Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
Vom Netzwerk:
sei nicht mehr in der Lage zu fahren.‹«
    Chief Inspector Hearse legte das Blatt Papier auf den Tisch und schaute mich an. »Kannst du uns das erklären, Alex?«
    »Ich leide an Temporallappenepilepsie«, antwortete ich. »Ich hatte einen partiellen Anfall.«
    Chief Inspector Hearse hob wieder die Augenbrauen und legte dann die Stirn in tiefe Furchen, als ob dies das Letzte war, was er hören wollte. »Du hast Epilepsie?«
    »Ja.«
    »Davon hat mir niemand etwas gesagt.«
    »Es fing an, als ich zehn war, kurz nach meinem Unfall.« Ich tastete nach meiner Narbe. »Als ich zehn war, da …«
    Chief Inspector Hearse nickte ungeduldig. »Ja. Ich weiß über deinen Unfall Bescheid. Jeder weiß über deinen Unfall Bescheid. Aber niemand hat jemals epileptische Anfälle erwähnt.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Seit zwei Jahren hatte ich auch keinen mehr.«
    »Aber du sagtest doch, dass du vorhin einen hattest. Im Auto.«
    »Ja. Deshalb konnte ich ja auch nicht mehr fahren.«
    Chief Inspector Hearse schaute mich lange Zeit an. Dann schüttelte er den Kopf. »Mr. Knowles hat uns einen recht detaillierten Bericht gegeben, und von einem Anfall hat er nichts erwähnt. Dabei wäre das doch etwas, was er bestimmt nicht vergessen hätte, nicht wahr? Falls du einen Anfall gehabt hättest. Er meinte, du hättest vollkommen still dagesessen und überhaupt nicht aufgeregt gewirkt. Im Gegenteil: Für seine Begriffe warst du ein bisschen zu ruhig, unter den gegebenen Umständen.«
    Chief Inspector Hearse gefiel meine angebliche Ruhe anscheinend überhaupt nicht.
    »Es war ein partieller Anfall«, sagte ich. »Ich habe weder das Bewusstsein verloren noch hatte ich irgendwelche Zuckungen. Ich konnte den Anfall aufhalten, bevor er sich zu weit ausbreitete.«
    »Und das ist die volle Wahrheit?«, fragte Chief Inspector Hearse. »Wenn ich jetzt eine Blutprobe entnehmen würde, wäre die sauber? Du hast bestimmt keine Drogen genommen?«
    »Nur Carbamazepin.«
    »Was ist das?«
    »Ein Antiepileptikum.«
    Chief Inspector Hearse sah so aus, als hätte er am liebsten Gift und Galle gespuckt. Er dachte, ich würde mich über ihn lustig machen. Er sagte mir, selbst wenn ich die Wahrheit sagte, selbst wenn ich tatsächlich an Temporallappenepilepsie leiden würde und ich wirklich einen partiellen Anfall gehabt hätte, würde das mein Benehmen noch lange nicht erklären, jedenfalls nicht in seinen Augen. Man hatte hundertdreizehn Gramm Marihuana in meinem Handschuhfach gefunden, und diese Tatsache nahm ich schlicht und einfach nicht ernst.
    »Ich glaube tatsächlich nicht, dass es besonders schlimm ist«, gestand ich ein, »jedenfalls wenn man das große Ganze betrachtet.«
    Chief Inspector Hearse schüttelte etwa zehn Minuten lang den Kopf, und dann sagte er, dass der Besitz von Betäubungsmitteln mit der mutmaßlichen Absicht des Verkaufs derselben in der Tat eine schlimme Sache war, und wenn ich versuchte, ihm etwas anderes weiszumachen, wollte ich ihn entweder auf den Arm nehmen oder ich war ohne Frage der naivste Siebzehnjährige, dem er je in seinem Leben begegnet war.
    »Ich bin nicht naiv«, sagte ich. »Sie denken in die eine Richtung, ich in eine andere. Das ist lediglich eine völlig normale Meinungsverschiedenheit.«
    Ich muss wohl nicht betonen, dass sie die Sache mit den Drogen noch endlos wiederkäuten. Es war eine groteske Situation: Je offener und ehrlicher ich war, desto überzeugter waren sie davon, dass ich log. Schließlich sagte ich ihnen, dass ich auf einem Bluttest bestand. Sie konnten bis zum Jüngsten Tag mit mir diskutieren, aber eine wissenschaftliche Tatsache konnten sie schlecht in Zweifel ziehen. Aber als ich die Forderung nach einem Bluttest stellte, hatten sie wohl schon beschlossen, sich einer anderen Sache zuzuwenden. Denn wir mussten noch über etwas anderes reden. Eigentlich hätte es auf der Agenda ganz oben stehen müssen, aber wie ich schon sagte: Die Polizei liebt dramatische Effekte, wenn sie glaubt, dass sie damit etwas erreicht.
    »Der letzte Gegenstand auf der Inventarliste …«, setzte Chief Inspector Hearse an. Dann stützte er die Ellbogen auf die Tischplatte und legte den Kopf in die Hände. Er schaute nach unten und schwieg eine ganze Weile.
    Ich wartete.
    »Der letzte Gegenstand«, wiederholte Chief Inspector Hearse, »ist eine kleine silberne Urne, die auf dem Beifahrersitz stand. Gewicht: etwa vier Komma acht Kilogramm.«
    Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung, warum sie sich die Mühe machten,

Weitere Kostenlose Bücher