah die Überraschung in Julians Gesicht, aber er hatte keine andere Wahl. Sonst könnte er gleich hier bleiben und auf die Sucher des Barons warten.
»Morgen in aller Frühe, denke ich,« wiederholte er tonlos. Bedrücktes Schweigen breitete sich wie eine dunkle Gewitterwolke über ihren Köpfen aus und jeder hing für sich seinen Gedanken nach.
»Ich möchte euch von meiner Welt erzählen, schon um Julian auf andere Gedanken zu bringen,« unterbrach Rianas Stimme das Schweigen. »Es ändert die Dinge nicht wenn wir uns wie Statuen gegenübersitzen und schweigen. Mit einem aufmunternden Lächeln begann sie, die Welt zu schildern, aus der sie kam. In Julians Fantasie zog er mit Rianas Herde über die bewaldeten Hügel, deren Bäume bunt im goldenen Licht des Herbstes erstrahlten. Schritt mit ihr über die saftigen grünen Weiden, wo sich die Gräser im sanften Luftzug des Windes wiegten. Er trank von dem kristallklaren Wasser der Bäche, welche die unendlichen Ebenen wie die Adern eines Blattes durchquerten und sah den funkelnden Sternenhimmel von Andoran über sich, wenn er sich des Nachts zum Ruhen legte.
»Das Wasser der Bäche schmeckt wie köstlicher Nektar,« rief Riana begeistert aus und ihre Augen begannen bei der Erinnerung daran, zu leuchten. Je mehr sie von ihrer Welt erzählte umso stärker wurde in Julian der Wunsch, diese Welt mit eigenen Augen zu sehen.
Plötzlich verfinsterte sich ihr Gesicht, als sie das Gespräch auf den schwarzen Baron brachte. Sie schilderte die Sucher, die in dessen Diensten standen und die gnomenhaften Jäger mit ihren riesigen Hunden. Riana hob besonders den Ruf der ihnen anhaftete hervor.
»Sie finden jede Fährte und verfolgen ihre Beute erbarmungslos, bis sie erlegt ist.« Riana machte eine lange Pause und Julian fühlte, dass es Riana nicht leicht fiel fortzufahren.
»Einst war der schwarze Baron einer von uns,« fuhr Riana mit gedämpfter Stimme fort. »Sein Name ist Kisho. Er schlug den Weg der Gewalt
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