Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
gesprochen, einen Boten nach Orford zu schicken. Sein alter Freund Raymond leitet die Schmiede dort. Sie gehörte meiner Großmutter, und eines Tages wird sie mein sein, sagt Vater. Auch wenn Raymonds Ältester sie weiterhin führen und mir Pacht zahlen soll. So wurde es für den Fall bestimmt, dass mein Vater nicht mindestens zwei Söhne hat.« Catlin seufzte. »Ich frage mich, was er von Raymond will. Wahrscheinlich hofft er, dass einer seiner Söhne als neuer Geselle zu uns in die Schmiede kommt.«
Mabel zog die Augenbrauen hoch. »Hört sich an, als könnten für dich bald die Hochzeitsglocken läuten.«
Catlin erschrak. »Nein!«, rief sie hastig und schüttelte den Kopf. »Ich bin noch viel zu jung zum Heiraten!«
»So viel ja auch nicht und …« Mabel legte den Kopf schief. »Eine Heirat will abgesprochen und vorbereitet sein. Ein Jahr Verlobung ist durchaus üblich, außerdem will sich dein Vater gewiss davon überzeugen, dass du anständig unter die Haube kommst, bevor er dir eines Tages die Schmiede vererbt.« Sie nickte nachdrücklich, als Catlin schwieg, dann winkte sie ab. »Aber du wirst sehen, das wird sich alles ergeben. Womöglich sucht dein Vater nur den Rat eines alten Freundes.«
Catlin nickte nachdenklich. Was, wenn ihr Vater doch plante, sie zu verheiraten? Sie dachte an Peter und die Geschichte, die er ihr über die Liebe ihres Vaters zu ihrer Mutter erzählt hatte. Nein! Sie schüttelte den Kopf. Er würde sein einziges Kind nicht an einen fremden Mann verkaufen, nicht einmal um die Zukunft der Schmiede zu sichern.
»Ich muss gehen«, sagte Mabel. »Meine Mutter ist unrein und immer dann besonders übel gelaunt. Wenn ich trödele, gibt es nur wieder Schelte.«
»Gewiss, geh nur!« Catlin zwang sich zu einem Lächeln. Sie kannte Mabels Mutter gut genug, um zu wissen, dass ihre Freundin recht hatte.
»Mach dir keine Sorgen!« Mabel legte ihr eine Hand auf den Arm. Es tat ihr offensichtlich leid, dass sie der Freundin mit ihren Vermutungen Angst gemacht hatte. »Bestimmt ist alles ganz harmlos«, versuchte sie sie aufzumuntern.
Catlin lächelte zweifelnd und begleitete Mabel noch ein Stück über den Hof. »Nun geh schon!« Sie winkte zum Abschied. Die Furcht aber blieb, ihr Vater könne Pläne mit ihr haben, in die sie nicht eingeweiht war. Noch immer in Gedanken, schlenderte sie zu dem großen steinernen Turm, in dem Thomas und der Glockengießer arbeiteten.
»Scher dich hinaus, und lass dich nie wieder blicken!«, hörte sie den Meister außer sich vor Zorn brüllen. Dann stolperte ihr ein junger Mann entgegen, sah sie überrascht an, murmelte etwas Unverständliches und stürzte an ihr vorbei.
Die Lust, dem Glockengießer zu helfen, war Catlin plötzlich vergangen. Von der anderen Seite des Hofes aber kam Thomas auf sie zu, also wartete sie auf ihn. Mit gerunzelter Stirn sah er sich nach dem Fremden um, der mit langen Schritten davonging. »Wer war das?«
»Keine Ahnung.« Catlin wies mit dem Daumen hinter sich auf den Turm. »Er kam von drinnen. Ich glaube, sie haben gestritten. Ich habe gehört, wie der Meister ihn angebrüllt hat.«
Thomas zuckte gelangweilt mit den Schultern. »Mir ist es gleich. Der Glockenmantel ist fertig und muss erst trocknen, wir können ohnehin nichts tun.«
Catlin nickte erleichtert und hob die Hand zum Gruß »Bis dann also.«
Nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, wo er den Meister fände, hatte Randal sich große Hoffnung auf eine Versöhnung gemacht und sich genau zurechtgelegt, was er zu seiner Verteidigung vorbringen wollte. Doch das Ganze war aus dem Ruder gelaufen.
Zwei Jahre war es her, seit der Meister ihn fortgejagt hatte wie einen räudigen Hund. Randal konnte noch immer nicht fassen, was geschehen war und wie es ein zweites Mal dazu hatte kommen können. Er ballte die Fäuste. Seine Fingernägel bohrten sich in das Fleisch der Handflächen. Schmerz hatte etwas Erlösendes. Sechs, fast sieben Jahre lang hatte er dem Meister gedient, hatte alles von ihm gelernt und allzeit getan, was dieser von ihm verlangt hatte, war ihm ergeben gewesen, bereit, alles zu tun. Nicht einmal zehn war er gewesen, als er zu ihm gebracht und der Lehrvertrag durch Handschlag besiegelt worden war. Die gesamten Ersparnisse und seinen Sohn obendrein hatte das den Vater gekostet, denn schon wenige Wochen später war der Meister mit seinem neuen Lehrjungen weitergezogen. In die nächste Stadt, zu einem neuen Auftrag.
Seitdem hatte Randal seinen Vater nicht mehr
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