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Das unendliche Blau

Das unendliche Blau

Titel: Das unendliche Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Hohberg
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Trennung von Carla wie dieser verrückte Onkel in dem Film vorhin.
Voglio una donna!
Das war mein einziger Gedanke. Und ich nahm mit, was ich kriegen konnte.«
    »Lauter Anfänge …«, sagt sie. Sie lallt ein wenig.
    »… und lauter Sackgassen. Die meisten Frauen wollen zu viel. Sie lernen dich kennen und erwarten, dass du ihnen das Komplettpaket zu Füßen legst. Alles aufgibst, dich aufgibst. Die haben gern Knetmasse in der Hand, um sich daraus den Mann zu formen, den sie sich vorstellen. Und wenn du nicht mitspielst, ziehen sie ihre Strafregister.«
    »Ich bin auch eine Frau.«
    »Aber du baust nicht gleich das große Zukunftsszenario. Willst nicht das, was ist, sofort in eine Form gießen. Durch dich habe ich erst richtig kapiert, was es heißt, im Jetzt zu leben. Sobald ich mit großen Plänen ankomme, holst du mich wieder in die Gegenwart. Du bist die Erste, die das tut – und das tut mir wahnsinnig gut. Ich hab vorgestern mit Silvio darüber geredet …«
    »Ihr sprecht über mich?«
    »Klar machen wir das. Er findet übrigens auch, dass du eine ungewöhnliche Frau bist.«
    »Ach ja?«
    »Ein bisschen Auster, meinte er. Man könne sich bei dir blutige Finger holen …«
    »… wenn man nicht den Austernbrecher an der richtigen Stelle ansetzt. Verstehe. Der alte Macho.« Sie grinst, als sie das sagt. »Sag mal, hast du noch Zigaretten?«
    Er greift in die Tasche seiner Jacke und holt eine Packung und Streichhölzer heraus. »Du hast wenig geraucht in letzter Zeit.«
    »Na ja, mir ist nicht immer danach.«
    »Sehr vernünftig. Ich sollte die Finger ganz von dem Zeug lassen. Passt schließlich nicht wirklich zusammen, Yogi sein und rauchen. Aber irgendwie mag ich die Ungereimtheiten im Leben. Die Brüche. Wenn man Regeln boykottiert, zeigt das Perfekte seine liebenswerten Seiten.«
    Er gibt ihr Feuer. Das erste Streichholz geht aus; beim zweiten formt er eine Muschel mit den Händen. Er hat schöne Hände. Muskulöse Hände mit schmalen Fingern.
    Sie nimmt einen Zug und inhaliert tief. Sie sind sowieso schon da, die Metastasen in ihrer Lunge. Und für einen Moment kommen ihr die Entbehrungen, die Menschen auf sich nehmen, um das Sterben möglichst weit hinauszuschieben, fast absurd vor. Ein einziger Vermeidungs-Parcours – um am Ende doch erwischt zu werden.
    Sie gibt die Zigarette an Michele, der ebenfalls einen Zug nimmt. Sie rauchen schweigend und lassen die Asche langsam herunterglühen. Michele raucht Zigaretten ohne Filter und verbrennt sich jedes Mal fast die Finger, bevor er sie ausmacht. Diesmal drückt er sie in den Sand.
    Der Mond zieht hinter eine Wolke und verdunkelt für Momente den Strand. Martha spürt erst jetzt, wie kalt es ist. »Ich glaube, ich bin ein bisschen beschwipst«, erklärt sie, als sie aufsteht.
    »Du verträgst nicht besonders viel«, erwidert er.
    Sie hängt sich bei ihm ein, als sie zum Auto zurücklaufen.
    »Meinst du, dass wir morgen schwimmen können?«, wechselt sie das Thema.
    »Wenn es so warm ist wie heute, klar. Das Meer wird noch so achtzehn Grad haben, denke ich.«
    »Das reicht. Lass uns früh aufstehen, ja?«
    »Kein Stress, bitte. Lass uns jetzt erst mal heil ins Hotel kommen. Gott sei Dank schlafen die Carabinieri schon um diese Zeit. Hoffe ich jedenfalls.« Er wirft die leere Weinflasche in eine Abfalltonne am Parkplatz, bevor sie ins Auto steigen und die Heizung aufdrehen.
     
    Sie schlafen gut in dieser Nacht. Sie schlafen unter dem Kalender, der noch immer den 25 . August anzeigt. Sie schlafen bei geöffnetem Fenster, und das Meer schickt von draußen leicht salzige frische Luft zu ihnen ins Zimmer.
    Einmal wacht Martha auf und hört Micheles tiefe ruhige Atemzüge neben sich. Sie spürt seine Wärme unter der grünen Decke, und sie stellt augenblicklich alle Rechnungen über Minuten, die ihr noch bleiben, ein. Morgen ist Sonntag, und sie freut sich auf diesen Sonntag.

[home]
    16
    L ina entdeckt Martha eher als Hans. Sie sieht ihre Mutter neben dem alten Lancia stehen und winken. Um sie herum Autos, Busse, Menschen mit Gepäck. Es wird laut geredet, zwischendrin hupt jemand. Der Bahnhofsvorplatz pulsiert, die Pulszahl ist hoch.
    Sie haben gestern Abend den Nachtzug nach München genommen und dort heute Morgen einen Kaffee getrunken, in einem dieser Coffee-Shops am Bahnhof, die Muffins, Bagels und Donuts zu Heißgetränken in Pappbechern anbieten. Sie wählten einen
Coffee to go,
aber blieben sitzen mit ihren Bechern, und Hans bemerkte, wie komisch er

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