Das Traumtor (German Edition)
suchte ich etwas Holz und machte Feuer, denn ich fror zum Gotterbarmen. Immer noch war mir übel und mein Kopf schmerzte höllisch. Ich erhitzte etwas von dem gewürzten Wein aus unseren Vorräten und trank ihn langsam in kleinen Schlucken. Wohltuend drang die heiße Flüssigkeit in meinen Magen, und eine wohlige Wärme verbreitete sich in meinem Körper. Doch schon wenige Minuten später schüttelte mich ein heftiger Brechreiz und ich gab den Wein wieder von mir. Mir war zwar schlecht, aber zumindest etwas wärmer. Ich kroch wieder ins Zelt und legte mich neben Rowin. Die Hitze seines Körpers tat mir wohl, und ihm schien meine Nähe ruhiger zu machen. Ich lausche auf seinem Atem und registrierte bang jede seiner Bewegungen. Immer wieder fielen mir die Augen zu, doch jedes Stöhnen von ihm riß mich wieder aus dem Halbschlaf. Den ganzen Tag blieb sein Zustand unverändert, und meine eigene schlechte Verfassung brachte mich darüber fast an den Rand der Hoffnungslosigkeit. Ich zermarterte mir den Kopf, was ich tun konnte, um Rowin zu helfen, doch tief in meinem Inneren wußte ich von vorn herein, daß ich nichts, aber auch gar nichts für ihn tun konnte. Selbst wenn ich kräftig genug gewesen wäre, den Ritt in die nächste Ortschaft durchzustehen, was hätte das helfen sollen? Ich konnte ihn unmöglich solange allein lassen, und wer hätte dann wohl auch in einem solch kleinen Dorf helfen können? Nein, ich konnte nur hoffen und beten, daß Rowins Körper genügend Kraft hatte, des Fiebers und der Verletzung Herr zu werden.
Gegen Abend verschlechterte sich Rowins Zustand noch mehr. Unruhig war er sich hin und her. Dann wieder fiel er in tiefer Bewusstlosigkeit. In den Fieberschüben stöhnte er immer wieder meinen Namen. Ich saß neben ihm und erneute ständig die kalten Kompressen auf seiner Stirn und seiner Brust, trocknete den Schweiß und achtete darauf, daß er seine Decken nicht abwarf.
Ich hatte nie ernstlich an die valaminische Götter geglaubt, obwohl mir ihre Existenz in dieser Welt nur logisch erschien. In dieser Nacht aber flehte ich zu Horan, dem Herrn dieser Götter, er möge mir das Leben dieses Mannes erhalten, und ich schwor, jeden Preis zu zahlen, den der Gott von mir dafür fordern würde. Denn irgendwie ahnte ich, daß Rowin, wenn er diese Nacht überlebte, gerettet sein würde. So saß ich im trüben Schein der Kerzen neben ihm und beobachtete mit wachsender Angst jede seiner Bewegungen. Das Fieber schien noch zu steigen, und sein keuchender Atem wurde immer unregelmäßiger und schwächer. Dann lag er auf einmal völlig bewegungslos. Kein Atemzug hob mehr seine Brust, und sein Gesicht wirkte mit einmal grau und spitz.
Blankes Entsetzen würgte in meiner Kehle. „Rowin!“ schrie ich in höchster Angst. „Rowin, nein, du darfst nicht sterben, hörst du?“
Ich tastete nach seinem Puls, doch da war nichts – gar nichts! Wie eine Wahnsinnige riß ich die Decken von seiner Brust und legte mein Ohr auf sein Herz. Und da – ganz schwach und unregelmäßig – wie der flüchtige Hauch eines Schmetterlingsflügels – vernahm ich den flatternden Schlag seines Herzens! Und dann spürte ich auch unter meiner Hand das kaum noch wahrnehmbare Heben und Senken seines Zwerchfells!
„Schlag weiter! Schlag bitte, bitte weiter!“ flüsterte ich töricht und fast von Sinnen. Immer wieder murmelte ich diese Worte vor mich hin, als könne ich mit meinen Beschwörungen das geliebte Herz in Gang halten. Wie lange ich so neben Rowin gekniet hatte, die Hand auf seiner Brust, damit mir auch nicht einer seiner Herzschläge entging, weiß ich nicht. Doch das schummrige Licht der Kerze ging bereits im ersten Tagesgrauen unter, als Rowins Atem regelmäßiger und sein Herzschlag kräftiger wurde. Und dann schien er ruhig zu schlafen.
Mit unermesslicher Erleichterung hüllte ich ihn zärtlich wieder bis zum Hals in seine Decken und verließ das Zelt. Vor dem Eingang fiel ich auf die Knie, und nie empfingen die Götter Valamin wohl einen Dank, der tiefer empfunden war als der meine!
Ich war total entkräftet und meine Hände zitterten. Trotzdem konnte ich jetzt nicht schlafen. Wenn Rowin erwachte, brauchte er eine kräftige Mahlzeit, damit sein Körper seine Widerstandskraft behielt. Ich schleppte mich zu den Büschen, suchte trockenes Holz und machte Feuer. Dann bereitete ich eine Suppe aus Trockenfleisch, von der auch ich einige Löffel zu mir nahm, obwohl ich mich zum Essen zwingen mußte. Ich stellte den
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