Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Unrecht, wie es hier geschehen war, musste vergolten werden. Wollte der König nicht den geballten Zorn seiner Untertanen auf sich lenken, musste er an diesen Männern ein Exempel statuieren. Marodierende Söldner gaben schon seit geraumer Zeit in weiten Teilen des Landes Anlass zur Sorge, und jungen Adligen wie diesen, die glaubten, sich alles nehmen zu können, weil sie für den König in den Krieg zogen, musste Einhalt geboten werden.
Auf ein Handzeichen Henrys und ein bestätigendes Nicken des Abtes hin wurden die Männer vom Wagen gezerrt. Sie fielen in den Straßenkot und fingen sich Prügel ein, bis sie wieder auf den Beinen waren. Die Fesseln an ihren Füßen ließen nur kleine Schritte zu, doch das war den Schaulustigen gleich. Sie wünschten sich nichts sehnlicher, als die fünf Männer so bald wie möglich auf dem Podest in der Mitte des Platzes zu sehen, wo die Galgen für sie bereitstanden.
Soldaten des Königs zerrten die Verurteilten dort hinauf. Auch ihnen sollten die Hinrichtungen als Abschreckung dienen. Jedermann sollte wissen, dass der König gerecht war und hinterhältigen Mord bestrafte, ganz gleich, welcher Herkunft die Täter waren. Viel zu oft waren die kleinen Leute der Willkür ihrer Lehnsherren – Adligen oder habgierigen Klerikern – ausgeliefert. Das schürte ihren Hass und konnte auf Dauer zu nichts Gutem führen. Abt Hugh wusste das nur allzu gut, und genau aus diesem Grund war auch er dafür gewesen, die Schuldigen ohne langes Federlesen aufzuknüpfen.
»Bevor sie dem Tod durch den Strick überantwortet werden, sollen die Verbrecher ihre Schuld vor dem Herrn bekennen und bereuen können.« Auf einen Wink des Königs hin eilte ein Priester herbei.
Aus der Menge waren Buhrufe zu hören. Man wollte die Unholde in der Hölle wissen. Keinem von ihnen sollte Gott vergeben.
Der Betende beichtete dem Priester leise murmelnd und empfing das Kreuz, das dieser über seiner Stirn zeichnete, in Demut. Der Feiste heulte nur, und der Wütende bespuckte den Gottesmann. Die Zwillinge stießen so schmutzige Worte aus, dass der Priester vor Empörung errötete, ihnen das Zeichen des Kreuzes verweigerte und das Podest verließ.
Nun legte der Henker jedem der Verbrecher eine Schlinge um den Hals und zog sie enger, dann stiegen auf sein Zeichen hin vier kräftige Männer auf das Podest.
Der Feiste heulte laut auf, der Stiernackige schimpfte noch wütender, und der Ältere betete noch inbrünstiger, während die Zwillingsbrüder weiterhin unberührt und voller Hochmut auf die Menge hinabsahen.
Mit aller Kraft zogen nun die Männer den ersten Verurteilten am Galgen nach oben. Es war der Feiste, den sie langsam in die Höhe hievten. Sein lautes Heulen erstarb in einem Gurgeln. Er zappelte und schaukelte, wehrte und wand sich, bis sein Gesicht erst rot, dann blau anlief. Er hörte auf zu kämpfen und röchelte nicht mehr. Seine Zunge schob sich zwischen den Zähnen hervor. Dann war der Nächste an der Reihe.
»Herr, vergib mir!«, rief der Reumütige laut. Ein faules Ei traf ihn am Kopf, zerschellte an seiner Stirn und lief ihm fürchterlich stinkend am Gesicht herab. Er wehrte sich nicht, als die Männer ihn hochzogen, zuckte und krampfte nur, bis sein Gesicht violett verfärbt und aufgedunsen war.
Als Nächster kam der Wütende an die Reihe. Er bedrohte die Männer, die hinter ihm am Seil standen, verfluchte alles und jeden, spie und spuckte, bis sie endlich zogen und ihm jedes Wort auf den Lippen erstarb. Obwohl die Männer stark waren, hatten sie dennoch Mühe, ihn vom Boden des Podestes abzuheben. Er war schwer und strampelte ebenso wütend, wie er zuvor getobt hatte. Der Henker, der bis dahin nur zugesehen hatte, musste seinen Männern zu Hilfe kommen. Pferdemist und faule Eier trafen den Sterbenden als Vergeltung für seine Verwünschungen. Er gurgelte laut, als wolle er noch einmal schreien, dann wurde er immer ruhiger.
Als der erste der beiden Zwillinge gehängt wurde, flogen wieder Steine. Der Hochmut der Männer kam bei den Schaulustigen schlechter an als der Zorn des Stiernackigen oder der Kleinmut des Heulenden. Am wenigsten Zorn hatten sie dem Betenden gegenüber empfunden, der immerhin zu bereuen schien, auch wenn sie ihm die Vergebung ebenso wenig gönnten wie seinen Spießgesellen. Den beiden Aalglatten aber wünschten sie noch grausamere Höllenqualen als den anderen. Ein Stein traf den Mann, der als Nächster hängen sollte, am Kopf. Eine seiner Brauen platzte auf, und Blut
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