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Das Totenhaus

Das Totenhaus

Titel: Das Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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in einen Abfalleimer. Das Handy ist weg, aber wir haben die Tasche. Ich lasse die Visitenkarten auf latente Fingerabdrücke untersuchen. Vielleicht finden sie etwas, falls er sie angefasst hat.«
    »Hat sie das Handy schon gesperrt?«
    »Nein. Wir baten sie, damit noch vierundzwanzig Stunden zu warten.«
    »Großartig. Ich faxe euch morgen früh einen Beweisaufnahmeantrag aus dem Büro.« Die meisten Handydiebe waren dumm genug, damit zu telefonieren, bis die Verbindung gekappt wurde oder die Batterien leer waren. Mit den Unterlagen, die uns die Firmen innerhalb von drei oder vier Tagen zur Verfügung stellten, konnten wir die Täter oft anhand ihrer Telefonate mit Freunden oder Verwandten ausfindig machen.
    »Ich dachte mir, es würde Battaglia interessieren, dass der Polizeipräsident sich einige Fälle im neunzehnten Revier anschaut. Sie werden den hier wahrscheinlich als Teil eines Musters deklarieren.«
    »Ich wusste nicht, dass bei uns ähnliche Fälle vorliegen.«
    »Nicht in unserem Dezernat. Aber das Revier hat seit Anfang November vier weitere Überfälle zwischen der Sixtieth und Sixty-eighth Street, Second Avenue bis hinüber zum Fluss gemeldet, bei denen sich der Täter ins Haus drängelte. Meistens an den Wochenenden. Alle Opfer sind Frauen. Das ist das erste Mal, dass der Täter eine sexuelle Handlung erzwungen hat, aber die Vorgehensweise ist immer so ziemlich die gleiche. Er schnappt sich jedes Mal die Tasche und rennt immer Richtung Süden davon.«
    »Die gleiche Täterbeschreibung?«
    »So ziemlich. Die meisten beschreiben ihn als Farbigen, circa einssiebenundsiebzig bis einsachtzig groß, untersetzt. Gut gekleidet, klar geschnittene Gesichtszüge, sehr wortgewandt. Er hat einen leichten Akzent, aber niemand kann genau sagen, was für einen. Einige meinen, Westindien, die anderen Frankreich. Schwer zu sagen.«
    »Könnt ihr mir morgen früh den ganzen Papierkram schicken, damit ich den Fall zuweisen kann? Ich habe genug mit dem Dakota-Fall zu tun, also übergebe ich ihn wahrscheinlich an Marisa Bourges oder Catherine Dashfer, in Ordnung? Aber haltet mich auf dem Laufenden. Wird man von Freitag bis Sonntag die Mitternachtsstreife in dieser Gegend verstärken?«
    »Der Boss vom Neunzehnten möchte alle Mann, die er kriegen kann, aber Savino und sein Team leiten noch immer die Sondereinheit für den West-Side-Vergewaltiger, also sind wir sowieso schon weniger als sonst.« Seit fast drei Jahren trieb ein Sexualstraftäter auf der Upper West Side sein Unwesen, und obwohl intensiv nach ihm gefahndet wurde und sein genetisches Profil in die lokalen, bundesstaatlichen und überregionalen Datenbanken eingegeben worden war, war es uns noch nicht gelungen, ihn zu ergreifen. »Wir rufen wieder an, falls es heute noch etwas Neues zu diesem Fall gibt.«
    Ich knabberte an dem kalten Muffin und schenkte mir noch eine Tasse Kaffee ein. Als ich vor über zehn Jahren bei der Bezirksstaatsanwaltschaft anfing, akzeptierte bis kurz davor noch kein Gericht in den Vereinigten Staaten die DNA-Analyse als gültiges forensisches Verfahren. Ende der achtziger Jahre, als die Methoden der Labors, die die Tests durchführten, immer ausgefeilter wurden, wurden in Gerichtssälen im ganzen Land Frye-Anhörungen durchgeführt. Jeder Ankläger musste, damit das Beweismaterial in dem Prozess überhaupt verwendet werden durfte, den Richter in jedem Fall und in jedem Bundesstaat jedes Mal von Neuem davon überzeugen, dass diese genetischen Tests von Wissenschaftlern als verlässlich angesehen wurden.
    Als diese bahnbrechende Ermittlungsmethode im Strafjustizsystem endlich breite Akzeptanz gefunden hatte, wurde es durch den O. J. Simpson-Fall in die Schlagzeilen katapultiert und von Skeptikern allerorts in Frage gestellt. Das hatte zur Folge, dass für die Laborverfahren bestimmte Standards und Akkreditierungspraktiken eingeführt und etabliert wurden, um die Ermittler vom Wert und der Genauigkeit dieser innovativen Technologie zu überzeugen.
    Noch wichtiger war, dass sich das tatsächliche Testverfahren dramatisch änderte und verbesserte. Die ursprüngliche Testmethode bezeichnete man als RFLP, weil sie Restriktionsfragmentlängen-Polymorphismen auswertete. Um ein Resultat zu erzielen, brauchte man große Mengen an gut erhaltener Körperflüssigkeit. In den späten Neunzigern erweiterte der Übergang zur PCR-Technik - der Polymerase-Kettenreaktion - und der Einsatz von »short tandem repeats«, ähnlich dem Fotokopieren von winzigen

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