Das Ultimatum - Thriller
Ballsaal, es sei denn, sie leisten Widerstand. Wer sich wehrt, wird erschossen.«
Er wandte sich ab, und unter dem lauter werdenden Weinen des Mädchens trieb er seine Geiseln Richtung Treppenhaus.
27
Nachdem er die Suite im Obergeschoss verlassen hatte, versuchte Scope zehn Minuten lang, aus dem Stanhope herauszukommen. Die Fahrstühle waren alle außer Betrieb, und als er es mit den Treppen versuchte, war er einem Hotelbediensteten begegnet, der ihm entgegenlief. Der junge Zimmerkellner erzählte ihm, es handle sich um einen Terroristenanschlag. Viel wusste er nicht, nur dass unten Leichen lagen und er zwei Männer mit Sturmgewehren gesehen hatte.
Das muss ausgerechnet mir passieren, dachte Scope. In eine Staatskrise zu geraten und in der Falle zu hocken, obwohl ich um jeden Preis rausmuss. Doch er hatte schon vor langer Zeit akzeptiert, dass es keinen Sinn ergab, über die Karten zu jammern, die einem das Schicksal austeilte.
Der Junge sagte, er wolle ins Restaurant im neunten Stock, das gegenwärtig geschlossen sei und wo man sich gut verstecken könne. Er schlug Scope vor mitzukommen, doch Scope lehnte ab und suchte seine Chance. Er war allerdings lediglich zwei Stockwerke weit nach unten vorgedrungen, als er eine Salve aus einer automatischen Waffe hörte, die unter ihm abgefeuert wurde. Sekunden später kamen weiter unten Leute die Treppe herauf. Da beschloss er, dass sich zu verstecken und abzuwarten vielleicht doch die bessere Option war, zumal er nur ein Messer bei sich hatte. Zumindest bis er wusste, womit er es zu tun hatte.
Er kehrte in die Suite zurück und schaltete den Fernseher ein. Sky News hatte eine Liveschaltung zum Hoteleingang, und das Laufband berichtete von bewaffneten Männern, die das Hotel in ihre Gewalt gebracht hätten, und dass aus der Lobby heraus geschossen worden sei. Zudem gab es Berichte über zwei weitere Explosionen in London. Der öffentliche Nahverkehr würde vollständig evakuiert. Es schien, als habe sich das alles zugetragen, während Scope in der Suite seinen Job erledigte. Allerdings waren die Einzelheiten bisher recht dürftig.
Doch so oder so: Er saß in der Falle. Und die Leichen in der Suite fingen bereits an zu stinken. Er überdachte seine Möglichkeiten und kam nach ein paar Minuten zu dem Schluss, dass ihm nur zwei blieben: hier auf die Kavallerie zu warten oder versuchen zu fliehen.
Scope hatte praktisch keine Ahnung, wie die Polizei in solchen Fällen reagieren würde. Es war durchaus möglich, dass sie den SAS schickten, doch wenn die Reality-Cop-Shows auch nur einigermaßen die Wirklichkeit abbildeten, dann würden sie wohl zuerst eine Deeskalationsstrategie anwenden und versuchen zu verhandeln. Und das wiederum hieß, dass es keine Garantie gab, dass der SAS den Laden stürmen würde, ehe die Terroristen ihn abfackelten oder zu Klump schossen.
Also blieb ihm nur eine echte Option.
Er zog das Messer, hielt es aber an den Oberschenkel gepresst und schlich wieder zur Feuertreppe. In der Suite nebenan spielten die Bewohner noch immer laute Musik. Er überlegte kurz, sie zu warnen, doch dann würde er nur unnötige Aufmerksamkeit erregen. Wahrscheinlich wussten sie inzwischen sowieso Bescheid.
Als er diesmal ins Treppenhaus kam, hörte er nichts. Er horchte eine Weile und ging dann vorsichtig die Treppe hinunter, wobei er sich bemühte, kein Geräusch zu machen, und weiter angespannt auf mögliche Gefahrensignale lauschte. Das Knarren einer Tür, ein lauter Atemzug, das Spannen einer Waffe. Zwar war es unwahrscheinlich, dass unten jemand lauerte, doch wusste er aus bitterer Erfahrung, dass man nie vorsichtig genug sein konnte.
Als er zwischen dem sechsten und fünften Stock war, hörte er es: Eine der Türen flog auf, und jemand rief Kommandos. Die Stimme klang so gelassen, dass sie nur von jemandem stammen konnte, der eine Waffe in der Hand hielt.
»Bewegung.« Unmittelbar darauf hörte er, wie Menschen die Treppe hinaufstiegen. Er nahm bereits ihr verängstigtes Geflüster wahr, übertönt von den barschen Rufen des einzelnen Terroristen.
Scope huschte in einen leeren Flur der fünften Etage. Er schloss die Tür hinter sich und lehnte sich an die Wand. Durch die Milchglasscheibe sah er einen maskierten Mann die Treppe heraufkommen, der ein AK-47 trug. Der Mann drehte Scope den Rücken zu und trieb unaufhörlich eine Prozession verschreckter Hotelgäste an, die hinter ihm die Stufen erklommen. Am Ende der Gruppe konnte Scope einen weiteren
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