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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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beziehungsweise welchen Schlüssel es zu dem vergrabenen Schatz enthielt. Und er war fest entschlossen, Antworten zu bekommen.
    »Sie haben versucht, mich zu überzeugen, dass Sie kein Killer sind, Professor, und dass Charlotte Voight selbst für ihren Tod verantwortlich war.« Er sah mich an, sagte aber nichts. »Aber Lola Dakota ist ebenfalls tot. Und wenn Sie mir weismachen wollen, dass das auch ein Unfall war, dann haben wir uns nichts zu sagen.«
    »Es war kein Mord, Ms. Cooper. Es war nicht vorsätzlich. Ich bin nicht hingegangen, um sie umzubringen.«
    Die meisten Rechtsanwälte kannten den Unterschied zwischen Vorsätzlichkeit und Absicht nicht, warum also sollte Winston Shreve ihn kennen? Er musste den Mord an seiner Freundin Lola nicht geplant haben, bevor er zu ihr gegangen war; es reichte, falls er wenige Augenblicke, bevor er die Tat beging, die Absicht hatte, sie umzubringen. Vielleicht war es genetisch bedingt, eine Erbschaft seines Großvaters.
    Ich wusste nur, dass ich nicht auch eine der Frauen in seinem Umfeld werden wollte, die zufällig ums Leben kamen.
    »Es war Claude Lavery. Er hat ihren Tod verursacht.«
    »Das glaube ich nicht.« Kaum dass ich Shreve diese Worte hingeworfen hatte, wusste ich nicht, warum ich sie gesagt hatte. Ich war völlig durcheinander - von den Beruhigungsmitteln, der ganzen Situation, dem Schnee.
    »Ich habe oft mit Lola gesprochen, in der Zeit als sie bei ihrer Schwester in New Jersey war.« Er stand auf und bewegte die Arme, um sich aufzuwärmen. »Wir waren uns beide sicher gewesen, dass das alte Labor -«
    »Strecker?«
    »Ja, dass das Streckerlabor das Totenhaus war. Das ist ein altes schottisches Wort für ein Leichenhaus beziehungsweise einen Ort, wo man die Leichen aufbewahrt.«
    Wie passend, dass es nach all den Jahren noch immer diese Rolle innehatte, dachte ich, und wagte nicht, mir den Zustand von Charlotte Voight vorzustellen.
    »Während Lola sich bei ihrer Schwester versteckte, beschäftigte sie sich viel mit der Insel, vor allem mit den Primärquellen, die ihre studentischen Hilfskräfte bei der Arbeit an dem Blackwell's-Projekt gefunden hatten. Materialien aus städtischen Archiven, Unterlagen der Gesundheitsbehörde. Papiere, die fast einhundert Jahre lang niemand in den Händen gehabt hatte. Dokumente, die genau erklärten, was das Totenhaus war.«
    »Und es war nicht das Labor?« Konnte es einen schrecklicheren Ort als das Strecker gegeben haben?
    »Sein Sinn und Zweck war klar. Das Labor war ausschließlich für Obduktionen und Untersuchungen gedacht. Aber es war nicht groß genug für all die Leichen von den verseuchten Anstalten auf Blackwell's Island. Totenhäuser wurden die Holzhütten genannt, die man entlang des Wassers gebaut hatte. Bretterbuden, in denen man die Leichname aufeinander stapelte und aufbewahrte, bis sie zur Bestattung nach Hause zurückgeschickt werden konnten.«
    Diese Hütten waren das Erste, was die Patienten, die von Manhattan aus auf die Insel kamen, sehen konnten, und der Grund dafür, dass viele von ihnen lieber auf gut Glück in die tödlichen Fluten sprangen, als sich anzustecken und eines sicheren Todes zu sterben. Totenhäuser.
    »Sind sie nicht zerstört worden?«
    »Man hat sie verlegt. Abgerissen und am anderen Ufer von Blackwell's wieder aufgebaut, gegenüber von den Fabrikanlagen in Queens. Aus der Richtung wurden keine Patienten gebracht, also hat man die Gebäude einfach dort wieder aufgebaut, wo sie die Neuankömmlinge nicht sehen konnten. Um den Patienten Hoffnung zu machen, Ms. Cooper, um ihnen etwas zu geben, woran sie glauben konnten.«
    Genau das, was ich jetzt brauchte. Etwas, was mich glauben ließ, dass auch ich lebend von der Insel kommen würde.
    »Aber was haben die Totenhäuser mit Ihrem Großvater zu tun?«
    »Dazu bedurfte es Lola, um das herauszufinden. Es gab also Freeland Jennings, ein Realist und Pragmatiker, eingesperrt in einem Zuchthaus mit all diesen Unterschichtskriminellen, die meisten davon Einwanderer voll primitiven Aberglaubens. Alle Unterlagen erwähnen die Tatsache, dass sich keiner der Arbeiter in die Nähe der Totenhäuser getraut hatte.«
    »Diese Krankenhäuser waren aber doch alle geschlossen worden, Jahre, bevor Ihr Großvater ins Gefängnis kam.«
    »Ja, aber die Gebäude standen noch, mehr oder weniger so wie heute. Die Pockenklinik, Strecker, der Octagon-Turm und sogar die trostlosen kleinen Hütten, in denen die Toten aufbewahrt worden waren. Freeland schrieb darüber

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