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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Briefe aufgehoben. Zusammen mit den Hunderten von Zeitungsausschnitten ergeben sie ein knapp zehn Zentimeter dickes Album, das ich bestimmt ein Dutzend Mal durchgelesen habe. Mittlerweile weiß ich genauso viel darüber, was mit mir geschehen ist, wie jeder andere, aber all das Wissen stammt nur aus zweiter Hand. Was meine persönliche Erinnerung an den Vorfall betrifft: Da ist nichts. Ich war vermutlich der letzte Mensch auf diesem Planeten, der erfuhr, was mit mir geschehen war. Und das war am 3. Juli 2004, einem Samstag, an dem ich im Yeovil-Bezirkskrankenhaus aufwachte und feststellte, dass ich gerade einen ganzen Monat meines Lebens verloren hatte.
    Als ich zu mir kam, dachte ich erst, ich sei im Himmel. Ich nahm an, es müsste der Himmel sein, weil alles so schmerzvoll weiß war. Nach einigen Zuckungen wurde mir klar, dass ich immer noch Augen und funktionierende Augenlider besaß, obwohl ich mein irdisches Dasein hinter mir gelassen hatte, und dass ich für den Bruchteil einer Sekunde durch die zusammengekniffenen Augen blinzeln konnte – was mir ratsam erschien, bis sich meine Augen an das Milliarden-Watt-starke Leuchten des Jenseits gewöhnt hatten.
    In der Schule hatten wir hin und wieder etwas über den Himmel erfahren, und während der Versammlungen sangen wir darüber, aber ich war mir nie sicher gewesen, ob es ihn tatsächlich gab, bis ich selbst im Himmel aufwachte. Ich hatte keine religiöse Erziehung genossen. Meine Mutter glaubte nicht an den Himmel. Sie glaubte an eine unsichtbare Geisterwelt, in die wir eingingen, wenn wir starben. Diese Welt war nicht vollständig von der Welt der Lebenden getrennt. Es war lediglich eine andere Existenzebene, und obwohl wir sie nicht sehen, riechen oder berühren konnten, gingen ständig Nachrichten von dort bei uns hier ein. Meine Mutter verdiente ihren Lebensunterhalt, indem sie diese Nachrichten interpretierte. Sie war »empfänglich« für jene andere Welt, auf eine Weise, die nur wenigen vergönnt war. Ich stellte mir das immer so vor wie eine Art Radio: Sie hatte Empfang, während wir anderen nur statisches Rauschen hörten.
    Aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich im Himmel gelandet war und nicht bloß auf einer anderen Existenzebene. Als weiteren Beweis für meine Hypothese erblinzelte ich mir das Bild von zwei Engeln – einer blond, der andere dunkelhaarig, beide in Türkis gewandet –, die rechts und links von mir schwebten. Allerdings war mir nicht klar, was sie da taten. Ich entschied, dass dies genauer untersucht werden musste, und zwang mich, den Schmerz zu ignorieren und meine Augen weit aufzureißen. Woraufhin der blonde Engel einen Satz rückwärts machte und einen ohrenbetäubenden, schrillen Schrei ausstieß. Dann spürte ich ein scharfes Ziehen, hatte aber keine Ahnung, was es war. Ich schloss wieder die Augen.
    »Oh Scheiße!«, sagte der blonde Engel. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    Da merkte ich, dass ich eine linke Hand hatte, denn der blonde Engel hatte sie gepackt.
    »Herrgott noch mal, was ist denn los, zum Teufel?«, fragte der dunkelhaarige Engel.
    »Er ist wach! Hast du’s nicht gesehen?«
    »Er ist wach ? Scheiße, ist das Blut?«
    »Die Kanüle ist rausgerutscht!«
    »Sie ist rausgerutscht ?«
    »Er hat mich zu Tode erschreckt! Es war ein Unfall!«
    »Das ganze Bettzeug ist voll Blut!«
    »Ich weiß! Ich weiß! Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Hol Patel – aber schnell! Ich muss hierbleiben und das Blut abdrücken.«
    Ich hörte schnelle Schritte, und nur ein paar Augenblicke später sprach die Stimme eines Mannes zu mir. Sie war tief, ruhig und befehlsgewohnt.
    »Alex?«, sagte die Stimme.
    »Gott?«, gab ich zurück.
    »Nicht ganz«, sagte die Stimme. »Ich bin Dr. Patel. Kannst du mich klar und deutlich hören?«
    »Ja.«
    »Kannst du bitte die Augen öffnen?«
    »Das tut weh«, sagte ich.
    »Okay«, sagte Dr. Patel. »Darum kümmern wir uns später.« Er legte die Hand auf meine Stirn. »Kannst du mir sagen, wie du dich fühlst?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich.
    »Alles in Ordnung. Du musst dir keine Sorgen machen. Schwester Jackson ist schon unterwegs und holt deine Mutter. Sie wird gleich hier sein.«
    »Meine Mutter?« Ich fing an zu bezweifeln, dass dies wirklich der Himmel war.
    »Wo bin ich?«, fragte ich.
    »Du bist im Krankenhaus. Du bist seit dreizehn Tagen bei uns.«
    »Das sind fast zwei Wochen«, bemerkte ich.
    »Das ist korrekt«, bestätigte Dr. Patel.
    »Warum bin ich hier?«
    »Du hattest

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