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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Brust. Stolz reckte er den rechten Arm in die Höhe. »Sieger!«, jubelte er und bewegte den Körper auf und ab, als ritte er auf einem Pferd.
    »Schon gut, du hast gewonnen, ich ergebe mich«, ächzte Nigel, als wäre er dem Knaben wahrhaftig unterlegen. »Rette mich, Catlin!«, bettelte er und röchelte, als ersticke er.
    »Bitte, liebster Corvinus, lass den armen Nigel gehen! Ich schenke dir auch einen Kuss«, flehte Catlin und zwinkerte ihm zu.
    »Hätte ich geahnt, dass ich mir einen Kuss verdienen kann, so hätte ich mich nie von ihm besiegen lassen«, beklagte sich Nigel enttäuscht. »Ich hätte den Kampf und die Gunst der holden Maid gewonnen!« Er griff sich an die Brust und stöhnte, als sterbe er an gebrochenem Herzen.
    Catlin überhörte seine Worte geflissentlich, während Corvinus triumphierte. »Dann bist du also doch in sie verliebt!« Er beugte sich vor, als Nigel die Birne neckend hin und her schwenkte, und versuchte sie zu erhaschen. »Gib sie mir, du Schurke!«, rief er verwegen und griff so lange danach, bis Nigel sie ihm schließlich überließ.
    »Wohl denn«, seufzte Catlin, als wäre sie enttäuscht, dass Corvinus den Kuss nicht von ihr einforderte, »so muss ich wohl zurückstehen, wenn der Magen des tapferen Recken ruft.«
    Corvinus nickte grinsend und verspeiste zufrieden die Birne. Ihn und Nigel wie Brüder miteinander raufen zu sehen erinnerte Catlin an Thomas, mit dem sie sich oft gebalgt hatte, und plötzlich musste sie auch an Winnie und Elfreda, an ihren Vater und den armen Peter denken. Wie weit sie von zu Hause fort war und wie unwahrscheinlich vorerst ihre Rückkehr dorthin war, wurde ihr mit einem Mal schmerzlich bewusst. Catlin erhob sich und wandte sich ab, damit Nigel und Corvinus nicht merkten, wie traurig sie mit einem Mal war.
    »Lasst uns weiterreiten!«, schlug Nigel vor und sprang ebenfalls auf.
    Catlin hatte ihre Augen mit der Hand beschirmt, um die Klosteranlage besser sehen zu können, die sich in der Ferne auf einer sanften Anhöhe erhob. Geheimnisvoll wirkte sie, wenn auch bei Weitem nicht so groß wie die von St. Edmundsbury. Eine große dunkle Wolke schob sich vor das Antlitz der Sonne und warf einen mächtigen Schatten auf die Abtei. »Ich komme«, murmelte Catlin abwesend. Beim Gedanken daran, den tapferen kleinen Corvinus schon bald bei den Ordensbrüdern zurücklassen zu müssen, wurde ihr schwer ums Herz. »Es ist windig geworden«, behauptete sie und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
    Je näher sie der Abtei kamen, desto wehrhafter wirkte das düstere Gemäuer aus dunkelgrauen großen Steinquadern mit seinen beiden gedrungenen Türmen, dem wenig einladenden Torhaus und den schmalen, spitz zulaufenden Fenstern, die an Schießscharten erinnerten. Der Bruder an der Pforte musterte die Ankömmlinge mit ausdruckslosem Blick, bis Nigel ihren Wunsch, den Abt zu sprechen, vorgetragen hatte. »Wartet hier, ich frage nach, ob euch jemand empfängt«, versprach er mürrisch, rief einen schlaksigen Novizen herbei, der an seiner Stelle am Tor wachen sollte, und schlurfte davon.
    Mönche mit hochgeschlagenen Kapuzen wandelten am Torhaus vorüber, schweigend, die Hände in den Ärmeln verborgen, die Blicke andächtig gesenkt. Als aus der Kirche, die linker Hand lag, Gesang an Catlins Ohr drang, musste sie an St. Edmundsbury denken. Wehmut ergriff sie. Zu Hause war man den Trubel beachtlicher Pilgerscharen gewohnt. Hier dagegen schienen die Mönche die Einsamkeit ihrer Klausur zu schätzen. Catlin warf einen besorgten Blick zu Corvinus hinüber. Ob er an diesem Ort glücklich werden würde? Sie lächelte aufmunternd, als er zu ihr aufsah, damit er sich nicht unnötig sorgte.
    Erstaunlicherweise dauerte es nicht lange, bis der Bruder Pförtner flüchtig um die Ecke linste, sie mit einem Handzeichen zum Mitkommen aufforderte und wieder verschwand. Die drei eilten ihm nach, über den Hof der Abtei, der so morastig war, dass ihre Schuhe im Schlamm schmatzten. Draußen war der Boden trocken gewesen. Catlin runzelte die Stirn, bis sie die hölzernen Rahmen entdeckte, in denen je eine Tierhaut zum Trocknen aufgespannt war.
    »Was haben diese Vorrichtungen zu bedeuten?«, flüsterte Nigel, der ihrem Blick gefolgt war.
    »Pergament für das Scriptorium«, antwortete Catlin mit ebenfalls gesenkter Stimme. Auch in St. Edmundsbury hatte es Mönche gegeben, die sich auf die Herstellung von Pergament verstanden hatten. Es war ein mühseliges Handwerk, bei dem die Tierhäute

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