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Das Ultimatum - Thriller

Das Ultimatum - Thriller

Titel: Das Ultimatum - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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von seinem Versteck entfernt. Vor lauter Verwirrung vergaß er zeitweise sogar seinen Harndrang und lag reglos da, bis er erneut Stimmen vernahm. Leiser und ruhiger diesmal, dafür noch näher, gleich hier in der Küche. Gute Ohren hatte er schon immer gehabt. »Ohren wie eine Fledermaus«, hatte seine Mutter gesagt, wenn er als Kind in Trinidad die Gespräche der Erwachsenen belauschte, die ihn nichts angingen. Und was er aus der Küche vernahm, war der reine Horror gewesen. Es gab keinen Zweifel daran, dass bewaffnete Männer das Stanhope übernommen hatten, Männer, die Elena Serenko, die hübsche junge Duty Managerin, die im Gegensatz zu anderen stets freundlich zu ihm war, zwangen, den Aufbewahrungsort der Generalschlüssel zu verraten sowie den des Schaltkastens der zentralen Sprinkleranlage.
    Das war inzwischen einige Zeit her. Clinton wagte einen Blick auf seine Uhr, achtete aber darauf, das fluoreszierende grüne Leuchten mit der Hand abzuschirmen. Es war fünf vor sieben, fast eineinhalb Stunden nach Ende seiner offiziellen Schicht. Seine Frau Nancy würde inzwischen selbst von der Arbeit heimgekommen sein und gehört haben, was hier im Hotel vor sich ging. Sie würde sich zu Tode ängstigen, gehörte sie doch zu der Sorte Frauen, die sich ständig über alles Sorgen machen. Deshalb hatte er ihr vorhin auch eine SMS geschickt, in der er ihr mitteilte, dass er sicher sei, aber nicht reden könne. Dann hatte er sein Handy ausgeschaltet, weil er fürchtete, es könnte ihn durch ein Klingeln oder sonst ein überraschendes Geräusch verraten.
    Seine Blase fühlte sich inzwischen an, als würde sie jeden Moment platzen. Er versuchte, an etwas anderes zu denken, irgendetwas, das wenigstens zeitweise Erleichterung verschaffte, aber nichts half, und er musste seine ganze Willenskraft aufbringen, sich zu beherrschen. Er erwog sogar, einfach in die Hosen zu machen. Und hätte es fast getan, wenn ihm nicht gerade noch eingefallen wäre, dass der Geruch ihn verraten könnte.
    Doch trotz des Schreckens, den ihm dieser Gedanke einjagte, würde er nicht mehr viel länger durchhalten können.
    Draußen wurde zwar nicht mehr gesprochen, aber er hörte, dass sich Leute in der Küche aufhielten. Jemand musste dort sein. Direkt hinter der Tür. Jemand, der bereit war, ihn zu töten.
    Schritte kamen näher, und die Angst schnürte seinen Brustkorb ein.
    Die Schritte verstummten, doch dann öffnete sich die Tür, und ein breiter Lichtstrahl überflutete sein Versteck.
    Die Angst schien direkt auf Clintons Blase zu drücken, er glaubte, sie würde jede Sekunde explodieren. Er hielt den Atem an, zwängte sich so dicht wie möglich an die rückwärtige Wand und betete zu Gott, dass, wer immer der Eindringling war, sich bitte, bitte nicht bücken möge.
    Der Mann stand jetzt in der Kammer und durchwühlte die Regale, vielleicht suchte er nach etwas Essbarem, seine Stiefel befanden sich nur Zentimeter von Clintons Kopf entfernt, und daneben sah er den Lauf eines Gewehrs, das achtlos herunterbaumelte.
    Clinton hielt den Atem an, bis er dachte, es platze nicht nur seine Blase, sondern seine Lunge gleich mit. Wogen der Angst durchfluteten ihn, die Gewissheit, dass sein Leben in wenigen Sekunden zu Ende sein konnte. Gleich würde er vor Gott treten, und dabei hatte er inbrünstig gehofft, ihm noch viele Jahre nicht zu begegnen. Niemand glaubt doch, dass einem etwas so Schreckliches widerfahren könne.
    Bitte, lieber Gott, mach, dass er mich nicht entdeckt.
    In diesem Moment spürte Clinton, wie etwas Feuchtes an seinem Bein herabrann und seinen Hintern nässte.
    Oh mein Gott, nein, bitte nicht.
    Tränen schossen ihm in die Augen, er rang nach Luft und versuchte verzweifelt, seiner Blase Einhalt zu gebieten. Doch er wusste nicht, wie er das anstellen sollte, und nun hörte er sogar, wie sein Urin auf den Boden tropfte, wo er eine Pfütze bildete, nur wenige Zentimeter von den Stiefeln entfernt. Gleich würde man ihn entdecken. Und trotzdem konnte er nicht aufhören.
    Der Mann brummte etwas Unverständliches, er schien etwas Bestimmtes zu suchen, dabei polterte eine Büchse zu Boden und rollte zu Clinton unter den Schrank. Clinton streckte einen Finger aus und lenkte sie wieder nach draußen und betete, der Mann möge nicht nach unten sehen und die sich ausbreitende Pfütze entdecken oder gar den strengen Uringeruch wahrnehmen, der Clinton geradezu überwältigend vorkam. In der klaustrophobischen Stille erschienen Clinton die Sekunden wie

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