Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
Vom Netzwerk:
herausgelesen haben, es mußte gute, nicht zu große Stückkohle sein, damit sie leicht anbrannte und damit das Feuer schnell wieder in Gang kam. Denn die Kohle, die auf der »Yorikke« verfeuert wurde, war die billigste und schlechteste Kohle, die es nur gab, sie erzeugte nur wenig Hitze; und das war die weitere Ursache, warum der Schlepp unglaubliche Riesenmengen von Kohle herbeischaffen mußte, um den Dampf hochzuhalten. Nun wurden die andern Feuer wieder nachgesehen, während ich die Schlacke nach der Mitte der Kesselwand zu schaufelte, wo sie nicht im Wege lag.
    Der andre Heizer hatte sich inzwischen fertig gewaschen war aber die ganze Zeit über immer in Gefahr gewesen, von dem glühenden Schüreisen gestoßen und angeschmort zu werden oder von einer springenden Schlacke verbrannt zu werden. Aber das kümmerte ihn nicht sehr, er war tot. Man konnte es jetzt auch sehen. Gesicht und Körper waren von dem Waschen mit Sand und Asche ziemlich rein geworden. In die Augen konnte er aber nicht gut mit Sand und Asche gehen, darum hatten die Augen breite schwarze Ringe. Das gab dem Gesicht das Aussehen eines Totenschädels, um so mehr, als die Backen vor schlechter Ernährung und vor übermäßiger Arbeit tief eingefallen waren. Er zog sich seine Hose an und sein durchlöchertes Hemd und kletterte die Leiter hoch. Ich hatte gerade Zeit genug, einmal einen Blick nach oben zu werfen, als ich ihn die Schlange machen sah.
    Stanislaw schaffte indessen Kohle heran, damit ich wenigstens den Vorrat bekam. Es kamen dann die Feuer sechs und neun an die Reihe. Als sechs ausgeschlackt und aufgeschüttet war und die übrigen Feuer soweit vorbereitet waren, um auch neun ausschlacken zu können, kam Stanislaw und sagte zur mir: »Nun bin ich fertig. Ich kann nicht mehr. Es ist eins. Ich habe fünfzehn Stunden jetzt ununterbrochen gewürgt. Um fünf muß ich schon wieder Asche hieven. Es ist ja gut, daß du da bist, wir hätten das nicht mehr länger machen können. Ich will dir nur jetzt gestehen, wir sind nur zwei Schlepps, wenn du eingerechnet bist.
    Wir haben also nicht zwei Wachen jeder, sondern drei, und dazu kommt zu jeder Wache eine Stunde Aschehieven extra. Und morgen haben wir, auch noch extra, die Berge von Asche, die auf Deck liegen, weil im Hafen ja keine Asche ausgeworfen werden darf, abzuschaufeln. Wird für jeden vier Stunden extra machen.«
    »Das sind doch dann alles Überstunden, die Doppelwachen, das Abschaufeln der Deckasche und das Aschehieven«, sagte ich.
    »Ja, das sind alles Überstunden. Wenn es dir Vergnügen macht und du gerne schreibst, kannst du dir die ganzen Überstunden anschreiben. Aber bezahlen tut sie dir keiner.«
    »Das ist mir aber bei der Heuer ausgemacht worden«, antwortete ich.
    »Was ausgemacht wird, hat keine Geltung bei uns. Nur was du in der Tasche hast, das hat Geltung. Und in die Tasche kriegst du immer nur Vorschuß, Vorschuß, Vorschuß. Immer so viel, daß es zum Besaufen gerade langt und vielleicht für ein Paar Pantinen oder ein Hemd, aber nicht mehr. Denn wenn du anständig aussiehst und ruhig durch die Straßen gehen kannst, könntest du ja vielleicht wieder lebendig werden. Verstehst du jetzt den Dreh? Kannst nicht fort. Mußt Geld haben, mußt eine ganze Hose, eine ganze Jacke, ganze Stiefel und Papiere haben. Kriegst du nicht. Kannst nicht lebendig werden. Wenn du aussteigst, läßt er dich einfangen, wegen Desertion. Die haben dich gleich mit deinen Lumpen und keinen Papieren. Dann zieht er dir zwei oder drei Monatsheuern ab wegen Desertion. Kann er. Tut er. Dann bettelst du wegen eines Schillings auf den Knien für Schnaps. Schnaps mußt du haben. Tot sein tut manchmal doch weh, auch wenn man sich schon lange daran gewöhnt hat. Gute Nacht. Waschen tu’ ich mich nicht, ich kann nicht mehr die Hand heben. Laß dir keine Roste durchfallen, das kostet Blut, Pippip. Gute Nacht.«
    »Heilige Maria, genotzüchtigter Gabriel, Joseph und Arimathia, Eberklöten und Bockpinnen, Himmelkreuzdonnerwetter – – «
    Der Heizer schrie wie besessen und nahm einen gewaltigen Anlauf, um eine neue Serie von Flüchen und Verwünschungen loszulassen, daß die Bewohner aller Höllen schamrot werden mußten; Von der Erhabenheit seines Gottes, von der jungfräulichen Reinheit der Himmelskönigin, von der Würde der Heiligen blieb nichts mehr bestehen. Sie sanken in den Kot der Straße und wurden durch die Jauche der Gosse geschleift. Die Hölle hatte ihre Schrecken für ihn verloren, ihn konnte

Weitere Kostenlose Bücher