Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Weg geschickt hat.« Sie lächelte Corvinus aufmunternd an.
»Und was jetzt?«, wollte Nigel wissen, als sie die Abtei verlassen hatten. »Wir können ihn doch nicht einfach mitnehmen.«
»Es tut mir leid«, jammerte Corvinus und zog die Nase hoch. »Wirklich!«
»Schon gut, Kleiner, dich trifft keine Schuld.« Nigel hob den Jungen auf sein Pferd und stieg hinter ihm auf. Plötzlich hellte sich Nigels Gesicht auf. »Weißt du was?«, fragte er Corvinus.
Der tapfere kleine Kerl schüttelte den Kopf.
»Wenn dich die Kirche nicht mehr will, dann bringen wir dich eben zu deinem Vater zurück.« Nigel nickte vor Freude über seinen großartigen Einfall lebhaft mit dem Kopf, doch sein Lächeln erstarb, als er sah, dass Corvinus’ zarter Körper erneut bebte wie eine Espe im Wind.
»Mein Vater ist tot«, schluchzte der Junge. »Letztes Jahr vor dem Christfest ist er meiner Mutter ins Grab gefolgt, hat der Prior gesagt.« Er zog die Nase abermals geräuschvoll hoch. »Wo soll ich denn bloß hin?«
»Ach, Kleiner!« Nigel legte tröstend die Arme um ihn.
Catlin streckte die Hand aus und tätschelte ihm das Knie. »Mach dir keine Sorgen!«, versuchte sie ihn zu trösten. »Nigel und ich, wir lassen dich nicht im Stich.«
Wochenlang hatte Randal vergeblich versucht, eine vernünftige Arbeit zu bekommen, doch mehr als eine Gehilfenstelle bot ihm niemand an. Gründe, warum er nicht als Geselle arbeiten konnte, nannte man ihm zur Genüge, doch wollten sie ihm nicht so recht einleuchten. Randal war fest davon überzeugt, sein Handwerk zu verstehen und mit den anderen Gesellen, ja, sogar dem Meister Schritt halten zu können. Zweifel, die ihm hin und wieder kamen, spülte er mit Bier hinunter, bis sie zerrannen und er sich wieder stark fühlte. Seine Zukunft aber, das wusste er, musste er selbst in die Hand nehmen. Kein anderer würde das an seiner statt tun.
Es war sein erster Tag in London, und Randal war fest entschlossen, eine Anstellung zu finden. Nicht irgendeinen Broterwerb, sondern eine gute Arbeit, die ihn seinem Ziel näher brachte, wenn auch nur um einen winzigen Schritt. In der Töpfergasse spähte er in eine Werkstatt und dachte bei sich, ein solcher Betrieb könne genau der richtige Ausgangsort für sein Vorhaben sein. Ob man ihn hier gebrauchen konnte? Ohne länger nachzudenken, trat er über die Schwelle und erkundigte sich nach dem Meister. Diesem stellte er sich vor und erklärte, was er gelernt hatte, bei welchem Meister und wie lange. So fragte er mit einem wohlüberlegten Spruch nach Arbeit, Lohn und Unterkunft.
Alles, was Randal ihm erzählte, schien dem Töpfer zu gefallen. Er nickte, lachte und streckte seinem Besucher ohne Zögern die Hand hin. Stolz und in seiner Ehre bestärkt, schlug Randal ein. Der Lohn, den der Töpfer anbot, war nicht eben großzügig bemessen. Bedachte Randal jedoch, dass Unterkunft und Verpflegung hinzukamen, dann würde ihm bei sparsamer Lebensführung dennoch genug bleiben, um jede Woche einige Münzen zur Seite legen zu können. Und weil er wusste, wofür er sparte, war er zunächst durchaus zufrieden.
Die stramme Töpfersfrau ging ihrem Gemahl für gewöhnlich tatkräftig in der Werkstatt zur Hand, wie er erwähnte, doch weil sie erneut guter Hoffnung war und ihm in Bälde ein weiteres Kind schenken sollte, meinte er, einen guten Mann wohl gebrauchen zu können.
»Einen Sohn, möge der Herr mir endlich einen Sohn schenken!«, rief er, hob den Blick, streckte die Hände flehentlich gen Himmel und bekreuzigte sich. »Fünf Töchter habe ich bereits«, klagte er, »doch nicht einen einzigen Sohn. Wenn es so weitergeht, wird meine Merilda eines Tages die Töpferei erben«, fuhr er fort, klopfte Randal auf die Schulter und stellte ihn seiner Familie vor.
Merilda, seine Älteste, war kein Kind mehr und noch keine Frau. Nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht hässlich, nicht schön, nicht groß, nicht klein. Kein Stammhalter, aber auch nicht ohne Hoffnung, doch einmal in den Besitz der Töpferei zu gelangen. Möglicherweise also eine gute Partie.
Randal wusste, dass seine dunklen Augen beim Weibsvolk Eindruck machten. Er hatte schon so manche Erfahrung im Umgang mit jungen Mädchen und wusste beim ersten Blickwechsel mit Merilda, dass sie Gefallen an ihm fand. Er grüßte sie freundlich, schüttelte die Hand jeder ihrer Schwestern und machte der Frau des Meisters Komplimente über ihr behagliches Heim und das gute Essen, das sie ihm vorsetzte, um ihn willkommen zu
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