Das Traumtor (German Edition)
freiem Willen hier bei dir bleibe. Es würde mich sehr beruhigen, wenn du weißt, wie sehr ich jegliche Art von Zwang hasse. Laß mich zu diesem Magier gehen, und ich verspreche dir, daß ich zu dir zurückkehre. Vielleicht kann Targil mich begleiten. Er kennt den Weg nach Euribia. In einigen Wochen könnte ich wieder zurück sein. Bitte, Rowin, es liegt mir wirklich sehr viel daran!“
„So lange Zeit soll ich ohne dich sein?“ sagte Rowin und zog mich an sich. „Oh nein, Athama, das halte ich nicht aus! Schon diese eine Woche, die wir getrennt waren, kam mir wie eine Ewigkeit vor. Und bedenke doch Deinas Zustand! Soll Targil sie denn jetzt allein lassen?“
Mir sank der Mut. Wenn Rowin auf meine Bitte nicht reagierte, wußte ich nicht mehr, was ich tun sollte. Rowin schien meine Enttäuschung zu spüren, denn er begann zu lächeln.
„Nun lach mal wieder! Natürlich darfst du nach Euribia gehen, wenn dir so viel daran liegt. Aber Targil wird nicht mit dir gehen, sondern – ich! Ich denke nämlich nicht daran, auch nur noch einen Tag mehr ohne dich zu verbringen. Ich könnte sowieso etwas Abwechslung und Zerstreuung gebrauchen, denn die letzten Wochen haben mir mehr zugesetzt, als ich zugeben wollte. Das ist eine gute Gelegenheit, einmal den ganzen Ballast zu vergessen, der täglich auf meinen Schultern ruht, und eine gute Chance für Targil, der dann einmal zeigen kann, was in ihm steckt. Er muß mich nämlich für die Zeit unserer Reise vertreten.“
Er sprang auf, mit einmal Feuer und Flamme für seinen Plan. Aufgeregt rannte er im Zimmer hin und her. „Und wir werden ganz allein reisen!“ rief er. „Nur wir beide! Es herrscht Friede zwischen Euribia und Valamin, schon seit Generationen, sodaß wir wohl nicht viel zu befürchten haben. Und ich will nicht, daß jemand weiß, daß ich nach Euribia komme, denn sonst bin ich gezwungen, dem dortigen Herrscher meine Aufwartung zu machen. Und von diesen langweiligen Zeremonien habe ich in der letzten Zeit mehr als genug gehabt.“ Er kam zu mir zurück, warf sich neben mich auf den Boden und rollte lachend mit mir über die Felle. „Wir beide werden verreisen, Athama!“ jubelte er. „Du und ich, wir beide ganz allein! Niemand wird uns stören und wir werden die ganze Zeit, jede Stunde, jede Minute zusammen sein!“
Ich war froh, ihn wieder lachen zu hören, wenn auch mein Herz sich zusammen-krampfte. Er selbst wollte derjenige sein, der es mir ermöglichte, ihm den größten Schmerz seines Lebens zuzufügen. Aber ich muß gestehen, daß auch ich glücklich darüber war, von den kurzen Wochen, die uns vielleicht nur noch blieben, keine ohne ihn vergeuden zu müssen. Auch ich freute mich auch diese Zeit ungestörten Glücks mit ihm, die ich einst als kostbarsten Schatz meiner Erinnerungen hüten konnte, denn irgendwie fühlte ich, daß meine Reise zu ihrem traurigen Erfolg führen würde.
Rowin entließ mich aus seinen Armen und setzte sich neben mir nieder. Doch nun war sein Gesicht ernst und voller Besorgnis, als er sagte: „Aber du mußt mir schwören, Athama, daß auch wenn du den Schlüssel zu deiner Welt erhältst, du mit mir nach Varnhag zurückkehren wirst. Athama, mein Leben, mein Herz, was sollte denn ohne dich noch für mich zählen?“
Oh mein Gott, Rowin! Ich biß mir auf die Lippen, um nicht zu schreien, und barg mein Gesicht an seiner Brust. Nein, nein, oh ihr Götter von Valamin! Warum mußte dieses Schicksal gerade uns beide treffen? Warum konnte ich nicht wie bei Deina und Targil mit einigen Federstrichen dieses Verhängnis von uns abwenden? Doch diese Geschichte hier hatte ich nicht geschrieben. Ein anderer führte Regie, und dieser schien kein Mitleid mit der Qual zweier Liebender zu haben.
„Ich schwöre dir, mein Liebling, daß ich wieder mit dir zurückkehren werde“, sagte ich leise, „denn ich weiß, müßte ich dich jemals verlassen, mein Herz würde brechen!“
Rowin schlang seine Arme um mich und küsste mein Haar. „Gut, mein Herz!“ sagte er. „Dann werde ich morgen alles für uns vorbereiten lassen, damit wir dann am nächsten Tag aufbrechen können. Targil wird Augen machen, wenn er für einige Zeit der Herrscher von Valamin sein wird!“ lachte er dann.
Oh ja, Targil würde Augen machen! Davon war ich überzeugt.
So standen dann am übernächsten Tag in aller Frühe vier Pferde im Schloßhof: Rowins Rapphengst Jarc und Sama, die dunkelbraune Stute mit der weißen Blesse, so-wie zwei beladene Packpferde. Außer
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