Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Habt ihr sie gesehen?«
Richard und Catlin hoben die Schultern und schüttelten besorgt die Köpfe.
Als draußen vor der Tür plötzlich dumpfe Männerstimmen zu hören waren, erschrak der Schmied beinahe zu Tode. »O mein Gott, sie kommen zurück!«, rief er bebend und wollte schon nach einem Vorschlaghammer greifen, doch er konnte sich kaum auf den Beinen halten und strauchelte.
Richard straffte energisch die Schultern, als wolle er sich wappnen, und legte die Hand an den Griff seines Schwertes, bereit, möglichen Angreifern entgegenzutreten, während Catlin ihren Vater stützte.
»Hallo?«, rief eine Stimme von draußen. »Richard?«
»Adam! Der Herr sei gepriesen.« Richard atmete auf und stürmte zur Tür. »Wie kommst du hierher?«, empfing er den Freund verwundert und dankbar zugleich.
»Einer der Jungen kam in die Abtei, die anderen haben wir auf dem Weg aufgelesen.«
»Wir müssen meinen Onkel ins Haus bringen«, sagte Richard. Catlin und der Schmied waren ihm zur Tür gefolgt. »In der Werkstatt liegen zwei Tote.«
Der Schmied knickte kurz ein, fing sich aber wieder.
»Vater, wo sind Winnifred und Elfreda?«, fragte Catlin, als sie sah, dass keine der beiden im Hof war.
Jake, der jüngste Schmiedelehrling, heulte ungehemmt wie ein Kleinkind, aber ihm fehlte nichts. Blake und Duncan hatten tüchtig blutende Platzwunden davongetragen, während Owen nur leicht verletzt war. Jake schien vollkommen verstört. »Winnie!«, heulte er schluchzend. »Wo ist Winnie?«
Kalte Angst kroch Catlin wie eine züngelnde Schlange den Rücken herauf.
»Geh und hilf bei der Suche nach ihr!«, befahl der Vater. »Ich komme allein zurecht«, fügte er hinzu, wankte aber, als Catlin ihn losließ, und hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen.
»Und Elfreda? Was ist mit Elfreda?«, rief Catlin vollkommen von Sinnen vor Angst. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie fürchtete, keine Luft mehr zu bekommen.
»Elfreda ist schon seit Tagen fort. Ihr Vater liegt im Sterben.« Henry rang nach Atem. »Sucht Winnie!«
Die Männer, die mit Adam gekommen waren, hatten bereits mit der Durchsuchung des Wohnhauses begonnen. »Hier ist niemand!«, riefen sie.
Wenn sie nicht im Haus war, musste sich Winnie irgendwo draußen versteckt haben. Catlin sah sich um, drehte sich nach rechts, dann nach links. Es war fast dunkel, wie sollten sie da noch jemanden finden? Den Gedanken, dass die Männer, die die Schmiede überfallen hatten, sie womöglich verschleppt hatten, ließ sie nicht zu. Wo, zermarterte sie sich das Hirn, wo kann Winnie sich verkrochen haben? Als einer der Männer des Königs sich der Hütte näherte, in der das Holz getrocknet wurde, riss Catlin die Hand hoch. »Wartet!«, rief sie, bevor er sich anschicken konnte, die Tür zu öffnen, und rannte darauf zu. Wenn sie sich dort verborgen hielt, würde sie womöglich in Panik geraten, wenn ein Fremder hereinkam.
Catlin zog die Tür einen Spaltbreit auf. »Winnie?« Vorsichtig setzte sie einen Fuß in die Hütte. »Winnifred, ich bin’s, Catlin!« Sie lauschte, vernahm ein ersticktes Schluchzen und trat ein. »Geht es dir gut?« Statt einer Antwort hörte sie nur ein Schniefen. »Hab keine Angst! Sie sind weg.« Catlin ging dem Weinen nach und fand Winnifred unter dem kleinen Tisch, der an einer Schuppenwand stand. In sich zusammengesunken, die Knie bis ans Kinn herangezogen, das Gesicht in beiden Händen verborgen, saß sie da und weinte. Als sie kurz aufblickte, fiel das Licht der bereits tief im Westen stehenden Sonne auf das verschreckte Mädchen, und Catlin bemerkte, dass ein Wangenknochen blutunterlaufen war, als hätte ein Faustschlag sie getroffen.
»Schschsch«, sagte Catlin sanft, versuchte den eigenen Schreck zu verbergen und Winnie zu beruhigen. »Komm!« Sie streckte die Hand aus, doch das Mädchen schüttelte entschlossen den Kopf.
»Ich komme nie wieder hier heraus!«
Catlin seufzte leise und kniete auf dem Boden nieder. »Ach, Winnie«, sagte sie weich, beugte sich vor und strich dem Mädchen sanft über den Kopf. »Um Himmels willen, was ist mit deinen Haaren?« Erschrocken betrachtete sie ihre Hand, in der sie ein ganzes Büschel hielt.
Winnifred schluchzte auf.
Erst jetzt entdeckte Catlin, dass Winnifreds Kleid an der Schulter zerrissen war und nackte Haut freigab, auf der blutige Kratzspuren zu sehen waren.
»Komm mit ins Haus, es ist kalt hier.« Sie wollte Winnifred unter dem Tisch hervorziehen, doch die schlug wild um sich. Hilflos stand
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