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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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’runter.«
    »Sorge dich nur nicht um den Skipper. Denk zuerst an deine Haut. Der Skipper kommt schon ’runter. Wenn du alles so gut weißt, wie das, dann fehlt dir nichts mehr.«
    »Du bist doch aber auch schon von drei Leichenkannen ’runtergekommen oder etwa nicht?«
    »Auf zweien bin ich richtig ausgestiegen und habe den letzten Hafen nicht im Stich gelassen. Und beim dritten – aber du Esel, Glück mußt du eben auch haben. Wenn du kein Glück hast, dann bleibe nur überhaupt vom Wasser weg, sonst fällst du in die Waschschüssel und kommst nicht mehr hoch.«
    »Lawski! Mensch! Was ist denn los da oben?« schrie nun wieder der Heizer ’rauf.
    »Die Ketten haben sich ausgehakt, verflucht noch mal«, blökte Stanislaw ’runter.
    »Das gibt heute eine lange Asche, wenn ihr so weitermacht«, kam wieder die Stimme aus der Tiefe.
    »So, nun probiere mal die Wintsche, aber sei vorsichtig, die haut wie das Donnerwetter. Die haut dir glatt den Schädel ab, wenn du nicht alle Gedanken beieinander hast.«
    Die schwere Kanne kam ’rauf und sauste oben gegen den Deckel, daß ich glaubte, sie würde den ganzen Schacht in Trümmer schlagen, aber ehe ich den Hebel herum hatte, setzte die Wintsche von selbst mit der Konterwirkung ein, und der Eimer raste wieder den Schacht hinunter. Er schlug unten mit einem fürchterlichen Getöse auf, die Schlacken spritzten herum, der Heizer schrie wie verrückt, und im selben Augenblick setzte abermals die Konterwirkung ein, und die Kanne, jetzt halb leer, raste wie wahnsinnig ein zweites Mal gegen die Deckung des Schachtes, schlug herum mit donnerndem Krachen, und mit einem entsetzlichen Geprassel fielen die Schlacken den Schacht hinunter, beim Fallen gegen die Eisenwände des Schachtes schlagend und das Getöse und Geratter so vermehrend, daß man glauben konnte, das ganze Schiff splittert auseinander. Die Kanne war schon wieder am Heruntersausen, als Stanislaw jetzt eingriff und den Hebel packte. Sofort stand die Kanne so brav da, als ob sie ein totes Geschöpf sei.
    »Ja«, sagte Stanislaw, »so einfach ist das nicht. Das muß gelernt sein. Da brauchst du zwei Wochen, bis du den Dreh heraus hast. Geh besser ’runter und schippe ein, dann werde ich die Wintsche bedienen. Ich zeige es dir morgen mittag, bei Tage, da kriegst du das darin schon besser. Wenn die Wintsche in die Wicken gehauen wird, dann können wir die Asche mit der Hand hieven. Und das wünsche ich dir nicht und uns nicht. Dann laufen wir nicht mehr, dann kriechen wir nicht mehr, dann rollen wir nur noch von einem Platz zum andern.«
    »Laß es mich noch mal versuchen, Lawski. Ich will mal gnädige Frau zu ihr sagen. Vielleicht tut sie es dann.« Dann rief ich ’runter: »Hopp an.«
    »Hiev up!« kam der Schrei.
    »Na, Frau Gräfin, wollen wir jetzt?«
    Der Prophet weiß, sie tat es, sie tat es so sanft, so zart. Sie stand auf den Millimeter. Ich glaube, daß ich »Yorikke« besser kannte als ihr Skipper oder der Großvater. Die Wintsche gehörte zu jenen Teilen des Schiffes, die schon in der Arche Noah mitgewirkt hatten und noch aus der Zeit vor der Sintflut stammten. In dieser Dampfwintsche waren alle Geister und Geisterchen zusammen, die in den übrigen Ecken und Winkeln der »Yorikke« nicht mehr Platz fanden, weil ihre Zahl zu groß war. Darum auch hatte die Wintsche ihre Persönlichkeit, die respektiert werden wollte. Stanislaw erwarb sich den Respekt durch eine lang geübte Hand, ich mußte es durch Worte machen.
    »Euer königliche Gnaden, noch mal, bitte.«
    Sieh da, abermals glitt die Aschkanne wie mit Sammetpfötchen gestreichelt. Aber freilich, oft genug noch, spielte sie toll und machte Splittereffekte, jedoch nur, wenn ich vergaß, sie mit Höflichkeit zu behandeln. Es waren manchmal recht ergötzliche Fangversuche, die ich anzustellen hatte, um den ’rauf- und ’runterrasenden Behälter zu schnappen. Bald sauste er oben durch, bald raste er ’runter und gleich wieder hoch. Wenn der Hebel nicht genau, aber haargenau gehalten wurde, schlug der Konterhub ein.
    Stanislaw war ’runtergegangen und schippte und rief die »Hievups« aus. Und ich hängte meine Kannen aus und ein, schleppte sie glühend heiß, wie sie waren, über das Gangdeck und schüttete sie in den Aschenschacht.
    Als fünfzig Kannen gehievt waren, schrie Stanislaw, daß wir den Rest lassen wollten für die nächste Wache, weil es zu spät sei. Ich dachte, daß ich nun zusammenbrechen würde, von diesem atemlosen Schleppen der

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