Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
sie es auf den verkratzten Armen und Winnies blutunterlaufenem Hals. Gewürgt hatten die Schänder sie also auch. »Es wird alles gut«, murmelte Catlin abermals.
Als Winnie das saubere Kleid anhatte, schien sie bereit, in die Welt zurückzukehren. Vor dem Haus aber blieb sie plötzlich stehen. Sie zitterte am ganzen Leib und fuhr zusammen, als die Tür aufging.
»Elfreda!«, rief Catlin erleichtert und fiel der Haushälterin um den Hals. Tränen rannen ihr über die Wangen.
»Wann bist du zurückgekommen?« Nie hatte Catlin sich so gefreut, Elfreda zu sehen, wie in diesem Augenblick.
»Gerade eben erst. Ich hatte so ein merkwürdiges Gefühl …« Sie betrachtete Winnie mitfühlend und umarmte Catlin. »Ich bin so froh, dass wenigstens dir nichts geschehen ist!«, flüsterte sie ihr ins Ohr.
Catlin entfuhr ein leiser Seufzer. »Sie haben Winnie … sie haben ihr …« Catlin brach ab. Schweiß stand auf ihrer Stirn.
»Ich weiß«, flüsterte Elfreda und ließ Catlin los. »Kommt mit ins Haus!«, forderte sie die beiden mit aufgesetzter Sorglosigkeit auf, nahm Winnie wie ein Kind an die Hand und schob Catlin als Erste hinein. »Ich bereite euch heißen Haferbrei mit Milch und Honig.« Sie lächelte aufmunternd, ließ Winnie auf der Bank Platz nehmen und lächelte gerührt, als sich der halb zu Tode geprügelte Bones schwerfällig erhob und zu ihr hinschleppte. Es war, als spüre er genau, wie sehr das arme Mädchen seiner Wärme und Zuneigung bedurfte. Er winselte leise und stieß Winnie mit der Schnauze an, bis ihre Hand gleichgültig vom Schoß glitt. Er leckte sie tröstend und ließ sich dann mit einem gequälten Schnaufen zu ihren Füßen nieder.
Catlin trat derweil zu dem Lehnstuhl, auf dem ihr Vater saß und schlief. Behutsam küsste sie ihn auf die Stirn, doch er erwachte nicht.
»Was ist mit seiner Hand?« Sie runzelte die Stirn, denn den Verband hatte sie zuvor nicht bemerkt.
»Adam hat sie geschient, soweit ich weiß. Ich glaube, zwei Finger sind gebrochen und anscheinend auch die Hand, hier.« Elfreda wies auf den Knochen, der zum Mittelfinger führte. »Hoffentlich verheilt alles gut.«
»Zum Glück ist es die Rechte«, stellte Catlin fest. »Mit der hält er zwar die Zange, aber mehr Kraft und Ausdauer braucht er mit der Linken, weil er damit schlägt.« Für Catlin und die Lehrlinge war es manchmal verwirrend, wenn der Schmied ihnen etwas zeigte – wie man den Hammer hielt oder die Feile ansetzte, denn alle benutzten dafür die rechte Hand. »Ich habe keine Pferde mehr vor der Schmiede stehen sehen. Sind Richard und seine Männer endlich aufgebrochen?« Catlins Stimme klang aufgebracht.
Elfreda nickte. »Ja, Herz«, murmelte sie. »Sie werden sie kriegen, glaub mir.« Sie bemühte sich ganz offensichtlich um ein zuversichtliches Lächeln, das jedoch eher zweifelnd ausfiel. »Sie wollen sich mit Männern aus der Gegend zusammentun, kennen sich ja hier nicht aus«, erklärte sie.
Catlin setzte sich stumm an den Tisch. Ihr Vater schlief doch tiefer, als sie gedacht hatte. Sein Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig, aber in seinem Gesicht zuckten die Sorgen um die buschigen Brauen.
»Ich habe die Jungen nach Hause geschickt, an Arbeit ist zurzeit ohnehin nicht zu denken.« Elfreda kehrte Winnie den Rücken zu und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Peter und Edwin sind in der Schmiede aufgebahrt, und Duncan holt den Priester«, fügte sie mit gesenkter Stimme hinzu.
Winnie starrte vor sich hin und murmelte etwas. Entweder betete sie, oder sie verfluchte ihre Schänder.
»Hafer, Milch und Honig.« Elfreda sah sich suchend um, hob einige Scherben auf, die am Boden lagen, fand schließlich, was sie suchte, und schürte das Feuer.
»Sie haben die Feuerstelle aufgegraben, weil sie geglaubt haben, dass dein Vater sein Geld dort versteckt. Auf den Gedanken, es in der Schmiede zu suchen, sind sie offenbar nicht gekommen.« Sie rührte in dem Topf mit dem Haferbrei.
»Ich bin gleich zurück.« Catlin schlüpfte aus der Tür und ging hinüber zur Schmiede. Einen Augenblick lang blieb sie unentschlossen davor stehen, dann atmete sie tief durch und trat ein.
Peter und Edwin lagen auf einem breiten Tisch, den die Männer aus drei Böcken und langen Holzbrettern aufgebaut hatten. Ihre Augen waren geschlossen, die Hände auf der Brust gefaltet. Einer der Männer, Richard oder Adam vermutlich, hatte Edwin ein Tuch um die klaffende Wunde am Hals gebunden. Nun schien er zu schlafen –
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