Das Ultimatum - Thriller
Terroristen hätten gelogen, als sie behaupteten, über Generalschlüssel zu verfügen, oder dass sie schon genug Geiseln zusammengetrieben hatten und sich nicht mehr die Mühe machten, die anderen Zimmer zu durchsuchen.
Die Wortfetzen von draußen wurden leiser, und Martin schöpfte neue Hoffnung.
»Das würdest du nicht glauben, Carrie«, flüsterte er zu sich selbst. »Dass das sich alles vor unserem Zimmer abspielt.«
Plötzlich verspürte er das dringende Bedürfnis, mit ihr zu sprechen. Nur noch dieses eine letzte Mal. Wollte sie an die tollen zwei Wochen erinnern, die sie vor all den Jahren hier verbracht hatten. Herausfinden, wie sie jetzt lebte. Ob sie Kinder hatte. Wie es ihr ergangen war. Er wünschte sich, er hätte ihre Telefonnummer oder wenigstens ihre E-Mail-Adresse ausfindig gemacht, damit er ihr, ehe er ins Grab sank, die Fragen stellen konnte, deren Antworten ihn so brennend interessierten.
»Bitte, das ist Ihre letzte Chance, bitte kommen Sie jetzt sofort aus Ihren Zimmern.« Die Stimme der Managerin wurde wieder lauter, sie war klar und deutlich zu hören. Sie kam näher.
Martin verhielt sich mucksmäuschenstill. Er würde auf keinen Fall hinausgehen. Plötzlich fühlte er sich unglaublich mutig. Mutiger als je zuvor in seinem Erwachsenenleben. Mutiger sogar als an jenem Tag, an dem er von der Unabänderlichkeit seines Schicksals erfahren hatte und so tapfer damit umgegangen war.
Durch seine Tür drangen gedämpfte Stimmen. Dann ging sie auf, er hörte etwas.
Himmel, sie waren bei ihm im Zimmer.
Er hielt den Atem an. Der Wein, der Stress und der immer präsente Krebs ließen ihn schwindeln, fast wurde er ohnmächtig.
Da er die Augen fest zusammengekniffen hatte, hörte er den Mann nur, der ans Bettende trat. Jetzt war er entdeckt.
Eine Waffe wurde durchgeladen, in der Stille des Zimmers klang es schrecklich laut. Er biss die Kiefer aufeinander, dass es knirschte, und erwartete stumm sein Ende.
»Öffne die Augen.«
Die Stimme, die das in aller Seelenruhe sagte, hatte einen osteuropäischen Akzent, der irgendwie komisch klang. Martin schnappte nach Luft und blickte in die Augen eines maskierten Mannes, der mit einem Gewehr auf ihn zielte.
Der Mann wandte sich zur Tür.
»Siehst du, ich hab dir gesagt, dass da noch mehr sind.«
»Bring ihn um«, befahl eine Stimme, die einen fremden Akzent hatte. Sie klang völlig beiläufig, als ob er, Martin Dalston, ein Mann, der lebte und liebte, Kinder hatte und mit einer furchtbaren Krankheit rang, vollkommen bedeutungslos war. Ein unnützes Etwas, dessen man sich im Vorübergehen entledigte.
Doch der Terrorist schoss nicht. Trotz der Maske sah Martin, dass er ihn musterte.
»Wir brauchen mehr Geiseln«, sagte der Mann, der auf ihn zielte. »Wenn wir zu viele Gäste erschießen, haben wir zu schnell die Special Forces am Hals.«
»Wie du meinst«, sagte der andere abschätzig.
Der Terrorist hob den Gewehrlauf, und Martin stand folgsam auf. Er versuchte das Gleichgewicht zu halten und wusste nicht, ob er Erleichterung verspüren sollte, Schwermut oder schieren Schrecken.
Jetzt konnte er auch den zweiten Terroristen sehen. Der war klein und untersetzt und trug wie der andere einen schwarzen Overall. Neben ihm stand die Managerin, sie war groß, blond und hübsch und hatte ein einnehmendes Gesicht. Entsetzt starrte sie die Schlinge an, die vom Bilderhaken baumelte.
Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke, und Martin fühlte sich aufs Äußerste gedemütigt, nun, da die Welt seine intimsten Pläne kannte.
Dann wurde er auch schon zusammen mit der Managerin in den Flur gestoßen, wo etwa ein Dutzend Gäste unterschiedlichen Alters versammelt standen, darunter das weinende Kind, ein Mädchen, das nicht älter als zehn war. Insgesamt zählte er vier Terroristen, alle maskiert, aber trotzdem glaubte Martin zu erkennen, dass ihr Anführer, der Mann, der seinen Tod befohlen hatte, nicht glücklich wirkte.
»Auf dieser Etage müssen noch mehr Gäste sein«, zischte er die Managerin an. Er packte sie und bedrohte sie mit seiner Waffe.
»Die meisten Zimmer sind belegt, ja«, flüsterte sie, »aber das heißt nicht, dass die Gäste auch da sind. Viele werden sich in der Stadt aufhalten. Geschäftsleute, Touristen.«
»Es müssten mehr sein.« Der Anführer wandte sich an die beiden anderen Terroristen. Einer davon war Armin. »Ihr habt jeder einen Generalschlüssel. Durchsucht die Zimmer. Eins nach dem anderen. Bringt sie lebend in den
Weitere Kostenlose Bücher