Das Ultimatum - Thriller
hing ein von einem Profifotografen aufgenommenes Familienporträt, und wenn der breit lächelnde große Mann, der seine Familie um gut zwei Köpfe überragte, Howard war, dann lag er jetzt tot in der Küche.
»Allmächtiger«, flüsterte Tina im Dämmerlicht. Sie fragte sich, worauf sie sich einließ, fühlte aber gleichzeitig wieder die alte lodernde Wut in sich aufsteigen, die sie so lange nicht mehr gespürt hatte. Sie wollte die Verantwortlichen zur Strecke bringen. Sie sollten für ihre Verbrechen zahlen.
Plötzlich hoch motiviert, durchsuchte sie den Rest des Hauses, konnte aber keine Spur von den Kindern entdecken. Wie sie erwartet hatte, waren die Kidnapper verschwunden. Sie hielt nach Indizien Ausschau, Kleinigkeiten, die ihr einen Hinweis auf die Entführer geben könnten, konnte aber nichts entdecken.
Dies stellte Tina vor eine schwere Entscheidung. Arleys Kinder aufzuspüren schien unmöglich. Das Klügste wäre, Arley davon zu überzeugen, sich ihren Vorgesetzten zu offenbaren. Allerdings bezweifelte sie, dass ihr das gelingen würde. Zumal Tina im Grunde ihres Herzens wusste, dass Arley recht damit hatte. Weder die Met noch die Regierung würden das Leben zweier Kinder über das der Geiseln im Stanhope stellen.
Tina schlich sich aus dem Haus und fummelte eine falsche Polizeimarke aus der Gesäßtasche ihrer Jeans, die sie hin und wieder bei Aufträgen benutzt hatte.
Und traf ihre Entscheidung.
51
20:20
Dies waren die toten Stunden. Die Zeit in der Mitte einer Operation, während der sie nur herumsaßen und die Geiseln bewachten. Die Stunden zählten, bis es Zeit war, den nächsten Schritt zu tun.
Im Ballsaal hatten Fox und Bear die Wache übernommen. Vorher hatten sie in der Küche einen Teller Nudeln gegessen, und Bear hatte sich mehrfach über Cats Unberechenbarkeit beklagt. Ihr Gebrüll, nachdem sie erfahren hatte, was ihrem Bruder widerfahren war, hatte man im ganzen Ballsaal gehört. Seitdem war sie immer wieder von Zornesausbrüchen erfasst worden, auch wenn sie kaum mehr ein Wort gesprochen hatte. Fox hatte Bear versichert, solange sie sich nicht allein auf die Jagd nach dem Täter machte, würde nichts passieren. Bear hatte sich beruhigt, doch schien ihn der Tod von Leopard und Panther stärker zu beschäftigen, als er zugab. In dieser Hinsicht war Fox abgebrühter. Der Mann stellte zwar eine Gefahr dar, aber wahrscheinlich versteckte er sich in einem der Zimmer und mischte sich nicht weiter in ihre Angelegenheiten.
Mehr Sorgen bereitete Fox die hochgradig angespannte Atmosphäre im Ballsaal. Er sah, dass einige Geiseln extrem erregt waren. Während andere sich heimlich nach Fluchtmöglichkeiten umsahen. Ganz offenkundig begannen sie langsam zu verdrängen, was vorhin mit ihren Leidensgenossen geschehen war, die versucht hatten aufzumucken.
Er und Bear hatten sich sieben, acht Meter auseinandergesetzt. Bears Fuß ruhte auf dem Detonationspedal, und Fox hoffte, dass es keiner der Geiseln in den Sinn käme, dass weder er noch Bear die Bombe zur Explosion bringen konnten, weil sie sonst mit draufgehen würden. Tatsächlich war diese Bombe wie auch die beiden anderen mit einem Zeitzünder versehen, der sie um 23:00 Uhr zünden würde. Nicht eher. Pedal und Kabel dienten nur der Einschüchterung.
Eine der am ehesten Ärger versprechenden Geiseln, ein massiger jüngerer Kerl in einem eng sitzenden Anzug, fing Fox’ Blick auf und erhob sich.
Fox schrie ihn an, er solle sich wieder hinsetzen.
Widerstrebend ließ der sich auf ein Knie nieder.
»Ich muss dringend zur Toilette«, sagte er mit dem unverkennbaren Akzent eines Privatschulabsolventen.
»Interessiert mich nicht.«
»Ach komm schon, mach mal halblang. Bitte.« Seine Stimme strahlte ein Selbstvertrauen aus, das den anderen Geiseln nicht entgehen würde.
Ein Zeichen von Schwäche oder Unentschlossenheit hätte jetzt fatale Folgen. Deshalb erhob sich Fox betont langsam, ging zwei Schritte auf den Mann zu und brachte das AK-47 in Anschlag. Mit schneidender Stimme fuhr er den jungen Mann an: »Ich habe unten bereits zwei Menschen erschossen. Glaubst du wirklich, es interessiert mich, ob ich noch einen dritten erschieße? Dein Leben bedeutet mir nichts. Absolut nichts. Kapiert? Wenn es dir etwas bedeutet, setzt du dich jetzt brav hin und hältst die Klappe. Verstanden?«
Die Geisel nickte. Das Selbstbewusstsein war wie weggeflogen.
»Gut. Das gilt auch für die anderen. Wer still ist, bleibt am Leben.«
Als Fox sich wieder
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