Das Treffen
dem Wasser trieb …?
Hinter ihr sprang noch jemand ins Wasser. Sie sah sich um. Es war Cora, die sich nicht damit aufgehalten hatte, ihr Tanktop auszuziehen.
Coras Augen waren vor Schreck und Sorge geweitet. Sie war kreidebleich.
Sollte sie Cora zuerst hineingehen lassen?
Nein. Sie war für Helen verantwortlich. Sie wusste nicht genau, warum sie davon so überzeugt war, aber seit ihrer ersten Woche an der Belmore war sie für Helen nicht nur eine Freundin, sie war auch ihre Beschützerin gewesen.
Sie trat in den Bogengang und ließ den Blick über die Wasseroberfläche wandern. Unter dem träge dahintreibenden Dunst konnte sie nichts Ungewöhnliches entdecken. Keine Leiche. Keine dunkle Gestalt unter der Oberfläche. Hinter den weißen Schlieren machte sie die gegenüberliegende Seite des Beckens sowie die Bar mit der Theke und den Hockern davor aus.
»Nichts«, sagte sie. Ihre Stimme dröhnte durch den stillen Raum.
»Hier ist sie nicht«, antwortete Cora. »Hier ist niemand.«
»Wo ist sie dann? « , flüsterte Abilene und entfernte sich von der Öffnung.
»Weiß der Geier. Aber sie muss hier gewesen sein. Sie hat nach den Schlüsseln gesucht, genau wie du es vermutet hast.«
»Was macht ihr da drin?«, fragte Finley.
Cora wandte sich um. »Einen Moment. Bleibt ihr so lange draußen?«
»Denke schon. Vivian will nicht ins Wasser gehen.«
»Nur wenn's unbedingt sein muss«, sagte Vivian leise.
»Ist schon in Ordnung«, sagte Cora. »Aber bleibt, wo ihr seid.« Dann wandte sie sich wieder Abilene zu. »Jetzt können wir auch gleich nach den Schlüsseln suchen. Wenn sie aus der Hosentasche gefallen sind, sollten sie ja nicht schwer zu finden sein.«
»Vielleicht hat Helen sie schon herausgefischt?«
»Vielleicht aber auch nicht. Wer weiß. Sehen wir einfach mal nach.«
»Also gut. Da rüber.«
Sie wateten zur Beckenmitte.
Der Dunst teilte sich um sie herum wie Rauch, der von ihren sanften Bewegungen vertrieben wurde.
Abilene sah ins Wasser und hatte bald das dunkle, vergitterte Loch gefunden, aus dem die Quelle strömte. Als sie näher kam, spürte sie, wie ihr das warme Wasser an den Schenkeln entlang zum Höschen hinaufkroch. »Genau hier hab ich die Shorts gefunden«, flüsterte sie.
»Na toll. Und wenn die Schlüssel da reingefallen sind?«
»Daran habe ich auch schon gedacht.« Mit einem großen Schritt stieg sie über die Metallstangen. »Genau hier.« Sie presste die Vorderseite ihres Rocks gegen die Schenkel, beugte sich nach vorn und tauchte mit dem Kopf ins Wasser. Ihre Beine wirkten irgendwie verdreht – blass und verzogen, als hätten sich ihre Knochen in weichen Gummi verwandelt.
Der helle Boden des Beckens war genau zu erkennen.
Kein Schlüsselmäppchen. Nicht vor ihren Füßen, nicht in unmittelbarer Umgebung. Sie tauchte wieder auf und sah, dass Cora ebenfalls den Kopf unter Wasser gesteckt hatte.
Also wandte sie sich nach rechts und suchte weiter den Boden ab.
Nichts.
Lange suchten sie gemeinsam den Bereich um die Quelle herum ab. Sie tauchten sogar hinunter, umklammerten die Metallstäbe und spähten in das finstere Loch dahinter. Wenn die Schlüssel dort hineingefallen waren, wären sie für immer verschwunden.
Dann schwärmten sie weiter aus. Abilene verfolgte ihren Weg zum Beckenrand zurück. Vielleicht waren die Schlüssel ja auf dem Weg dorthin aus der Tasche gerutscht. Dann hatte sie den Rand erreicht, ohne sie zu finden. Sie betrachtete den Granit, um zu sehen, ob Helen Fußspuren darauf hinterlassen hatte.
Der Granit war nass. Pfützen hatten sich darauf gebildet. Und es gab unzählige Fußspuren. Nach einem Moment der Verwirrung und Furcht erkannte sie, dass sie ihre eigenen Spuren von gestern Nacht betrachtete. Das Wasser am Rand des Beckens war noch nicht getrocknet.
»Was gefunden?«, fragte Cora atemlos.
»Vielleicht ist sie hier herausgestiegen. Kann man nicht erkennen, hier ist alles noch nass von gestern.«
»Aber wo zum Teufel sind die Schlüssel? Vielleicht sollten wir die anderen rufen, damit sie uns beim Suchen helfen.«
»Das bringt doch nichts. Entweder hat Helen sie bereits gefunden, oder sie sind in die Quelle gefallen.«
»Sehen wir doch noch mal nach.«
»Suchen wir lieber Helen. Ob sie die Schlüssel nun hat oder nicht … ohne sie können wir ja wohl schlecht abhauen.«
»Helen«, rief Cora. »Helen!«
»Habt ihr sie gefunden?«, rief Finley von draußen durch die Stille, die dem Echo von Coras Stimme folgte.
»Nein,
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