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Das Trauma

Das Trauma

Titel: Das Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe
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Susanne, die ist tot, und nichts, was ich tue, kann jemals …«
    »Ihr können Sie nicht helfen. Sie können nur sich selbst helfen«, sagt Sirkka und scheint genau zu wissen, wovon sie redet. »Da müssen Sie ansetzen, Sie können erst dann anderen helfen, wenn Sie sich selbst geholfen haben.«
    »Und wie genau mache ich das?«
    Kattis’ Stimme ist nur ein leises Flüstern, aber ich höre doch jedes Wort, als hätte sie es direkt in mein Ohr geflüstert, ihre Lippen an meinem Ohrläppchen.
    »Liebes Kind!« Sirkka drückt Kattis’ blasse Hand. »Sie müssen diesen Kerl vergessen. Ihn hinter sich lassen.«
    »Das ist leicht gesagt.«
    »Sie wissen, dass es so ist«, sagt Sirkka, in ihrer Stimme liegt etwas Aufforderndes. »Sie werden erst dann frei sein, wenn Sie ihn loslassen.«
    Kattis zieht rasch die Hand zurück, springt auf, bleibt aber am Tisch stehen, zögert, scheint sich einige Sekunden zu sammeln, als wollte sie gleich eine Rede halten.
    »Ich will nur … Entschuldigung, ich bin gleich wieder da.«
    Dann läuft sie zu den Toiletten. Wir anderen sehen uns schweigend an.
    »War ich zu hart zu ihr?«, fragt Sirkka.
    »Nein«, sagt Aina. »Das glaube ich nicht. Sie braucht nur ein paar Minuten für sich. Wie ist es mit Ihnen? Haben Sie viel daran gedacht?«
    »Ja«, beginnt Sirkka. »Gustavsberg ist ja nicht so groß. Viele kennen sich dort gegenseitig, zumindest vom Sehen. Und da wird eben geredet.«
    »Die, die ermordet wurde, Susanne. Ihr Sohn ging auf dasselbe Gymnasium wie ein paar Bekannte von mir«, sagt Sofie seufzend.
    »Ich dachte, sie hat eine kleine Tochter?«, fragt Malin.
    »Ja, aber sie hatte auch einen älteren Sohn. Der war verdammt anstrengend, wie es scheint. Jedenfalls damals, als er zur Schule ging. Ich glaube, er ist jetzt in einem Heim.«
    »In einem Heim?«, fragt Aina.
    »Ja, in so einem Heim für Junkies oder Kriminelle. Ich weiß nicht so recht.«
    »Junkies oder Kriminelle«, murmelt Aina und schaut ins Lokal, als dächte sie über etwas nach.
    »Über diese Frau wurde viel geredet«, sagt Sirkka. »Ich will ja keinen Klatsch weitertragen, aber trotzdem. Sie war offenbar …«
    Sirkka verstummt und schaut mit zerstreutem Gesicht im Lokal umher.
    »Was?«, fragt Malin. »Was war sie?«
    »Ja, das sind nicht meine Worte«, sagt Sirkka mit fester Stimme und reibt sich die Hände, als ob sie fröre, »aber angeblich war sie eine richtige … Schlampe. Sie hatte den einen Kerl kaum verlassen, da stand auch schon der nächste auf der Matte. Sie hatte offenbar eine … Schwingtür da hinten im Blåsippeväg. Kein Wunder, dass es mit ihrem Sohn so gelaufen ist, oder? Kinder brauchen doch eine gewisse Stabilität.«
    Malin rutscht unbehaglich hin und her.
    »Nehmen Sie mir das nicht übel, Sirkka, aber ich habe Probleme damit, wenn eine Frau als Schlampe bezeichnet wird, nur weil sie viele Männer gehabt hat. Männer können doch auch vögeln, so viel sie wollen, ohne in einen schlechten Ruf zu geraten. Warum ist das so? Ich finde, Frauen müssten zusammenhalten und sich nicht gegenseitig Schlampen nennen. Ich weiß nichts Schlimmeres, als wenn Frauen sich gegenseitig sabotieren. Es gibt nichts … Unsolidarischeres. Darauf sollte die Todesstrafe stehen. Ja, das ist mein Ernst.«
    »Da stimme ich Ihnen zu«, sagt Sirkka gelassen. »Ich habe nur wiederholt, was ich gehört habe. Und ich finde übrigens, dass auch Männer totale Schlampen sein können. Nur, damit das klar ist.«
    Dann wird das Bier gebracht. Schäumende, beschlagene Gläser tauchen vor uns auf dem Tisch auf.
    »Die Cola ist für mich«, sagt Malin. »Ich trinke nicht … mehr.«
    Keine sagt etwas. Aina schlürft ihr Bier, und ich staune wieder darüber, dass sie nicht leise trinken kann, dass sie beim Trinken kleine schlürfende Kindergartengeräusche machen muss, obwohl sie eine erwachsene Frau ist. Sie wischt sich den Mund mit dem Handrücken ab und schaut sich in dem vollbesetzten Lokal um.
    »Soll ich mal nach Kattis sehen?«, fragt Sofie.
    »Nein«, sagt Aina. »Die kommt schon zurecht. Wie fühlen Sie sich, Sofie, geht es Ihnen gut?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragt Sofie und errötet hinter ihrem Bierglas.
    »Ich meine, ist es ein gutes Gefühl, mit der Gesprächsgruppe weiterzumachen, jetzt, wo … obwohl … das hier passiert ist?«
    »Absolut«, sagt Sofie sofort, ohne irgendeine Bedenkzeit. »Natürlich. Ich finde es großartig, Sie alle hier zu treffen. Und … außerdem …«, sie spielt an einem Lederriemen

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