Das Traumtor (German Edition)
bemerkte, wie ich aufstand. Es war schon hell, und ich hörte draußen bereits die Männer der Patrouille. Ich trat aus der Hütte und bemerkte, daß vier von ihnen große Steinbrocken in einen Felsspalt warfen, der auf der anderen Seite des Talkessels an der Felswand entlang lief. Die beiden anderen saßen am Feuer und bereiteten Frühstück. Ich ging zu den beiden hinüber, und sie begrüßten mich ehrfürchtig und scheu. Sie boten mir heißen Tee und frisches Fladenbrot an, daß sie auf heißen Steinen gebacken hatten. Auch kalten Braten und Käse gab es – aus den Vorräten der Räuber, wie sie mir erzählten. Dann kamen auch die anderen ans Feuer, die die Leichen der Banditen in den Felsriß geworfen und mit Steinen bedeckt hatten. Die Körper ihrer toten Kameraden lagen in Decken gehüllt ein Stück abseits. Man würde sie mitnehmen, um sie in allen Ehren zu bestatten. Die Leute hatten schon die anderen Hütten durchsucht, aber nicht viel von Wert gefunden. Da man uns nicht hatte stören wollen, war auf die Durchsuchung unserer Hütte zunächst verzichtet worden, obwohl der Hauptmann mutmaßte, daß sich der größte Teil des Diebesguts dort befinden musste. Ich bat ihn, sich noch zu gedulden, bis Rowin erwachte, da er den Schlaf dringend nötig hatte. Doch da trat Rowin schon aus der Hütte. Sein Gang hatte nichts von seiner Elastizität verloren, doch ich bemerkte, daß er den Körper leicht zu der Seite neigte, wo die Verletzung war. Ich nahm mir vor, sobald es ging die Wunde zu untersuchen.
Während der Hauptmann und zwei seiner Männer die Hütte durchsuchten, griff Rowin tüchtig zu. Ich sah mit lächelndem Staunen, welche Mengen an Braten, Käse und Brot er verdrückte. Kein Wunder! Er hatte eineinhalb Tage nichts gegessen und sein Körper benötigte dringend Nachschub.
„Möchtest du noch etwas Tee?“ fragte er mich und grinste. „Hier, nimm! Dann bist du beschäftigt und schaust nicht so zu, wie viel ich esse.“
Er reichte mir einen Becher, und ich griff gedankenlos mit der rechten Hand zu. Doch ich hatte nicht mehr daran gedacht, wie kraftlos die Hand war, und der Becher fiel klirrend zu Boden.
„Was ist mit deiner Hand, Athama?“ rief Rowin erschreckt und vergaß dabei, mich Elda zu nennen. Aber die Soldaten saßen ein Stück abseits und schienen nicht darauf geachtet zu haben. Ich legte einen Finger auf den Mund und sah Rowin warnend an es gab keinen Grund, unsere Identität auch vor den Soldaten preiszugeben. Rowin nickte flüchtig. Er hatte meinen Wink verstanden. Doch dann drängte er: „Sag, was ist mit deinem Arm?“
„Er ist fast gefühllos“, sagte ich. „Ein Schlag meines Gegners hat mir fast das Schwert aus der Hand geprellt und ich spürte den Schmerz bis in die Schulter. Aber das wird bald vorbeigehen, denn ich merke schon, daß das Gefühl langsam wiederkommt.“
„Lass einmal sehen!“ Rowin begann vorsichtig, meinen Arm abzutasten. Dabei zog er meine Jacke beiseite und sein Blick fiel auf meinen Hals. Entsetzt schrie er auf. „Ihr Götter! Was ist denn das? Was ist mit deinem Hals geschehen?“
Unwillkürlich griff ich an die schmerzenden Stellen. Würgemale! fuhr es mir durch den Kopf. Albios Finger mussten wohl deutliche Spuren zurückgelassen haben. Aber da ich keinen Spiegel hatte, war mir das nicht bewußt geworden. Wenn Rowin aber so entsetzt war, mußte es schlimm aussehen.
„Beruhige dich, Liebling, ich bin ja in Ordnung!“ beschwichtigte ich ihn. „Albio hat versucht, mich zu erwürgen, aber mein Dolch hat es rechtzeitig verhindert, wie du ja siehst.“
„Erzähle!“ forderte mich Rowin erregt auf. „Ich muss alles wissen. Oh, ihr Götter! Ich hatte nicht geahnt, daß du in solcher Gefahr warst. Du kämpftest hinter mir und mir blieb keine Zeit, mich nach dir um zu sehen, da Rybar mich ständig in Atem hielt.“
„Welch ein Glück, daß du dich nicht umsehen konntest“, lächelte ich, obwohl mir die Erinnerung an diese schrecklichen Minuten einen Schauer über den Rücken jagte. „Ich hätte wirklich keine Lust gehabt, schon wieder meine Nähkünste an dir auszuprobieren.“
„Mir ist nicht zum Scherzen!“ sagte Rowin, und ich sah, daß sein Gesicht fahl geworden war. „Komm, berichte mir von deinem Kampf!“
Seufzend kam ich seinem Wunsch nach. Als die Soldaten hörten, wovon ich sprach, rückten sie näher und folgten atemlos meiner Schilderung des Kampfes mit Albio.
„Ich hätte dir das gar nicht erzählen sollen“, sagte ich, als ich
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