Das Traumtor Band II (German Edition)
Verletzungen und hastete weiter. Völlig außer Atem stand er dann vor der schweren Tür, die ins Innere des Turms führte. Schon wollte er an die Tür hämmern, als er plötzlich stutzte. Was, bei allen Göttern, wollte er bei Tustron? Warum nur war er hergekommen? Auch Tustron konnte ihm Athama nicht zurückbringen. Niemand konnte das, nicht einmal die Götter. Athamas rätselhafte Welt war jeder Macht aus der seinigen entzogen. Was also tat er hier?
Schwer atmend lehnte er sich gegen die Tür und schrak heftig zusammen, denn u nter seinem Gewicht schwang sie mit leisem Knarren auf. Wie an Fäden gezogen trat Rowin ein. Der untere Raum war dunkel, doch wo die Treppe nach oben führte, fiel ein warmer Lichtschein aus dem darüber liegenden Gemach. Rowin stieg die Treppe empor und trat bald in einen gemütlich eingerichteten Raum, in dessen Kamin ein helles Feuer brannte. In einem schweren Sessel am Feuer saß ein alter Mann, der Rowin freundlich entgegen blickte.
„Nun, Rowin, hast du doch endlich zu mir gefunden?“ fragte er lächelnd. „Ich hatte dich schon viel eher erwartet.“
„Ihr, Ihr seid Tustron! Ich kenne Euch …… nein, ich kenne Euch nicht, aber ich weiß, dass Ihr es seid. Ich, ich ……….“, stammelte Rowin.
„Nein, du kennst mich wirklich nicht, Rowin“, sagte Tustron. „Denn deine Erinnerung an unsere Begegnung war nicht echt. Ich pflanzte sie in dein Gedächtnis, um dir die verbleibende Zeit mit Athama ungestört und glücklich zu gestalten. Ich schenkte dir für die Zeit eurer Reise das Vergessen der Nöte, die nach deiner Rückkehr in Varnhag auf dich warteten, damit wenigstens du in diesen letzten Wochen glücklich warst. Athama bat mich für dich um diese Gabe und ich gewährte sie ihr gern. Es war das einzige, was ich ihr schenken konnte, denn sie selbst unterlag nicht meiner Macht. Höhere Kräfte, als selbst unseren Göttern gegeben sind, zogen sie aus dieser Welt. Aber sie musste gehen, Rowin, denn diese Kräfte hätten unsere Welt und damit alles, was sie liebte, zerstört. So verließ sie uns, um die Welt zu retten, in der sie ihr Glück gefunden hatte. Doch noch mehr als an dieser ganzen Welt lag ihr an einem Menschen, Rowin – an dir! Vielleicht hätte sie diese Welt geopfert, wenn sie dich dafür hätte behalten können, so wie du bereit warst, für sie ganz Valamin aufs Spiel zu setzen. Aber diese Wahl hatte sie nicht. Es gab für sie keinen Weg, dich zu behalten. Sie konnte dich nur verlassen oder mit dir untergehen.“
„Herr, schickt auch mich in ihre Welt!“ Rowin viel vor Tustron auf Knie. „Ihr gabt ihr das Mittel, um dorthin zu gelangen - gebt es auch mir, denn ohne sie ist für mich alles ohne Sinn! Ich will nicht Herrscher von Valamin sein ohne sie. Nichts, was ich bin und habe, ist ohne sie von Wert. Seit sie fort ist, ist mein Leben dunkel, und kein Strahl der Hoffnung bricht mehr durch die Finsternis meiner Trauer. Wenn sie nicht zu mir kommen kann, lasst mich zu ihr gehen! Ich bitte Euch, Tustron, ich flehe Euch an, gebt mir dieses Mittel! Jetzt weiß ich, warum ich hierherkam.“
Tustron stand auf. Sanft ergriff er Rowin bei den Schultern und zog ihn hoch. In seinen hellen, gütigen Augen standen Mitleid und Bedauern.
„Es tut mir Leid, Rowin“, sagte er leise. „Ich kann dir nicht helfen. Dieses Mittel, selbst wenn es mir gelänge, es noch einmal herzustellen, würde dich nicht zu Ath ama bringen, sondern dich töten. Nur aus dir selbst kannst du den Weg zu Athama finden. Nur wenn es dir gelingt, dir selbst ein solches Tor zu schaffen, das sie in unsere Welt brachte, kannst du in ihre Welt gelangen. Aber sei gewarnt! Athamas Welt wird für dich ein Albtraum sein. Du bist ein kluger Mann und unserer Zeit weit voraus. Doch was dich dort erwartet, könnte über deinen Verstand gehen. Es könnte leicht geschehen, dass dein Geist sich weigert, all die Wunder und Schrecken ihrer Welt zu erfassen. Wahnsinn könnte das Ergebnis sein. Darum wäge gut, ob du das wirklich willst! Hier in unserer Welt bist du ein König, ein mächtiger Mann, und du lebst in Wohlstand und Sicherheit. Doch was wolltest du dort sein, in jener unerklärlichen Welt? Du wärest nichts mehr und nichts weniger als der seltsame Fremde, den Athama liebt. Hier warst du ihr Schutz und hast für sie gesorgt. Dort würde es genau umgekehrt sein. Könntest du das ertragen? Würde es dir genügen, einer von vielen zu sein, wo du hier stets der Erste in allen Dingen warst? Dies ist eine
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