Das Treffen
alle furchtbar fehlen.«
»Jetzt fang bloß nicht an zu heulen«, neckte Finley. »Wir sind hier ja schließlich nicht auf einer Beerdigung, Himmel noch mal.«
»Ich weiß, aber …«
»Auf die schöne Zeit, die wir zusammen verbracht haben.« Cora hob erneut ihr Glas.
»Und die jetzt vorbei ist«, murmelte Helen betrübt. »Vielleicht sehen wir uns nie mehr wieder.«
»Aber klar doch«, widersprach Abilene. »Hey, du wirst doch wohl zu meiner Hochzeit kommen, oder etwa nicht?«
»Hickok, du bist wirklich eine Optimistin.«
»Wir werden früher oder später bestimmt heiraten. Und dann erwarte ich, dass ihr alle dabei seid.«
»Wir haben sicher oft Gelegenheit, einander zu besuchen«, sagte Cora und nickte Helen aufmunternd zu.
»Aber das ist nicht das Gleiche.«
»Tja, die Dinge ändern sich eben«, stellte Abilene fest.
Helens besorgtem Blick nach zu urteilen, war das nicht unbedingt die Bemerkung, die sie hatte hören wollen.
»Ich meine ja nur. So ist das Leben. Es muss sich ja nicht alles zum Schlechten wenden. Es gibt kein Gesetz, das uns verbietet, uns ab und an zu treffen und …«
»Ich habe eine Idee«, unterbrach sie Vivian, die bisher stumm an ihrem Sekt genippt hatte.
»Warte«, sagte Finley. »Das müssen wir für die Nachwelt festhalten. Moment …« Sie sprang von ihrem Sitzkissen auf, rannte durch den Raum und schnappte sich ihre Kamera vom Tisch.
»Jetzt geht das schon wieder los«, protestierte Cora.
»Hör auf«, sagte Vivian. »Wir sind nicht richtig angezogen.«
»Klar seid ihr. Im Vergleich zu eurem ersten Auftritt vor meiner Kamera …«
»Das hast du doch wohl gelöscht, oder?«, fragte Abilene.
»Klar doch, du Scherzkeks.« Sie spähte durch den Bildsucher der Kamera und ließ das Band laufen. »Seid einfach ganz natürlich. Ihr seht toll aus. Jetzt zu deiner Idee, Vivian.«
Vivian, die nur ein dünnes schwarzes Nachthemd trug, warf einen finsteren Blick auf die Kamera und verbarg ihre Brüste mit der Hand, die nicht das Sektglas hielt.
»Keine Sorge. Außer uns bekommt das niemand zu sehen.«
»Das behauptest du « , warf Cora ein, die selbst nur ein übergroßes T-Shirt trug.
Helen saß in einem tief ausgeschnittenen Nachthemd auf dem Sofa. Sie packte eines der Kordkissen und hielt es sich vor die Brust.
Zumindest trage ich einen Pyjama, dachte Abilene. Er gehörte Harris. Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatte sie die Hose und er das zugehörige Oberteil getragen, als sie für sie beide in ihrem Motelzimmer Instantkaffee aufgoss. Als sie endlich dazu gekommen waren, den Kaffee auch zu trinken, war er bereits kalt gewesen. Später hatte sie den Pyjama in ihrer eigenen Tasche verstaut, und Harris hatte ihr lachend dabei zugesehen. Seitdem gehörte der Schlafanzug ihr.
Finley ging durch den Raum und nahm alles aus verschiedenen Blickwinkeln auf. »Irgendwann sehen wir uns das ganze Zeug mal an und lachen uns tot.«
»Klar«, murmelte Helen.
»Was mich wieder auf meine Idee bringt«, sagte Vivian. »Seid ihr bereit?«
Finley richtete die Kamera auf sie und zoomte heran. »Schieß los.«
»Also …«
Finley schwenkte die Kamera auf Cora, die auf dem Boden kniete und die Gläser auffüllte.
Vivian wartete, bis sie fertig war, dann nahm sie einen Schluck. »Also. Kennt ihr das Stück Nächstes Jahr, selbe Zeit? «
»Das ist doch ein Film«, warf Finley ein und richtete das Objektiv wieder auf Vivian.
»Es war zuerst ein Stück.«
»Kenn ich nicht«, sagte Helen.
»Hätte dir auch nicht gefallen«, sagte Abilene. »Da kommt keine einzige Kettensäge vor.«
Helen hätte beinahe gelächelt.
»Wie dem auch sei«, sagte Vivian. »Es geht um einen Mann und eine Frau, die sich ineinander verlieben. Aber sie können nicht heiraten, deshalb treffen sie sich einmal im Jahr, immer an einem anderen Ort.«
»Daher der Titel«, sagte Finley.
»Egal, was in ihrem sonstigen Leben auch passiert, sie treffen sich regelmäßig und verbringen ein Wochenende miteinander. Also – was haltet ihr davon, wenn wir so etwas Ähnliches machen?«
Helen grinste breit. »Das wäre toll.«
»Ja!«, stimmte Abilene zu. »Aber wir müssen uns wirklich alle dran halten.«
»Stimmt«, pflichtete Cora ihr bei. »Egal, was passiert. Der Job, die Familie – nichts darf dazwischenkommen. Wir treffen uns einmal im Jahr. Alle fünf.«
»Jawohl«, sagte Vivian. »Keine Ehemänner, keine Lover, nur wir.«
»Die wären uns sowieso nur ein Klotz am Bein«, sagte Cora.
Helen lachte.
»Wir
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