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Das Ultimatum - Thriller

Das Ultimatum - Thriller

Titel: Das Ultimatum - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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    20:02
    Tina Boyd fuhr so langsam wie möglich am Haus der Dales vorbei. Es brannte kein Licht, aber das war zu erwarten gewesen. Wenn die Kidnapper die Familie hier festhielten, würden sie ihre Anwesenheit nicht auch noch verkünden wollen. Allerdings glaubte Tina sowieso nicht, dass sie sich mit ihren drei Geiseln hier verschanzten. Es war viel einfacher, sie an einen unbekannten Ort zu verschleppen, nur für den Fall, dass Arley nicht kooperierte oder selbst zu Hause nachsah. Noch etwas fiel Tina auf: Keiner der Vorhänge war vorgezogen. Normalerweise machten Kidnapper das als Erstes, um von draußen nicht gesehen zu werden.
    In der Einfahrt parkte ein Audi A6 Kombi, von dem Tina annahm, er gehöre Arleys Mann. Sie fuhr ohne anzuhalten weiter, um zu sehen, ob in einem der Wagen, die am Straßenrand parkten, jemand saß. Sie glaubte nicht, dass die Kidnapper über die nötigen Ressourcen verfügten, weiter das Haus zu beobachten, doch schadete es nicht, gründlich zu sein.
    Als Tina sich überzeugt hatte, dass die Luft rein war, parkte sie den Wagen etwa dreißig Meter vom Haus entfernt und stieg aus. Die kalte Abendluft ließ sie erzittern. So natürlich wie möglich ging sie zurück, ein später Pendler auf dem Nachhauseweg, doch anstatt in die Einfahrt der Dales bog sie in die des Nachbarhauses ein. Sie ignorierte die Lichter, die dort brannten, schlich sich am Haus vorbei und drückte die Klinke der Gartentür. Sie war verschlossen. Tina kletterte darüber und hoffte, dass sie nicht von einem bellenden Hund gestellt würde. Sie hatte Glück.
    Eine hohe immergrüne Hecke trennte die beiden Grundstücke, und Tina musste sich wie ein Regenwaldforscher hindurchzwängen, bis sie im Garten hinter Arleys Haus wieder herauskam. Auch hier waren die Vorhänge nicht zugezogen. Eine volle Minute lang hielt sie sich im Schatten der Hecke und versuchte zu erkennen, ob jemand im Haus war.
    Doch nichts regte sich. Keine Geräusche. Auch nicht das um diese Uhrzeit normale bläuliche Flackern eines Fernsehers. Nur das entfernte Rauschen des Verkehrs sowie ein Flugzeug, das über sie hinwegflog, waren zu hören. Tina hatte genug Erfahrung mit Observierungen, um zu wissen, wann ein Haus oder eine Wohnung verwaist waren. Der Mensch kann nicht lange stillhalten.
    Sie ließ weitere dreißig Sekunden verstreichen und schlich dann zum nächstgelegenen Fenster, von dem aus sie direkt in die Küche mit angeschlossenem Essbereich schauen konnte.
    Die Leiche war nicht zu übersehen. Auch wenn sie nur ein paar ausgestreckte Beine erkennen konnte, wusste sie, dass die Person, die halb vom Küchentresen verdeckt wurde, tot war. Um den Rumpf hatte sich eine dunkle Pfütze gebildet, in der auch die Hände lagen. Tina kannte Howard nicht und hatte noch nie ein Foto von ihm gesehen, hatte aber keinen Zweifel, dass er es war. Die Leiche war offenkundig männlich und erwachsen, das ließ nicht viel Raum für Spekulationen. Der Blutlache nach zu urteilen, musste er bereits einige Zeit da liegen.
    Sie trat einen Schritt zurück. Es war eigentlich an der Zeit, die Polizei zu rufen. Wenn sie hineinging, würde sie einen Tatort kontaminieren und sich strafbar machen. Es hätte allerdings sein können, dass die Kinder sich noch im Haus befanden, dann jedoch waren sie mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls tot. Plötzlich spürte sie ihr Handy in der Hosentasche vibrieren und hätte es fast herausgenommen, um den Anruf anzunehmen.
    Sie beherrschte sich aber und streifte stattdessen ein paar Handschuhe über. Dann holte sie die Schlüssel, die, wie sie von Arley wusste, in einem Blumentopf verborgen waren, heraus und probierte sie in der Küchentür, bis einer passte.
    Drinnen herrschte eine unheimliche Stille, über die sich der säuerliche Geruch des Todes gelegt hatte. Die Situation hatte sie schon oft erlebt, sich aber nie daran gewöhnen können. Sie hielt den Atem an und kniete neben der Leiche nieder, fühlte routinemäßig den Puls, vermied es aber, mit dem Blut in Berührung zu kommen. Sie war nicht überrascht, dass sie keinen mehr fühlte.
    Sie wollte sichergehen, dass es sich wirklich um Arleys Mann handelte, und kroch in die Diele, um nach Familienfotos zu suchen. Da entdeckte sie die zweite Leiche. Das musste Magda sein, das Au-pair-Mädchen. Arley hatte Tina bereits berichtet, dass die Kidnapper Magda getötet hatten, dabei allerdings nicht erwähnt, dass die Leiche zurückgelassen worden war.
    An der Wand gegenüber der Toten

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