Das Traumtor Band II (German Edition)
Ihr Candir aus Varnhag?“ fragte der Mann ungläubig. Candir war der Name gewesen, denn Rowin auf seiner Reise mit Athama benutzt hatte, um nicht erkannt zu werden. „Könnt Ihr das beweisen?“
„Ich weiß nicht, ob ich das beweisen kann, und ich weiß auch nicht, ob ich es übe rhaupt will“, antwortete Rowin müde. „Glaubt es oder glaubt es nicht, es gilt mir gleich! Doch dieser Ort hier bedrückt mich, denn die schrecklichen Erinnerungen überwiegen, und daher möchte ich ihn nun verlassen. Reitet mit mir oder nicht, es ist euch überlassen. Ich könnte euch die Geschichte der Geschehnisse hier erzählen, die wahre Geschichte, nicht die, die man hier in der Gegend verbreitet. Doch ich will es nicht. Schon jetzt drückt mir die Erinnerung auf die Seele, denn die Frau, der ich mein Leben verdanke, ist von mir gegangen. Deshalb kam ich hierher, um noch einmal den Spuren der Geliebten zu folgen. Das muss euch als Erklärung genügen.“
„Hauptmann!“ Einer der Soldaten zupfte am Ärmel des Anführers. „Er ist der Mann, ich erkenne ihn wieder“, flüsterte er. „Ihr wisst, dass ich damals dabei war, als wir das Nest der Räuber stürmten. Er kam mir gleich so bekannt vor. Was er sagt, ist die Wahrheit.“
Rowins feine Ohren hatten das Flüstern des Soldaten verstanden. „Nun“, sagte er ruhig, „dann können wir ja jetzt wohl reiten. Es wird dunkel, und ich möchte nicht in diesem verfluchten Tal übernachten.“
„Verzeiht unser Misstrauen, edler Candir“, sagte der Hauptmann nun mit Ehrerbi etung und Bewunderung in der Stimme. „Hätte Svet Euch eher erkannt, wären wir Euch nicht zu nahe getreten. Aber es bedrückt uns zu hören, dass Euer mutiges Weib von Euch gegangen ist. Wollt Ihr uns sagen, was geschah?“
„Ich bitte euch, erspart mir das!“ sagte Rowin leise. „Lasst es euch genügen zu wi ssen, dass sie nicht mehr auf unserer Welt weilt. Doch es würde mich freuen, wenn sie in euren Herzen weiterleben würde, als sei sie nie gegangen.“
„Das wird sie, Herr!“ sagte der Soldat Svet mit gepresster Stimme. „Ihr und Euch verdanken wir den Frieden in dieser Region. Viele meiner Kameraden sind vorher in den ständigen Kämpfen gegen jene üblen Gesellen gefallen. Mein eigener Bruder war einer von ihnen. Doch seit Ihr und Eure Gemahlin dem Spuk ein Ende gemacht h aben, konnten sich hier in den Bergen keine Räuber mehr halten, und der Handelsweg ist sicherer, als er es je vorher war. Daher wird sie stets in unseren Herzen sein!“
„Ich danke euch“, sagte Rowin mit vor Wehmut rauer Stimme, „es ist schön, dass Sie auch hier nicht vergessen ist. Doch nun kommt, lasst uns aufbrechen!“
Rowin übernachtete mit den Soldaten in einem geschützten Winkel des Gebirges. Er aß und trank mit ihnen, doch keiner der Männer wagte, näher in ihn zu dringen. Ehrfurcht und Scheu hielten die Leute von neugierigen Fragen ab, denn sie sahen an Rowins verschlossenem Gesicht, dass er nicht bereit war, mehr zu erzählen. Am nächsten Morgen setzte Rowin seinen Weg allein fort, wogegen die Soldaten zum Dorf zurückkehrten. Rowin hatte Ihnen das Versprechen abgenommen, sein Geheimnis zu bewahren, denn er wollte seinen Weg unbehelligt fortsetzen.
Kapitel VII
Rowins restliche Reise verlief ohne Zwischenfälle, zumal er stets für sich blieb und näheren Kontakt wenn eben möglich vermied. Und so sah er einige Wochen später Akinbera vor sich liegen, die Hauptstadt Euribias am grauen Meer. Er hielt sich nicht lange in der Stadt auf, denn eine unerklärliche Unruhe hatte ihn ergriffen. Er blieb nur eine Nacht in einem der Gasthäuser und fand sich schon früh am nächsten Morgen auf dem Weg entlang der Klippen wieder, der zu Tustrons Turm weit draußen in der Wildnis führte. Wie unter Zwang trieb er Jarc zu immer schnellerem Ritt, und so erreichte er bei Einbrechen der Dunkelheit die hohe Klippe, auf der das wuchtige Bauwerk stand. Und dann hielt er am Fuß der Klippe und starrte zu dem schwarzen Schatten auf, der sich wie ein Mahnmal über ihm erhob. Der heftige Wind zerrte an seinen Kleidern und er hörte das Donnern der Brandung, die unter ihm wild gegen die Felsen schlug. Rowins Herz füllte sich auf einmal mit einer unerklärlichen Angst, doch ein unsägliches Verlangen trieb ihn den steilen Pfad hinauf. Er achtete nicht auf die Dornenranken, die sich um seine Beine wickelten, und oft stolperte auf dem Geröll, das der Regen auf den Pfad gespült hatte. Doch er ignorierte seine
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