Das Traumtor (German Edition)
zum Schluss kam und das Entsetzen in Rowins Augen bemerkte. „Jetzt hat dich diese Geschichte nur noch nachträglich in Angst und Schrecken versetzt.“
„Es war wirklich gut, daß ich das nicht gesehen habe!“ Rowins Stimme war heiser und er räusperte sich. „Ich wäre dir unweigerlich zu Hilfe gekommen – und diesmal wäre es wohl mein Tod gewesen, denn Rybar war weit kräftiger als ich. Ich habe nur gesiegt, weil ich das Schwert besser zu führen verstand.“
„Ich habe es gesehen“, sagte ich leise, „und ich wußte, daß ich dich nicht zur Hilfe rufen durfte. Ich hatte zwar den Tod vor Augen, aber was hätte es mir gebracht, mein Leben zu erhalten, wenn es das deine gekostet hätte?“
Stumm ergriff Rowin meine Hände und zog sie an seine Lippen. In seinen Augen las ich all das, was er mir im Beisein der Männer nicht sagen mochte.
Da kam der Hauptmann zurück, und seine beiden Kameraden trugen eine Kiste, die mit Gold und Juwelen angefüllt war. Sie hatte in einer Ecke der Hütte unter den Dielen gesteckt.
„Ein Teil davon gehört Euch und Eurer Gemahlin, Candir“, sagte er. „Wir werden die Beute in Akinbera abliefern und ich werde dem König von Eurem Anspruch berichten. „Wenn Ihr in die Hauptstadt kommt, sprecht bei ihm vor. Er wird Euch das Geld auszahlen. Gorban ist ein gerechter Herrscher und er wird Euch nichts von dem vor enthalten, was Euch zusteht.“
Rowin lächelte. „Ich werde keine Zeit haben, den König aufzusuchen“, sagte er. „Daher werde ich euch einen Brief mitgeben, in dem ich euch unseren Anteil überschreibe. Ihr habt uns das Leben gerettet, und daher bitten wir euch, diese Gabe von uns anzunehmen und auch den Angehörigen eurer toten Kameraden ihren Teil davon zu geben. Wir sind nicht arm, sodaß wir auf dieses Geld verzichten können. Ich denke jedoch, daß es euch vielleicht einige Wünsche erfüllen hilft und die Not der Hinterbliebenen lindert.“ Stürmisch wollten sich die Leute bedanken, doch Rowin wehrte ab. „Wir haben euch viel mehr zu verdanken, als unser Anteil wert ist“, sagte er. „Wäret ihr nicht rechtzeitig gekommen, lebten wir nicht mehr. Ihr aber hättet das Gold anschließend wohl doch gefunden und hättet nicht mit uns teilen müssen. Daher steht euch dieses Geld zu.“
Diese großzügige Geste Rowins ließ uns in der Achtung der Männer noch mehr steigen und ihre Blicke huschten immer wieder voll heimlicher Bewunderung zu uns herüber.
Kurze Zeit später brachen wir auf. Bis zum Abend ritten wir mit den Soldaten und schlugen auch mit ihnen zusammen ein Lager auf. Am Morgen jedoch trennten wir uns. Sie ritten weiter nach Osten, um später wieder auf die Handelsstraße zu stoßen, wogegen wir nach Süden abschwenkten, um wieder in unser Dorf zu gelangen. Wir ritten langsam, denn wir waren beide erschöpft. So war es bereits dunkel, als wir wieder im Gasthaus anlangten. Man hatte ihm Dorf den Hufschlag unsere Pferde gehört, und so strömten die Bauern in die Gaststube, um von unseren Erlebnissen zu hören und unsere Rückkehr zu feiern. Doch Rowin bat die Leute, sich bis zum nächsten Abend zu gedulden. Dann würden wir ihnen gern alles erzählen. Obwohl die Leute fast vor Neugier platzten, hatten sie doch Verständnis dafür, daß wir zunächst einmal Ruhe brauchten. So zogen wir uns nach einem kurzen Nachtmahl auf unser Zimmer zurück. Ich hatte Rowin während des Ritts von meiner Entführung erzählt, da er keine Ruhe gab und jede Einzelheit wissen wollte. Als ich nun auf dem Bett saß, kam er heran und ließ sich vor mir auf ein Knie nieder. Er sah mich eine Weile stumm an. Dann legte er seinen Kopf in meinen Schoß und umklammerte meine Schenkel.
„Oh, Athama!“ stöhnte er. „Ich wäre fast vor Angst um dich gestorben! Wenn sie dich wirklich getötet hätten – wenn ich dich verloren hätte …………!“ Er brach ab. Lange Zeit lag er so in meinem Schoß, und ich spielte gedankenverloren mit seinem Haar. Was würde geschehen, wenn ich eines Tages wirklich nicht wieder kam? Seit meiner Unterredung mit Targil hatte ich immer wieder nach einer anderen Lösung gesucht, doch es war zwecklos! Zwar war es auch hier an den Höfen üblich, daß der Fürst oder König sich eine Mätresse hielt. Selbst den Damen wurde eine Liebschaft nachgesehen, solange sie es verschwiegen taten. Aber es gab Gründe, die eine solche Liaison in Rowins Fall ausschlossen. Ilin wußte von Rowins Verbindung mit mir und hatte verlangt, daß ich das Schloss
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