Das Ultimatum - Thriller
können, worüber. Als einer von ihnen auflachte, wurde Arley von einer Welle der Eifersucht erfasst. Für die da drüben war es nur eine Extraschicht. Für sie ging es um Leben und Tod. In einem gewaltsamen Moment konnte sie die beiden Menschen verlieren, die sie am meisten liebte. Und das Schlimmste war, sie wusste nicht, ob dies nicht schon längst geschehen war.
Ihr Handy klingelte. Eine Nachricht von den Leuten, die die ANPR-Datenbank der automatischen Kennzeichenerfassung in Hendon verwalteten. Hatten sie bereits herausgefunden, wo sich der Van befand, in dem heute Morgen ihre Kinder verschleppt worden waren?
Sie reckte sich kurz und erwiderte den Anruf.
61
21:12
Tina zündete sich eine Zigarette an und startete den Motor, um den Wagen aufzuheizen. Draußen hatte es zu regnen begonnen, und ein eisiger Wind ließ die Blätter der Bäume erzittern.
Sie starrte durch die Windschutzscheibe auf die fahl erleuchtete Straße, hörte BBC-Nachrichten und fragte sich, was sie eigentlich hier machte. Ihren Hals riskieren, um einer Frau zu helfen, mit der sie seit Monaten nicht gesprochen hatte und die höchstens eine halbwegs gute Bekannte war.
Und dennoch, auch wenn sie in der Kälte und in der Enge ausharrte, befand sie sich doch inmitten eines heißen Geschehens von globaler Dimension. Sie hatte sich bereits als Polizistin ausgegeben, einen Tatort kontaminiert und wesentliche Informationen in einem Kriminalfall zurückgehalten, der sich zu einem der größten der britischen Polizeigeschichte auswachsen konnte.
Das war typisch Tina. Sie machte nie etwas nur halb. Und noch glaubte sie, das Richtige zu tun. Doch je mehr sie darüber nachdachte, desto heftiger nagten die Zweifel an ihr. Sie verstand zwar, warum Arley sich ihren Vorgesetzten nicht offenbaren wollte, aber Tina wollte nicht für den Tod von SAS-Soldaten verantwortlich sein. Die hatten schließlich auch Familie.
Ihr Handy klingelte. Es war Arley.
»Gibt’s was Neues?«, fragte Tina.
»Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen, das du mir gegeben hast, ist zuletzt von den Überwachungskameras in Willesden registriert worden«, sagte Arley. Sie klang ruhig, aber auf eine beängstigende Weise, so als wäre sie nur ein falsches Wort von einem hysterischen Anfall entfernt. »Und zwar um acht Uhr siebenundzwanzig heute Morgen. Seitdem hat es keine Kamera mehr erfasst. Und es ist definitiv dasselbe Fahrzeug, weil es heute Morgen um fünf vor acht ein paar hundert Meter von unserem Haus entfernt aufgenommen wurde.«
»Wie groß ist die Gegend, in der es sein könnte?«
»Vielleicht vierhundert mal sechshundert Meter. Aber es handelt sich um eine Wohngegend. Die Beamten aus Hendon kontaktieren gerade den Gemeinderat, vielleicht ist es noch von anderen Kameras erfasst worden. Aber das wird seine Zeit dauern und ist zudem wenig wahrscheinlich.«
»Hinzufahren kostet auch Zeit, und wenn ich nicht verdammtes Glück habe, suche ich morgen früh noch nach der Karre.«
»Es scheint nicht, als gäbe es dort viele Parkgelegenheiten abseits der Straße und wohl auch kaum Parkhäuser«, wandte Arley hoffnungsvoll ein.
Tina teilte ihren Optimismus nicht. »Hast du etwas über Howards Telefon herausfinden können?«
»Die meiste Zeit war es abgeschaltet, aber wenn es dann an war, befand es sich nirgendwo in der Nähe von Willesden.«
»Irgendwelche Anrufe?«
»Nur die auf mein Handy.«
Tina unterdrückte einen Fluch. Der Mann, mit dem Arley es zu tun hatte, war ein gerissener Fuchs, der das Vorgehen der Polizei bestens kannte und darauf achtete, so wenige Informationen wie möglich preiszugeben.
»Du musst mir eine Karte der Gegend besorgen, wo der Van stecken könnte. Ich habe gerade eine anonyme Hotmail-Adresse eingerichtet. Schick sie mir dahin.«
Tina gab ihr die Adresse.
»Fährst du gleich hin?«
»Ja, aber wenn ich dort bin, kann es trotzdem sein, dass ich eine ganze Zeit brauche, bis ich eine Spur finde. Und da sie vorhin eine Geisel getötet haben, werden wir uns höllisch beeilen müssen.«
»Das weißt du schon?« Arley klang überrascht.
»Die ganze Welt weiß es, Arley.« Tina dachte einen Augenblick nach. »Hör zu, ich habe eine Idee. Wenn du das nächste Mal mit dem Kidnapper sprichst, verlange ein Lebenszeichen. Verlange, mit deiner Familie zu sprechen. Sag, wenn du nicht mit ihnen sprechen kannst, würdest du nicht kooperieren.«
»Und wenn er sich nicht darauf einlässt?«
»Dann sorg dafür, dass er es tut. Bring ihn dazu, verdammt. Du hast
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